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UNSER NEIN IST EIN JA [] "Die SPD sagt immer nur NEIN!" Das hören wir von unseren Gegnern oft genug. Besonders dann, wenn sie keine Gründe mehr für eine sachliche Auseinandersetzung haben. [] Stimmt es, daß wir immer nur NEIN sagen? "Immer nur" ...? Nein, das stimmt nicht. Wir sagen immer nur dann NEIN, wenn durch eine Jasagerei Nachteile für Deutschland, für uns alle entstehen würden. Wir sagen, dann NEIN, weil wir für unsere deutschen Frauen, Männer und Kinder das Beste wollen. [] An jedem einzelnen Beispiel auf den nächsten Seiten wird Ihnen deutlich, warum wir NEIN sagen mußten, und warum dieses NEIN in Wirklichkeit ein Ja ist ... ein [] Ja zu Frieden, Freiheit und Sicherheit! [] 1 Unser NEIN zum Ermächtigungsgesetz [] Als im Frühjahr 1933 die NSDAP den Antrag zum Ermächtigungsgesetz stellte, das Hitler "berechtigte", die Verfassung - wie er wollte - zu brechen, waren wir die einzigen, die entschieden NEIN sagten. Dieses NEIN war ein deutliches [] Ja, nämlich unser Bekenntnis zur Demokratie und zur Völkerverständigung. [] 2 Unser NEIN zur Vereinigung von SPD und KPD [] Als wir nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 unsere Stimme gegen den totalitären Kommunismus erhoben, sagten viele Offiziere der West-Alliierten: "Die Russen sind unsere Verbündeten." Dr. Kurt Schumacher antwortete: "Die Kommunisten sind unsere Feinde!" Dieses NEIN zeigt sich heute als ein klares [] Ja, denn es war die rettende Tat für ganz Europa. Ohne dieses NEIN gäbe es heute in Deutschland wahrscheinlich eine genau so starke bolschewistische Partei wie in Frankreich und Italien - - und dann wäre die Demokratie in Europa verloren. [] 3 Unser NEIN zu Erhards freier Wirtschaft [] Als wir im Frankfurter Wirtschaftsrat gegen Erhards freie Wirtschaft stimmten, wußten wir, warum, denn die Währungsreform und Hortungspolitik, verbunden mit einer Freigabe der Preise, ließ die Sachwertbesitzer völlig ungeschoren. Die Sparer aber verloren fünfzehn Sechzehntel ihres Besitzes! Unser NEIN zu diesem Raubzug war ein [] Ja zur Forderung sozialer Gerechtigkeit, die Schluß macht mit der ungerechten Verteilung der Güter. Wie ist es denn heute? 25 Prozent der deutschen Bevölkerung haben ein Einkommen von weniger als 100,- DM im Monat und sollen davon leben! [] 4 Unser NEIN zum ersten Entwurf des Grundgesetzes [] Wir haben uns deshalb gegen diesen ersten Entwurf gestellt, weil er auf Wunsch der Alliierten eine deutsche Zentralgewalt so schwächen wollte, daß von einer vernünftigen Verwaltung überhaupt nicht mehr die Rede sein konnte. Dieses NEIN hat ein [] Ja erzwungen: Die Alliierten gaben nach, und am 20. April 1949 wurde dann durch unser NEIN ein Grundgesetz mit einer tragfähigen Verwaltung ermöglicht. [] 5 Unser NEIN zum Europarat [] Die Bedingung der Alliierten, das Saargebiet gleichzeitig mit der Bundesrepublik in den Europarat aufzunehmen, bedeutet: Deutschland erkennt die Abtrennung des Saargebietes an! Mit unserem NEIN zu dieser Forderung sagten wir [] Ja zur Ehrlichkeit im Völkerleben, auf die wir alle so sehnsüchtig warten. Die faktische Anerkennung der Saarabtrennung durch die Bundesregierung bedeutet gleichzeitig eine moralische Schwächung unseres Anspruches auf die Befreiung der Ostgebiete. [] 6 Unser NEIN zur Montan-Union [] war ein Protest gegen die Bestrebungen, die schon in der Ruhrbehörde deutlich wurden: Die Montan-Union soll der Verlagerung der Stahlindustrie von Deutschland nach Frankreich dienen und wird praktisch die Autarkie-Bestrebungen einzelner Länder, also den Nationalismus, stärken. [] Deshalb auch unser NEIN zu Klein-Europa, denn diese Klein-Europa ist nicht der erste Schritt zu einem Gesamt-Europa, sondern ein Schritt zu seiner weiteren Spaltung. England und Skandinavien sind nämlich praktisch von dieser "Einheit" ausgeschlossen. Wir sagen [] Ja aber zu einem vereinigten Europa, in dem alle Völker gleiche Rechte und gleiche Pflichten haben und wo der soziale Fortschritt nicht nur auf dem Papier steht, sondern in die Tat umgesetzt wird. [] 7 Unser NEIN zum Generalvertrag [] Dieses Nein heißt: Wir wollen nicht, daß die Alliierten trotz Generalvertrag auch in Zukunft in viele wesentliche Gebiete des öffentlichen Lebens nach Belieben eingreifen können und damit praktisch die Staatsgewalt in Händen haben. Dagegen sagen wir [] Ja zu einer wirklichen Beseitigung des Besatzungsstatuts und zur Behandlung Deutschlands als eines freien und gleichberechtigten Mitgliedes der Völkergemeinschaft ... [] Ja auch zur notwendigen Demokratisierung Deutschlands, zur Demokratisierung seiner Verwaltung und der Wirtschaft durch das Mitbestimmungsrecht des arbeitenden Menschen. [] 8 Unser NEIN zu dieser europäischen Verteidigungsgemeinschaft [] Diese geplante Verteidigungsgemeinschaft (EVG) kostet uns jedes Jahr Milliardenbeträge, aber sie ist kein Schutz für Deutschland. Im heißen Krieg wäre Deutschland Land der verbrannten Erde. Im kalten Krieg verliert es eine Schlacht, denn die Lebenshaltung der breiten Massen wird außerordentlich geschwächt. Die Wiedervereinigung Deutschlands wird fast unmöglich gemacht. Wir sagen deshalb nur [] Ja zu einem Deutschland, in dem die soziale Gerechtigkeit herrscht. Wir sagen [] Ja zur Stärkung aller Abwehrkräfte im kalten Krieg. Wir sagen [] Ja zur Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit und bekämpfen deshalb eine Politik, die auf die militärische Macht pocht ... eine Politik, die uns nur wieder Krieg bringen kann. Wir sagen [] Ja zur Verteidigung der Freiheit in einer Völkergemeinschaft, die den kalten Krieg wirksam führt, die in allen Ländern den sozialen Standard verbessert, die sich für die Wiedervereinigung Deutschlands einsetzt und eine Verteidigungsorganisation schafft, durch die jedes Volk das gleiche Risiko, aber auch die gleiche Chance hat. [] Du bist doch auch wie die Sozialdemokraten der Meinung, daß man auch einmal NEIN sagen muß, um zum besseren JA zu kommen? [] SPD [] Herausgeber: Vorstand der SPD Bonn 8. 53
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