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Sozialdemokratie - Saar [] Entschließung des Vorstandes der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands [] gefaßt am 16. November 1947 in Bremen [] "Das Saargebiet ist ein Teil Deutschlands. Die SPD anerkennt das besondere Problem, das darin besteht, daß die Saarkohle und das lothringische Erz aufeinander angewiesen sind, und daß eine politische Grenze ihnen gegenseitig den Weg zueinander erschwert. Sie anerkennt weiter, daß die Erzeugnisse des Saargebietes im besonderen Maße geeignet sind, einen Beitrag zur Erfüllung der ganz Deutschland Frankreich gegenüber obliegenden Reparationsverpflichtung und damit zu einer echten Verständigung beider Länder zu leisten. Sie glaubt aber, daß jeder Versuch einer Lösung dieser Probleme durch Verschiebung der politischen Grenze sich für die Wohlfahrt und den Frieden Europas verhängnisvoll auswirken muß und die tragischen Schwierigkeiten, die dem Grenzlanddasein eigen sind, nur noch vermehren könnte. [] Die Probleme des Saargebiets können nur europäisch gelöst werden. Dieser sozialistischem Denken allein entsprechende Weg, der eine wichtige Etappe für die politische Einigung Europas hätte werden können, wird durch die Abtrennung des Saargebietes von Deutschland verbaut. [] Darum bedauert die SPD die Haltung der nicht zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gehörigen sozialdemokratischen Organisation des Saargebiets in der Verfassungsfrage. Wir bedauern insbesondere, daß die SPD des Saargebiets sich nicht gegen den Versuch der Besatzungsmacht gewendet hat, die Landtagswahl auszunutzen, um den Effekt eines Volksentscheides zu erwecken, ohne daß ein solcher Volksentscheid wirklich stattgefunden hat. [] Die SPD weiß, daß die sozialdemokratische Organisation des Saargebietes bei der Vorbereitung ihrer Stellungnahme nicht frei gewesen ist, und daß es ihr wie den anderen Parteien unmöglich gemacht wurde, die Tragweite ihrer Entscheidung voll zu erkennen und ihrer Erkenntnis entsprechend zu handeln. Sie weiß aber auch, daß die Mehrheit der Sozialdemokraten an der Saar die Haltung der Mehrheit des Vorstandes und der Fraktion, die eine offene Diskussion der Fragen verhindert haben, nicht billigt, und daß sie sich durch die Abgabe ihrer Stimme nicht für die Abtrennung des Saargebietes, sondern für den demokratischen Sozialismus entscheiden wollte. Die SPD spricht den Funktionären, die trotz aller Irreführung durch die Mehrheit des Saarparteivorstandes der sozialdemokratischen Idee treu geblieben sind, ihre Bewunderung aus. Sie weiß, daß ihre Stellungnahme bei den Abstimmungen unter schwerem Druck erfolgt ist. [] Die Saarverfassung, die unter Umständen beschlossen werden mußte, die eine freie Volksabstimmung vortäuschen sollten und die in den wichtigsten Fragen den Kommissar einer fremden Macht zum souveränen Herrn über die Geschicke des Landes einsetzt, ist ein Hohn auf alle Demokratie, zu deren unverzichtbaren Grundsätzen gehört, daß die Staatsgewalt ausschließlich vom Volke ausgeübt wird. Die Verfassungsmacher an der Saar haben damit das Land in den Stand eines unfreien Protektorates versetzt. Sie haben so in Europa einen Zustand neu ins Leben gerufen, der überall in der Welt aufgehoben worden ist oder aber unter dem Druck der freiheitlichen Weltmeinung vor der Aufhebung steht. [] Die Sozialdemokratie des Saargebiets hat sich auf ihrem diesjährigen Parteitag organisatorisch von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands getrennt. Die innere Verbundenheit der SPD mit den demokratischen Sozialisten des Saargebiets hat dieser Schritt nicht zu lösen vermocht." [] Herausgeber: Vorstand der SPD - Presse und Propaganda - Druck: Hannoversche Presse, Hannover
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