Es muß einmal gesagt werden

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Es muß einmal gesagt werden [] Als die Kettenhunde des deutschen Kapitalismus ihre Felle davonschwimmen sahen und die Armeen der Vereinten Nationen ihnen Niederlage auf Niederlage bereiteten, so daß sie am Ende in ihrer eigenen Hauptstadt wie...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), Buchdruckerei Karl Huth, Berlin
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1946
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/B93B184F-2786-4E0C-840D-EF71320E505C
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Es muß einmal gesagt werden [] Als die Kettenhunde des deutschen Kapitalismus ihre Felle davonschwimmen sahen und die Armeen der Vereinten Nationen ihnen Niederlage auf Niederlage bereiteten, so daß sie am Ende in ihrer eigenen Hauptstadt wie gefangene Ratten in der Falle saßen, da tobten sie noch einmal in ohnmächtiger Wut gegen alles los, was um sie war. Eine Welle sinnloser Zerstörung brandete durch die Stadt, die schon aus tausend Wunden blutete, welche ihr der Krieg schlug. Entnervt und verschüchtert kauerte die Bevölkerung in Kellern und Unterständen in der Erwartung eines ungewissen Schicksals, unfähig, der rasenden Hitlersoldateska Einhalt zu gebieten. [] Mit teuflischer Lust jagten die Dynamittrupps der SS für eine Kriegführung unwichtige Gebäude und Brücken in die Luft. An Bäumen und Torwegen baumelten die Gerichteten, die einen Einspruch gegen dieses Treiben wagten. Auf die Häuser der Wohngebiete prasselte der Geschoßhagel der Belagerer, rauschten die Bombenteppiche der über die Stadt hinwegbrausenden Flugzeuggeschwader, dahin gelenkt durch die verantwortungslosen Widerstandsmaßnahmen der die Stunde der Vergeltung fürchtenden Wehrmachtbefehlshaber. In die S-Bahn-Schächte brach das Wasser durch die sinnlos gesprengten Dämme des Landwehrkanals, und die schutzsuchende Bevölkerung in den Tunnelstrecken fand den Tod in den trüben Schlammfluten. Staub, Dreck und Wolken explodierender Geschosse hüllten mit einem Schleier des Erbarmens dieses Bild maßlosen Grauens ein. [] Als die Staubschleier langsam sanken, schien das Licht des Tages auf die Siegeszeichen der Roten Armee, die an den Hauptpunkten der Stadt über den Trümmern und Ruinen flatterten. Allmählich kamen die Menschen aus den Kellern und Schlupfwinkeln; ihre fahlen Gesichtszüge waren von dem furchtbaren Erleben gezeichnet und in ihren Augen flackerte die Verzweiflung. Stumm und schemenhaft irrten sie durch die Trümmer ihrer Wohnstätten auf der Suche nach Angehörigen, nach Nahrung und nach den letzten Resten ihrer Habe. Doch nichts war geblieben. Es gab kein Brot, kein Licht, kein Gas, und um Wasser zu bekommen, bildeten sich lange Reihen an den Schöpfstellen und Pumpen, wo man nach endlosem Warten etwas trübes Wasser in die Gefäße füllen konnte. Glücklich pries sich derjenige, dem das Mitleid der Soldaten der Roten Armee etwas Brot gab. [] Wer wußte den Ausweg? Was sollte werden? Eine Antwort darauf konnte niemand finden, denn zu Überlegungen irgendwelcher Art reichte die Kraft der in dem zwölfjährigen Irrweg geistig wie körperlich ausgehöhlten Menschen nicht mehr aus. Sonst hätte jetzt eine Welle des Hasses ausbrechen müssen, des glühenden Hasses gegen das Regime, welches sie in dieses Elend gestürzt und dessen Verantwortliche sich durch feigen Selbstmord der Gerechtigkeit entzogen hatten. [] Die Rote Armee aber handelte für uns. Lastwagen rollten mit Lebensmitteln heran. An die Bevölkerung wurde Brot ausgegeben. Aufrufe und Befehle regelten sinnvoll die dringendsten Aufräumungsarbeiten. [] Ehrenvoll seien hier die Berliner Frauen hervorgehoben, die mit Eimern und primitiven Schippen Schutt und Trümmer beiseiteräumten. Straße um Straße wurde gesäubert. Neben diesen Arbeiten organisierte man eine bessere Verteilung der Lebensmittel. Eine junge Verwaltung aus neuen Menschen löste den geflohenen Beamtenapparat ab und übernahm mutig die schier unlösbar scheinenden Aufgaben. In den Betrieben räumten die Arbeiter auf. Verlassen waren die Direktionsbüros. Ihre Beherrscher hatten das Weite gesucht, und die Werktätigen konnten zusehen, wie sie die Produktionsstätten wieder in Gang brachten. Ohne nach Lohn zu fragen, ohne genügende Nahrung und unter den schwierigsten Umständen arbeiteten Antifaschisten am Neuaufbau der Werkstätten. Stück um Stück mußte buchstäblich aus dem Staub gesucht werden, und mit unendlicher Mühe bauten die Arbeiter einen Betrieb nach dem anderen zusammen. [] Versammlungs- und Redefreiheit wurde der Bevölkerung wiedergegeben, eine freie Presse stellte die so lange entbehrte Nachrichtenübermittlung mit der übrigen Welt wieder her. Über den Rundfunk richteten die neuen Männer der Verwaltung ihre Aufrufe an die Bevölkerung. Forschung und Wissenschaft begannen ihre Erkenntnisse dem Volke dienstbar zu machen zur Lösung von friedlichen Aufgaben. Kunst- und Kulturstätten trugen zur Unterhaltung und Entspannung bei. [] Die Arbeiterparteien gaben die Stichworte und Parolen zum Neuaufbau unserer Stadt und zur Verbindung von Stadt und Land. Die Bodenreform schaffte für Tausende von Neusiedlern eine Heimat und gab der Dorfarmut eine eigene Scholle. Der erste Herd der Kriegsbrandstifterclique wurde damit ausgetreten. [] Zielstrebig bereitete man sich auf den Winter vor. Zunächst galt es, die Dächer wetterfest zu machen, brauchbare Methoden wurden erprobt und angewandt. Heizmaterial holte man aus den Wäldern und aus den Ruinen der zerbombten Häuser; dabei mußte verhütet werden, brauchbares Bauholz zu vergeuden. [] Mit der ganzen Entwicklung lief die Instandsetzung des Verkehrs. Ohne Verkehr keine Versorgung. Ein Heidenlied der Arbeiter des Verkehrswesens wäre zu singen. Wer aber zählt ihre Taten, wenn wir heute wie selbstverständlich in S-Bahn, U-Bahn oder Straßenbahn zu unseren Arbeitsplätzen oder zu Besuchen und zur Erholung fahren? Nur ungefähr können wir die Leistungen dieser Menschen ermessen, wenn wir an die Trümmer der zerstörten Straßenbahnwagen, Autobusse, an die gesprengtenÜberführungen, an die ersoffenen Tunnels und an die zerrissenen Oberleitungen, wie wir sie nach den Tagen des Kampfes um Berlin sahen, zurückdenken. Jetzt fahren wieder Züge aus den Bahnhöfen und kommen, mit Gütern beladen, herein. Antifaschistische Arbeiter machten die Lokschuppen winterfest und verhinderten damit das Einfrieren der Lokomotiven, und ungehindert konnte der Betrieb über den Winter hindurchgeführt werden. Die Lebensmittelrationen rollten heran und wendeten eine Hungerkatastrophe ab. [] Der Gesundheitsdienst verhinderte durch Vorbeugungsmaßnahmen eine weitere Erhöhung der riesigen Totenziffern des Krieges durch Seuchengefahren. Hunderttausende von Umsiedlern konnten betreut und einigermaßen untergebracht werden. Die Schulen nahmen nach langer Zeit den Unterricht wieder auf, und den Schulkindern konnte täglich eine zusätzliche Mahlzeit gegeben werden. Die Aktion "Rettet die Kinder" bescherte ihnen auf weihnachtlichem Gabentisch Winterkleidung und Spielzeug. Der Winter mit all seinen Bedrängnissen wurde überstanden. Fester war der Bund der Arbeitenden organisiert. Von Monat zu Monat wuchs die Zahl der produzierenden Betriebe. Gewerkschaften faßten die Betriebsangehörigen zusammen. Betriebsräte bekamen Sitz und Stimme in der Betriebsleitung und kämpften gegen die Ansprüche der einstigen Fronherren. Für die weiblichen Betriebsangehörigen stellten sie die Frage der Gleichberechtigung der Frau unter der Parole "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit". [] Mit dem anbrechenden Frühling beschlossen die Sozialistischen Bruderparteien, sich zu vereinigen. Stürmisch wurde in großen Versammlungen von allen Werktätigen Berlins dieser Entschluß begrüßt. Am 1. Mai 1946 demonstrierten in Berlin über 500000 Schaffende unter dem Symbol der verschlungenen Hände, dem Symbol der Einheit. SPD und KPD waren in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands verschmolzen. [] Die geeinte Partei aller Werktätigen übernimmt nun die Führung im Neuaufbau unserer Hauptstadt. Sie ist der Motor geworden zum Ärger aller Reaktionäre, die alles daransetzen, die Spaltung der Arbeiter nach dem Prinzip "Teile und herrsche" aufrechtzuerhalten. Die Vereinigung der Werktätigen in der SED wird als starker Kampfblock diese Pläne durchkreuzen. [] An den Früchten unserer Arbeit wollen wir uns selbst erfreuen. Im neuen Deutschland wollen wir uns so einrichten, daß die Welt wieder Achtung vor uns bekommt. Gemeinsam wollen wir unsere Stadt neu aufbauen, nicht für die Interessen einiger Besitzer, sondern zu unser aller Wohl. Unsere Frauen sollen unsere Mitarbeiterinnen sein, und wir treten für die gleichen Rechte und Anteile an der Arbeitsproduktion für sie ein. Unsere Jugend soll in der Ausbildung nicht mehr durch Bildungsmonopole behindert werden. Frei soll der Weg in die Zukunft führen. Neue Ideale sollen sie beschwingen, nicht zum Zerstören und Töten, sondern zum hilfsbereiten tätigen Schaffen. Alles wollen wir daransetzen, einen Teil der großen Schuld unseres fluchbeladenen und untergegangenen Räubersystems abtragen zu helfen. Damit werden wir die Sieger von morgen sein, die Sieger, die sich selbst überwinden, die Sieger der Menschlichkeit. [] Frei und offen erklärt sich die SED zu diesen Zielen, und wir glauben, daß jeder rechtlich denkende Deutsche mit uns dieser Menschheitssehnsucht zustreben wird. [] Durch das Volk, mit dem Volk, für das Volk! [] HILF MIT BEIM AUFBAU BERLINS: DAZU RUFT DIE SED DICH AUF [] (40) 31021 Buchdruckerei Karl Huth, Berlin C 2 768; 8 46
Published:1946