Summary: | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; handschriftlicher Vermerk: aus: PV-Presseausschnittssammlung T/C 155/1952
DIE DEUTSCHE FREIHEITSLIGA [] In der Sowjetzone, Ende Februar 1952 [] An alle freiheitlichen Deutschen! [] Die wiederholten Versuche der Sowjets, mit Propaganda und Terror der kommunistischen Ideologie in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen, sind immer wieder an der entschlossenen Haltung des freiheitlich gesinnten deutschen Volkes gescheitert. Vor allem die "Nationale Front", der bisher größte Propaganda-Rummel, wurde in Mittel- und erst recht in Westdeutschland ein Fiasko für die Kommunisten. Sie haben keinen einzigen echten Patrioten für Stalin auf die Beine gebracht, außer den bezahlten Reisläufern Moskaus. [] Darum wurde das Zentralkomitee der SED schon im Herbst des vergangenen Jahres zu folgender Entschließung veranlaßt: "Von großer Bedeutung für den Kampf um die Einheit Deutschlands und für die Entwicklung eines echten deutschen Patriotismus ist die wissenschaftliche Ausarbeitung der Geschichte Deutschlands und der deutschen Arbeiterbewegung. Das Zentralkomitee betrachtet diese Arbeit als die wichtigste Aufgabe der theoretischen Kader der Partei, die auf dem Gebiete der Geschichtswissenschaft tätig sind." Und prompt wurde auch die Errichtung eines "Museums für Deutsche Geschichte" befohlen. [] Ein "Wissenschaftlicher Rat", dem 32 sowjetdeutsche Kultur- und Parteifunktionäre, u.a. die SEDisten Norden und Oelssner angehören, wurde von Grotewohl am 19. Januar 1952 dazu berufen, die wissenschaftliche Klärung grundsätzlicher Probleme der deutschen Geschichte vorzunehmen. "Klärung" bedeutet hier offizielle Fälschung der deutschen Geschichte. Nach der sowjetkommunistischen Erklärung ist dem "Museum für Deutsche Geschichte" folgende Aufgabe gestellt: "Es soll die Idee der nationalen Sammlung verkörpern und mithelfen, den Anschlag des amerikanischen Imperialismus auf den Bestand der deutschen Nation zu vereiteln. Die deutschen Historiker sollen die schöpferischen Kräfte der Werktätigen nachweisen, um ihnen neuen Optimismus und die Kraft der Repräsentanten der Zukunft und des Neuen zu geben. Eine solche wissenschaftliche Ausarbeitung der deutschen Geschichte wird die bedeutende Rolle der Arbeiterklasse, ihre historische schöpferische Kraft als Träger einer neuen sozialen Ordnung und ihre daraus resultierende gesellschaftlich Verantwortung nachweisen". Grotewohl begründet diese fortschrittliche Geschichtsforschung mit den "wirtschaftlichen und politischen Vorbereitungen des Überfalls des USA-Imperialismus zur Eroberung seiner Weltherrschaft, in deren Dienst auch die Wissenschaften gezogen werden". [] Doch wer die Pankower Taktik kennt, der weiß, daß hier ein propagandistischer Frontalangriff auf Westberlin und die Bundesrepublik vorbereitet wird. [] Das bestätigt eindeutig die Gründung des "Museums für Deutsche Geschichte", das - vom Staatesekretariat für Hochschulwesen eingerichtet - zu enger Zusammenarbeit mit der Abteilung Propaganda des SED-Zentralkomitees verpflichtet ist. Die Sammlung historischer Dokumente und Erinnerungsstücke, die Erforschung und Pflege historischer Gedenkstätten, die anschauliche Darstellung der geschichtlichen Entwicklung, vor allem im Einblick auf die größten Söhne das deutschen Volkes, Marx und Engels" - alles wird der gerade gültigen Parteimeinung entsprechend interpretiert, gesiebt, weggelassen und verfälscht. Immer getreu der SED-Weisung, von der Sowjetunion zu lernen. In der Tat, es gibt auf dem Gebiete der Geschichtsfälschung für die gelehrigen Stalinschüler einiges zu lernen. [] So z.B., wie man wichtige, aber unbequeme Stellen des Marxschen Werkes verschwinden läßt. In der vom Moskauer Karx-Engels-Lenin-Institut herausgegebenen 29bändigen Gesamtausgabe der Werke von Marx und Engels fehlt eine bedeutende Arbeit von Marx: die 1856 - 57 von der Londoner Free Press in elf Artikeln veröffentlichten "Enthüllungen über die Geschichte der Diplomatie des 18. Jahrhundert". Warum ? Weil diese Enthüllungen in krassem Gegensatz zur "patriotischen" Geschichtsauffassung des Stalinismus stehen und einem Verdammungsurteil über die neue sowjetische Geschichtsschreibung gleichkommen. In den "Enthüllungen" von Marx heißt es nämlich u.a.: "Im blutigen Schlamme mongolischer Sklaven, nicht in der rauhen Glorie der normannischen Epoche steht die Wiege Moskaus, und das moderne Rußland ist nichts anderes als eine Umgestaltung Moskaus." Während Marx nicht genug Worte der Verachtung findet, um die feige und kriecherische Haltung der russischen Fürsten zu brandmarken, lassen die sowjetischen Historiker patriotische Lobhudeleien auf diese Fürsten los, weil sie es verstanden haben, ihre persönliche Macht zu festigen und "Ordnung" in ihr Land zu bringen. [] Ein solches Geschichtsbild ist natürlich für die Kreml-Machthaber gefährlich, auch oder gerade weil es von Marx stammt. Die byzantinische "Historik der sozialistischen Sowjetregierung" geht sogar soweit, daß die von Riazanow, einem Begründer des Marx-Engels-Lenin-Instituts, im Jahre 1923 begonnene Gesamtausgabe bis heute noch nicht abgeschlossen ist, gar nicht abgeschlossen werden kann. Denn die Geschichte der Sowjetunion muß ja immer auf den richtigen, d.h. geeigneten Stand gebracht werden. Was nicht in die sowjetkommunistische Konzeption paßt, muß ausgetilgt, unterdrückt werden - in der Politik wie in der Geschichte! Stalin braucht keine Historiker, die unbekümmert um alle nationalistischen Rücksichten die Vergangenheit in ihrer wissenschaftlichen Wahrheit und Objektivität darstellen, sondern Funktionäre, die alle historischen Tatsachen in die von der Partei gewünschte Linie zurechtbiegen und verfälschen. [] Die größte deutsche Geschichtsfälschungszentrale soll nun das "Museum für Deutsche Geschichte" werden. In den "Wissenschaftlichen Rat" berufene "Historiker" wie Oelssner und Norden garantieren "unter der wissenschaftlichen Leitung des Präsidenten Meusel" dafür, daß "das Wirken der großen Deutschen, wie Marx, Engels, Bebel und Liebknecht, Zetkin, Luxemburg und Thälmann als leuchtendes Vorbild in unserer Jugend verankert wird". Ferner soll das Museum selbstverständlich "die Lehren des Kampfes der Partei der Bolschewiki unter Führung Lenins und Stalins vermitteln" und eine "breite politische Aufklärung und Erziehungsarbeit" unter der Bevölkerung leisten. [] Die sowjetamtliche "Tägliche Rundschau" hat ohnehin schon die "Historiker der DDR" gerügt, weil sie sich noch nicht der Verpflichtung bewußt seien, "durch wissenschaftliche Ausarbeitung der Geschichte Deutschlands zur Zerschlagung unwissenschaftlicher (d.h. nichtkommunistischer) Geschichtsauffassungen beizutragen", Ausstellungen werden demnach nicht die Hauptaufgabe dieses "Museums" sein; aber dafür umso mehr Geschichtsklitterung zum Ruhme des Stalinismus! [] Diesem kulturpolitischen Mummenschanz müssen alle freiheits- und wahrheitsliebenden Deutschen entgegentreten. Nicht nur bei den deutschen Historikern, sondern bei unserem gesamten Volk liegt es, die Sowjetisierung unserer Geschichte zu verhindern. [] Sorgt deshalb dafür, daß die sowjetdeutschen Geschichtsfälschungen bekannt werden. Klärt vor allem die Jugend über die wahren Tatsachen unserer nationalen Vergangenheit auf. Kämpft mit allen Mitteln gegen Lüge und Verfälschung! [] DIE DEUTSCHE FREIHEITSLIGA
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