Summary: | FRITZ KÖHLER [] MdL [] Lauffen am Neckar, Ende Februar 1956 [] Liebe Mitbürger! [] Gestatten Sie mir, daß ich mich mit diesem Brief bescheiden an Sie wende und um ihre Aufmerksamkeit bitte. [] Vor 4 Jahren bin ich durch Ihr Vertrauen in unser Landesparlament gewählt worden. Heute bin ich wieder Kandidat für den am 4. März neu zu wählenden Landtag. Der Wahlmodus weicht dabei von der seither üblichen Listenwahl der Parteien ab, und diesmal ist wirklich die einzelne Persönlichkeit zu wählen. Es sei gesagt, daß ich im Landtag für die Persönlichkeitswahl eingetreten bin, müssen doch die Bürger die Gewähr haben, daß ihre Interessen im Landtag auch von Leuten ihres Vertrauens wahlgenommen werden. [] Von mir selbst möchte ich kurz berichten, daß ich 53 Jahre alt, evangelisch, selbständiger Handwerksmeister und in Lauffen wohnhaft bin. Als Sohn eines Arbeiters habe ich im ersten Weltkrieg die Not frühzeitig kennen gelernt. Meine Lehr- und Wanderzeit weitete mein fachliches und menschliches Wissen. Der Sport führte mich nach Lauffen a. N., wo ich mich 1926 verheiratete. Den 2. Weltkrieg mußte ich als Soldat mitmachen, unser Sohn fiel 1944 in Rußland. Seit 1932 selbständig und durch [] Fritz Köhler, Erstkandidat [] das Vertrauen meiner Kollegen seit 1950 Obermeister, kenne ich die Sorgen und Nöte des Arbeiters und des Mittelstandes. Politisch betätige ich mich seit 1930. Damals wurde ich als Sportler in den Gemeinderat gewählt, dem ich bis 1933 und dann wieder seit 1945 angehört habe, und seit Jahren bin ich auch stellvertretender Bürgermeister. Im Turnen und Sport bin ich seit Jahrzehnten bekannt, als Aktiver und auch als Organisator. Immer bin ich als junger hinter jungen, das wissen besonders meine Lauffener. [] Sollten Sie mich nicht kennen, so fragen Sie mal Ihren Feuerwehrkommandanten! 30 Jahre Feuerwehrdienst und nach dem letzten Krieg maßgebende Mitbeteiligung am Aufbau des Feuerlöschwesens in Kreis und Land brachten mir das Vertrauen der Feuerwehrmänner und, das darf ich wohl sagen, auch das der Bürgermeister ein. Als Abgeordneter kann ich für mich in Anspruch nehmen, als der Initiator - manche meiner Kameraden sagen als der "Vater" - des neuen Feuerwehrgesetzes in unermüdlicher Arbeit ein Gesetz mitgeschaffen zu haben, das vorbildlich im Bundesgebiet sein dürfte. - So weit mein Steckbrief! [] Im Landtag habe ich mich nicht als großer Redner in hochpolitischen Fragen betätigt, dazu hatte ich gar keine Gelegenheit. Erstens kommt man als Neuling nicht dazu, und zweitens wollte ich ja kein Berufspolitiker werden, sondern nach wie vor meinem Geschäft leben und auch im Landtag der Vertrauensmann meines Wahlkreises bleiben. Mir war wichtiger, Vertreter der kleinen Leute zu sein und für deren Nöte [] Bild links Als Meister im Fahrstuhl am Turm der Regiswindiskirche in Lauffen am Neckar. Anfang Mai 1937 [] [] Bild oben Als Kommandant der Lauffener Feuerwehr beim 1. Landesfeuerwehrtag Baden-Württemberg in Aalen im Juli 1955 (Rechts Brandinspektor Haag, Heilbronn) [] [] Bild rechts Als stellvertretender Bürgermeister und Vertreter der Stadt beim Lauffener Kinderfest 1953 im Gespräch mit Pfarrer Wittmann [] und Sorgen an maßgebender Stelle erfolgreich einzutreten. Das ist mir in den meisten Fällen auch gelungen: sei es nun in der Angelegenheit eines einzelnen Bürgers, einer Flüchtlingsfamilie, einer gemeindlichen oder kirchlichen Körperschaft, eines Standes, oder in Fragen des kulturellen Lebens. Dabei legte ich Wert darauf, der Anwalt aller zu sein, ohne darauf zu sehen, ob der einzelne mein Wähler war oder nicht. S o will ich es auch weiterhin halten. [] Über die Aufgaben im neuen Landtag nur einiges in Stichworten: der Wohnungsbau muß weiterhin gefördert werden, dazu sind noch mehr Mittel zum Erhalt des Althausbesitzes bereitzustellen. Die Verwaltungsvereinfachung muß tatkräftig in Angriff genommen werden. Turnhallen und Sportplätze erfordern mehr Mittel. Mehr Turnunterricht in den Schulen tut not zur Gesunderhaltung unserer Jugend. Besonders wichtig erscheint mir auch der Ausbau der Straßen und die Beseitigung der katastrophalen Verkehrsverhältnisse, unter denen speziell die Pendler im Kreis Heilbronn zu leiden haben. Beitragen will ich nicht zuletzt zum Ausg1eich der Spannungen auf sozialem und kulturellem Gebiet. Bitte vertrauen Sie mir, wie ich Ihnen vertraue zum Nutzen für unser schaffendes Volk! [] Nun noch ein Wort: es ist keinem von uns verbürgt, ob und wie lange er noch gesund und am Leben ist. Für den Fall, daß ein Abgeordneter vor Ablauf seiner Amtszeit ausscheidet, hat nach dem Wahlgesetz ein Zweit- oder Ersatzbewerber nachzurücken. Für unseren Wahlkreis schlägt Ihnen hier die SPD meinen Freund Hugo Zeyer, Schriftsetzer aus Frankenbach, vor. [] Inzwischen grüßt Sie und Ihre Familie recht freundlich [] Ihr [] FRITZ Köhler [] Liebe Mitbürger! [] Sie haben vorhin den Grund dafür gelesen, warum auch mein Name und mein Bild in diesem Brief einen Platz finden dürfen: das Vertrauen meiner Parteifreunde hat mich zum Zweitkandidaten Ihres Wahlkreises für die kommende Landtagswahl bestellt. Damit haben Sie ein Recht darauf, ganz kurz zu erfahren, wer ich bin. [] Ich bin Maschinensetzer von Beruf und wohne in Frankenbach, wo ich im Jahre 1906 geboren wurde. Geräteturnen, Handballsport und Gesang waren schon früh der Inhalt meiner Freizeit, aktiver Sänger bin ich heute noch. Politisch gesehen, ist seit Jahrzehnten das Wohl des Arbeiter- und Mittelstandes mein besonderes Anliegen. Nach dem Zusammenbruch folgte ich dem Ruf meiner Freunde und stellte mich als Gemeinderat dem Wiederaufbau zur Verfügung, Seitdem habe ich dieses Ehrenamt ununterbrochen bekleidet und übe zugleich das des stellvertretenden Bürgermeisters aus. Auch bin ich seit Jahresfrist Schöffe. [] Versprechungen sind nicht mein Fall. Mir geht es immer nur um die Tat, die aus dem Möglichen zum Wohle des Ganzen das Beste schafft. Eines aber weiß ich: wenn die fast untragbar gewordene Belastung der Gemeinden ein Ende finden soll, und wenn auf höherer Ebene so dringende Probleme wie das der Verwaltungs- und Finanzreform und vor allem auch der Sozialreform gelöst werden sollen, dann müssen in die Parlamente Abgeordnete einziehen, die Courage und Verantwortungsgefühl haben. Das gilt auch für den neuen Landtag, wenn er wirklich ein "Reform-Landtag" werden will. Ihm die richtigen Kräfte zu schenken, ist nunmehr Sache der Wählerinnen und Wähler. In der Hoffnung, daß Sie in diesem Sinne Ihr Wahlrecht nutzen werden, grüße ich Sie alle recht freundlich [] Ihr [] HUGO ZEYER Frankenbach [] Hugo Zeyer, Zweitkandidat
|