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Die Sozialisten im Europäischen Parlament [] und die Türkei [] Die Türkei ist ein wichtiger europäischer Partner, dessen demokratische Entwicklung in den letzten 60 Jahren durch seine engen Beziehungen zu Europa beeinflußt wurde. [] Es war das zweite Land außerhalb der Gemeinschaft, das sich bereits im Jahre 1963 um eine Assoziierung mit der Europäischen Gemeinschaft bewarb. Seither haben sich enge wirtschaftliche und finanzielle Bindungen zwischen der EG und der Türkei entwickelt. Das Parlament der Türkei und das Europäische Parlament bildeten einen Gemischten Parlamentarischen Ausschuß. Die gemeinsamen Beziehungen erlitten durch den Militärputsch am 12. September 1980 einen schweren Rückschlag. [] Sozialistische Fraktion gegen das Militär [] Die Sozialistische Fraktion mißt den Beziehungen der EG zur Türkei große Bedeutung bei. Auch nach dem Putsch unterhält sie enge Kontakte mit der Republikanischen Volkspartei, die der Sozialistischen Internationale angehört und unter der türkischen Militärregierung verboten ist. [] Seit dem Putsch vom 12. September 1980 hat die Sozialistische Fraktion die Entwicklung in der Türkei aufmerksam verfolgt und sich in zahlreichen Initiativen innerhalb und außerhalb des Parlaments für die Wiederherstellung der Demokratie eingesetzt. Sie hat dabei eng mit der Sozialistischen Fraktion in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, mit den sozialistischen Mitgliedern der Parlamente der EG-Mitgliedstaaten, mit dem Europäischen Gewerkschaftsbund und dem Internationalen Bund freier Gewerkschaften zusammengearbeitet. [] Auf Initiative der Sozialistischen Fraktion faßte das Europäische Parlament im April 1981 einen Beschluß, mit dem [] der "Kampf des türkischen Volkes für die Wiederherstellung der demokratischen Institutionen, des Parlaments, der politischen Parteien und der Gewerkschaften" unterstützt wurde; [] "mit Abscheu die Hinrichtungen und Folterungen in der Türkei sowie die Inhaftierung unschuldiger demokratischer Bürger" verurteilt wurde; [] die Türkei und die EG-Mitgliedstaaten daran erinnert wurden, daß sie "als Unterzeichner der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten die Pflicht haben, die Einhaltung dieser Bestimmungen sicherzustellen". [] Außerdem führten parlamentarische Initiativen dazu, die Unterzeichnung des schon ausgehandelten 4. Finanzprotokolls bis heute zu verhindern. Danach sollte die Türkei ab 1981 600 Millionen ECU (1 ECU = ca. 2,50 DM) Kredite und Finanzzuschüsse von der EG erhalten. [] Schließlich wurde der Gemischte Parlamentarische Ausschuß "bis zur Wiederherstellung der parlamentarischen Demokratie und aller bürgerlichen Grundrechte, politischen und gewerkschaftlichen Rechte in der Türkei" suspendiert. [] Augenzeugenberichte [] Die Sozialistische Fraktion veranstaltete im Juli 1981 und im Februar 1983 zwei internationale Konferenzen über die Türkei, an denen auch Vertreter der Sozialistischen Fraktion der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und Sozialisten aus nationalen Parlamenten der EG und aus Norwegen sowie Vertreter der EG-Kommission und der internationalen Gewerkschaftsorganisationen teilnahmen. [] Experten des Kirchenausschusses für Wanderarbeitnehmer in Europa und von Amnesty International sagten dabei als Zeugen aus. [] Die an der Konferenz von Februar 1983 teilnehmenden Abgeordneten gaben eine umfassende Erklärung ab, die die aktuelle Haltung der Sozialistischen Fraktion zur Türkei wiedergibt: [] Das derzeitige türkische Regime versucht, in einigen Staaten des Atlantischen Bündnisses Falschinformationen zu verbreiten. [] Die Einstellung der EG-Hilfe an die Türkei wird durch nationale Regierungen untergraben, die die Türkei-Hilfe entweder bilateral. oder im Rahmen der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) fortsetzen. [] Die neue Verfassung vom November 1982 ist kein echter Schritt auf dem Weg zurück zur Demokratie selbst wenn Wahlen abgehalten werden, weil demokratische Grundsätze und Grundrechte nicht gewährleistet sind und einige Bestimmungen gegen die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte verstossen. Dies gilt insbesondere für die Tatsache, daß alle früheren führenden Politiker weiterhin aus dem politischen Leben ausgeschlossen bleiben werden, die Einschränkungen der Pressefreiheit und der gewerkschaftlichen Betätigung andauern weben und man den nationalen Minderheiten ihre kulturelle Identität vorenthalten wird. [] Wahlmanipulation [] Die Volksabstimmung über den Verfassungsentwurf wurde im voraus durch die Tatsache verfälscht, daß keine Alternative zu diesem Entwurf zugelassen wurde, Opposition und Kritik nicht geäußert werden konnten, demokratische Politiker nicht sprechen durften und die Wahl mit der Wahl des Präsidenten der Republik gekoppelt war. [] Die drastische Einschränkung der Menschenrechte, die Auflösung des Parlaments und einer großen Anzahl von Gewerkschaftsorganisationen, die erhebliche Einschränkung der noch erlaubten gewerkschaftlichen Betätigung und die unzulässigen Einschränkungen der Pressefreiheit in der Türkei wird verurteilt. [] Folter [] Die anhaltenden Berichte von Folter, die große Zahl der Inhaftierten, die anhaltenden politischen Prozesse, die Schwierigkeiten, mit denen sich die Verteidiger auseinandersetzen müssen, die ständigen Forderungen nach der Todesstrafe, die jetzt zur Routine geworden sind, und die nachlassende Unabhängigkeit der Justiz geben Anlaß zu tiefer Beunruhigung. Das gleiche gilt für die systematische Verfolgung und die wiederholte Inhaftierung zahlreicher demokratischer Politiker. [] Die Initiative von fünf Mitgliedstaaten des Europarates wird begrüßt, mit der die Frage der Folter und anderer Menschenrechtsverletzungen in der Türkei vor die Europäische Menschenrechtskommission gebracht wurde. Alle anderen Mitgliedstaaten sind aufgefordert, diese Initiative zu unterstützen. [] Die Ankündigung des türkischen Regimes, daß es die Demokratie und einen verfassungsmäßigen Staat wiederherstellen wolle, wäre dann glaubhaft, wenn es das Recht auf Einzelklage vor der Europäischen Menschenrechtskommission gewähren und die bindende Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anerkennen würde. Dann wäre es möglich, die neue Verfassung und ihre Anwendung nach den Normen der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu messen, der die Türkei angehört. [] Ausschluß aus dem Europarat [] Zur weiteren Mitgliedschaft der Türkei im Europarat wird die Entschließung Nr. 794 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. Januar 1983 zur Kenntnis genommen. Dann "wird hervorgehoben, daß die weitere Mitgliedschaft der Türkei im Europarat nur dann denkbar ist wenn alle politischen und anderen Grundrechte und Freiheiten wiederhergestellt werden". [] Die Regierungen der EG-Mitgliedstaaten werden aufgerufen, gemäß ihrer gemeinsamen verfassungsmäßigen Traditionen, die die Respektierung der Grundrechte und insbesondere der Rechte auf politisches Asyl mit einschließen, politischen Flüchtlingen aus der Türkei zu helfen. [] Mit 125 Abgeordneten, die 15 Parteien aus allen zehn Ländern der Europäischen Gemeinschaft vertreten, ist die Sozialistische Fraktion die stärkste politische Kraft im Europäischen Parlament. In ihr haben sich die Europaabgeordneten aus den Sozialdemokratischen, Sozialistischen und Labour-Parteien der EG zusammengeschlossen. Die Fraktion stellt mit Piet Dankert (Niederlande) auch den Präsidenten des Parlaments. Vorsitzender der Fraktion ist Ernest Glinne (Belgien). [] Aus der Reihe "Die Sozialisten im Europäischen Parlament" sind folgende Faltblätter erhältlich: [] 1. Menschenrechte [] 2. Rechte der Frauen in der EG [] 3. Hunger in der Welt [] 4. Türkei [] 5. Rechte der Arbeitnehmer in multinationalen Konzernen [] 6. Regionalpolitik [] 7. Kohle und Stahl in der EG [] 8. EG-Haushalt [] Weitere Informationen und Broschüren sind unter folgender Adresse erhältlich: [] Europäisches Parlament [] Sozialistische Fraktion [] Pressedienst [] rue Belliard 97-113 [] 1040 Brüssel [] Belgien [] Tel.: (02) 234 21 11 [] Telex: 63988 SOCEP [] In Deutschland: [] SPD-Parteivorstand [] Europabüro [] Erich. Ollenhauer Str. 1 [] D-5300 Bonn [] Tel: (0228) 5321 [] PRINT. ÉCLAIR - Brussels - 02/649.41.20
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