Summary: | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Gestaltung: RSCG Schäfer Bellot GmbH, Berlin
ASYLRECHT UND Ausländerfeindlichkeit [] JUSOS IN DER SPD [] Wie immer, wenn bestimmte Politiker auf kurzfristigen Wahlerfolg schielen oder an Stammtischen die Gesprächshoheit gewinnen wollen, ist die Rede von "Asylantenflut" und "Flüchtlingsschwemmen". Dringender Handlungsbedarf wird gefordert. [] Steine und Brandsätze gegen Asylanten- und Ausländerwohnheime zeigen in der Tat dringenden verantwortungsvollen Handlungsbedarf der abgetauchten Politiker, deren Zivilcourage abhanden gekommen ist. Die enorme Eskalation der Gewalt findet genau in jenem Teil der Bundesrepublik statt, aus dem noch vor zwei Jahren Menschen politisches Asyl in anderen europäischen Ländern beantragen mußten, weil sie auf der Flucht vor Stasi und Knast waren. [] Was bringt Menschen dazu, andere Menschen so zu behandeln, wie sie selbst nie behandelt werden wollen? [] Sicherlich ist Gewalt immer auch ein Zeichen von Hilflosigkeit. Wer ist nicht hilflos, angesichts von Arbeitslosenquotenüber 45%, steigenden Mieten, wendehälsigen Lehrern und Politikern? Wer wird nicht wütend, angesichts von Wahlaussagen, die sich nach der Wahl als leere Versprechungen erweisen? [] In diesem Klima wird die Zuwanderung von Ausländern und Ausländerinnen für einige eine unerträgliche persönliche Belastung, die sie im "kurzen Prozeß" loswerden wollen. [] Hinzu kommt, daß Feindbilder in Deutschland Tradition haben, man muß nicht auf den Nationalsozialismus zurückgreifen. Wurden in der ehemaligen DDR Menschen mit anderen Ideen zu Staatsfeinden, bösen Imperialisten, Faschisten etc. abgestempelt und kriminalisiert, machte der Westen aus manchem Kritiker der Atomenergie einen Verfassungsfeind. Und hüben wie drüben gab und gibt es Ausländerfeindlichkeit gegenüber den ausländischen ArbeitnehmerInnen aus der Türkei oder Vietnam. Die gesellschaftlichen Probleme lassen heute keine einfachen Lösungen mehr zu. [] Es ist mit den Grundwerten eines aufgeklärten demokratischen Staates unvereinbar, einen politisch verfolgten Menschen seinen Peinigern und Mördern zu überlassen. Dem Mut und dem Demokratiebewußtsein der ungarischen Regierung haben wir im Herbst 1989 zugejubelt, als sie uns halfen, dem Unrechtsregime der SED und den Schergen der Stasi zu entkommen. Wo wären wir heute, wenn Ungarn die Menschenrechte nicht beim Wort genommen hatte? [] Und ebenso ist es mit den Grundwerten eines demokratischen Staates unvereinbar, einen Menschen, dessen nackte Existenz bedroht ist, dem Hungertod auszuliefern. [] Aus dieser Verantwortung können wir uns nicht davonstehlen. Die weltweite Flüchtlingsproblematik ist durch hemmungslos wachstumsgläubige Wirtschaftspolitik, rücksichtslose Umweltzerstörung und grenzenlose Rüstungsexporte der Industrienationen verursacht. [] Entwicklungspolitik im kommunistischen Osten und kapitalistischen Westen stand unter materiellen und machtpolitischen Vorzeichen - über den Tellerrand der eigenen Interessen haben die Weltmächte nie hinweggeschaut. [] Jetzt steht das Elend vor unserer Haustür. Wollen wir allen Ernstes die Mauer, die Deutschland 40 Jahre trennte, wieder aufbauen? Zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden? In unseren Köpfen und innerhalb der Bevölkerung, die hier lebt? Das kann doch niemand wollen, der selbst 40 Jahre mit Stacheldraht, Mauer und Todesstreifen gelebt hat; der erlebt hat wie das ist, wenn man als Mensch ohne Menschenrecht behandelt wird. [] Das gegenwärtige Asylrecht ist nicht geeignet, die Probleme der weltweiten Flüchtlingsbewegung und der europäischen Völkerwanderung menschengerecht zu lösen. Für uns Jusos steht das Recht auf politisches Asyl außer Frage und ist durch das Grundgesetz garantiert. Und das muß auch so bleiben. Neben dem Recht auf Asyl halten wir einen zusätzlichen Flüchtlingsstatus, gesichertes Aufenthaltsrecht und Einwanderungsquoten für unverzichtbar. [] Bewußt oder unbewußt kommen in der Diskussion die Maßstäbe abhanden: Die Anerkennungsquote in Asylverfahren ist in den letzten Jahren ständig zurückgegangen: waren es 1985 noch 29,2%, so ging sie 1987 bereits auf 9,4% und 1990 auf ca. 3% zurück. Die Anzahl der Asylsuchenden liegt eindeutig unter der Zahl der Aussiedler, deren Anzahl im 1. Halbjahr 1990 bei 227.000 Menschen lag. [] Nur die persönliche Situation und nicht Herkunft oder Abstammung können Kriterien für die Gewährung eines Aufenthaltsrechtes sein. [] Der bestehenden Ablehnung gegenüber Flüchtlingen muß durch eine intensive Informationspolitik und eine faire und sachliche Diskussion entgegengewirkt werden. [] Die Konzentration von Flüchtlingen in bestimmten Gemeinden und Stadtteilen und die daraus resultierenden sozialen und kulturellen Probleme stellen auch ein organisatorisches Problem dar. [] Deshalb müssen die öffentlichen Verwaltungen ein besseres und gerechteres Verteilungssystem entwickeln. [] Den großen Worten über die Verbesserung der Lebensumstände vor Ort müssen Taten folgen. Zur kurzfristigen finanziellen Hilfe und langfristig einer grundsätzlichen Veränderung unseres Wirtschaftens gibt es keine Alternative. [] Gefordert sind wir alle! [] Impressum [] Herausgeber: [] Juso - Bundesvorstand [] Postfach 2280 [] 5300 Bonn 7 [] Redaktion: [] Doris Eyl, Morgret Peuten [] Gestaltung: RSCG Schäfer Bellot GmbH, Berlin [] Fotos: [] Paparazzi/Stephan Doblinger (Titel) [] GHOST (Seite 314) [] Druck: [] GHS Druck, Köln [] COUPON [] Ich möchte bei den Jusos aktiv werden [] Schickt mir weiteres Informationsmaterial [] Name [] Straße [] PLZ/Ort [] Bitte an unsere Adresse schicken: [] Juso - Bundesvorstand [] Postfach 2280 [] W - 5300 Bonn 1
|