An alle Deutschen!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; vgl. auch Signatur 6/FLBL003993 - ebenfalls Abdruck dieses Aufrufes An alle Deutschen! [] Der Hauptausschuß für Volksbefragung, in dem sich Vertreter aller politischen Richtungen, Weltanschauungen und religiöser Bekenntnisse in nationaler V...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Hauptausschuss für Volksbefragung, Weingarten, Hans, National-Druck, Kassel
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 26.01.1952
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/79F88FA4-9683-4E42-9005-78FF4C4865F4
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; vgl. auch Signatur 6/FLBL003993 - ebenfalls Abdruck dieses Aufrufes An alle Deutschen! [] Der Hauptausschuß für Volksbefragung, in dem sich Vertreter aller politischen Richtungen, Weltanschauungen und religiöser Bekenntnisse in nationaler Verantwortung und wahrhaftem Friedenswillen gegen die Remilitarisierung, für die friedliche Wiedervereinigung unseres Vaterlandes und für den Abschluß eines Friedensvertrages vereinigt haben, trat am 26. Januar 1952 zu einer außerordentlichen Vollversammlung zusammen. [] Diese Vollversammlung, an der über 600 Delegierte teilnahmen, befaßte sich mit der Lage, die durch die Annahme des Schumanplans, durch den von Dr. Adenauer entgegengenommenen und unterschriebenen Generalvertrag und die Pläne zur Rekrutierung der deutschen Jugend entstanden ist. Mit diesen Maßnahmen sind die in- und ausländischen Machthaber zur offenen Kriegsvorbereitung übergegangen. [] Angesichts dieser für unser Volk tödlichen Gefahr wendet sich der Hauptausschuß für Volksbefragung mit dem nachstehenden Aufruf an alle friedliebenden, nationalgesinnten Deutschen und fordert sie auf, sich zu sammeln, um diese Gefahren abzuwehren. [] Rettet die Nation! [] Rettet den Frieden! [] Verhindert die Durchführung der Kriegspläne! [] Millionen Deutsche in Ost und West haben bei der Volksbefragung im Jahre 1951 in überwältigender Mehrheit mit 95 Prozent ihre Stimme gegen die Remilitarisierung Deutschlands und für den Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland abgegeben. Mit Ausnahme der verschwindenden Minderheit von Kriegsinteressenten und Rüstungsverdienern bekennt sich das deutsche Volk also zum friedlichen Ausgleich der Gegensätze zwischen Ost und West, bekennt sich vor allem zur friedlichen Verständigung der Deutschen untereinander. Es will durch echte demokratische Wahlen in ganz Deutschland ein freies, unabhängiges, friedliches und starkes Vaterland schaffen. Jeder verantwortungsbewußte Deutsche sieht mit freudiger Hoffnung auf das Wachsen dieser nationalen Bewegung. Denn unser nationales und staatliches Leben wird nur dadurch gesichert, daß das Volk das Schicksal Deutschlands in eigene Hände nimmt. Die Feinde der Nation und des Friedens aber geraten in Unruhe. Sie fürchten, dem Willen des Volkes weichen zu müssen, ehe sie ihre Kriegsplanung durchführen können. Darum versuchen sie durch den Generalvertrag, den Schumanplan, den Abbau aller demokratischen Rechte und vor allem durch Ueberrumpelung dem Volk ein Wehrgesetz aufzuzwingen und es dadurch vor vollendete, Tatsachen zu stellen, die jeden friedlichen Weg endgültig verbauen. [] Durch den Bonner Beauftragten für Remilitarisierung, Blank, wurde mit unerhörtem Zynismus verkündet, daß die Organisatoren des Krieges unverzüglich die allgemeine Wehrpflicht einführen wollen. Damit ist ein Höhepunkt der Kriegspolitik erreicht, indem von der Planung zur unmittelbaren Vorbereitung des Krieges übergegangen wird. [] In der Erkenntnis, daß die Remilitarisierung Leben und Bestand unseres Volkes aufs Äußerste bedroht und gefährdet, hat der Hauptauschuß [!][Hauptausschuß] für Volksbefragung die deutsche Oeffentlichkeit gewarnt. [] Wiederum rufen wir das ganze deutsche Volk auf! [] Verhindert unter allen Umständen die Rekrutierung unserer Jugend! [] Einführung der Wehrpflicht in Westdeutschland bedeutet Krieg! [] Lange genug hat Dr. Adenauer das deutsche Volk irregeführt, über seine Pläne getäuscht und die bereits eingeleitete Remilitarisierung bestritten. Dr. Adenauer hat damit erreicht, daß sich heute jeder Deutsche klar darüber ist, welchen Wert man seinen Erklärungen und den Reden seines Beauftragten Blank beimessen kann. Faseleien sind die Worte von "Verteidigungscharakter" der Millionenarmee, vom "sportlichen Geist" ihrer Rekrutenausbilder und der "menschlichen Würde" auf Kasernenhöfen. Von Verteidigung redeten auch die Organisatoren des zweiten Weltkrieges, davon redeten auch Hitler und Goebels [!][Goebbels], und auch jene, die man heute als Generäle für die geplante westdeutsche Wehrmacht vorsieht, bis zu dem Zeitpunkt, da sie sich stark genug zum Angriff fühlten. [] Niemals hätte Adenauer sein Spiel soweit treiben können, wenn Deutschland nicht gespalten wäre und wenn er sich nicht auf die Bajonette fremder Truppen stützen könnte. Gerade hierin aber liegt die Bedrohung Deutschlands. Eine Verständigung der Deutschen über freie Wahlen in ganz Deutschland und der Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland, der den baldigen Abzug aller Besatzungstruppen garantiert, würden die Bedrohung von uns nehmen. Die Gefährdung unseres Volkes müßte sich jedoch bis zum Kriege steigern, wenn der Massenaufmarsch eines deutschen Millionenheeres unter dem amerikanischen Oberbefehlshaber des atlantischen Militärblocks zusammen mit den amerikanischen, englischen und französischen Divisionen an der Zonengrenze stattfände und zugleich Westdeutschlands Wirtschaft auf vollen Touren für die Kriegsrüstung laufen würde. [] Darum warnen und fordern wir: [] Der Generalvertrag mit seinen Zusatzverträgen darf niemals ratifiziert werden [] Der Generalvertrag bringt die Anerkennung einer zeitlich unbeschränkten Besetzung Deutschlands durch fremde Truppen, die Preisgabe entscheidender Souveränitätsrechte unseres Volkes an die fremden Militärbefehlshaber, die Kettung des Schicksals der westdeutschen Bevölkerung an die aggressiven amerikanischen Weltherrschaftspläne. Das alles charakterisiert den Generalvertrag als einen General-Kriegs-Vertrag, der uns ein größeres Maß an nationaler Entwürdigung auferlegt und verhängnisvollere Folgen hätte als das Diktat von Versailles. Den General-Kriegs-Vertrag anerkennen hieße Verrat an der Nation, hieße Krieg und Untergang für Deutschland. [] Mit Erschrecken und Empörung mußte das deutsche Volk erleben, wie der Bundestag trotz des millionenfach bekundeten Willens aller Schichten der Bevölkerung dem Schumanplan zustimmte. Die Ratifizierung des Schumanplanes war nur unter Nichtachtung des Grundgesetzes und des Auftrages möglich, den das Volk seinen Abgeordneten gegeben hatte. Darum ist das deutsche Volk durch diese Abstimmung nicht gebunden. Es ist nach wie vor nicht gewillt, seine Kohle, seinen Stahl und seine Menschen in den Dienst irgendeines Angriffes zu stellen, da es sich damit nur selbst vernichten würde. [] Wir rufen darum alle Deutchen [!][Deutschen], vor allem die am meisten betroffenen Arbeiter an der Ruhr und an der Saar auf: [] Verstärkt den Protest gegen den Schumanplan! [] Verhindert seine Durchführung! [] Mit den Remilitarisierungsplänen verkettet, können die Politiker von Bonn unser Volk nie und nimmer auf den Weg der Sicherung des Friedens durch Ueberwindung der Spaltung Deutschlands und durch einen Friedensvertrag führen. Nach monatelanger Verschleppung wurde nun offiziell von Bonn die Zurückziehung des Entwurfes für ein Wahlgesetz bekanntgegeben. Die einzige Leistung der Bonner Politik in der Frage gesamtdeutscher Wahlen besteht also darin, diese ureigene deutsche Angelegenheit an ausländische Kontrolleure unter amerikanischer Oberhoheit abgeschoben zu haben. Demgegenüber hat die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik einen wirklich gangbaren Weg gewiesen. [] Sie unterbreitete einen Wahlgesetzentwurf auf der Grundlage des Weimarer Reichswahlgesetzes als Gegenstand einer gesamtdeutschen Beratung. Sie wahrt die Würde der Nation durch die Ablehnung einer fremden Kontrolle und den Vorschlag, die Möglichkeit freier Wahlen in allen Teilen Deutschlands durch eine Kommission west- und ostdeutscher Vertreter prüfen zu lassen. Die damit eröffnete reale Möglichkeit der friedlichen Wiedervereinigung wird das deutsche Volk nicht ungenutzt lassen. Es duldet nicht, daß sie zerstört wird durch die Verwirklichung des Kriegsplanes, dessen Etappen Generalvertrag, Schumanplan und Wehrgesetz heißen. [] Generalvertrag, Schumanplan und Wehrgesetz bringen uns an die Schwelle des Krieges. Angesichts dieses nationalen Notstandes fordert der Hauptausschuß für Volksbefragung die friedliebenden Menschen aller Parteien und Weltanschauungen sowie ihre Organisationen auf, unverzüglich die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zu beraten. [] Wenn alle guten Kräfte unseres Volkes sich sammeln, dann ist der Friede gerettet. [] Verhängnisvoll ist der Wahn, wir hätten jetzt noch Zeit, getrennt zu marschieren. Zum dritten Male würden wir getrennt geschlagen werden. Wir würden uns mitschuldig machen am Untergang unseres Volkes. Unser Gegner ist bis zum Äußersten entschlossen, skrupellos in der Wahl seiner Mittel und verbrecherisch in seinen Zielen. Wenn wir jetzt nicht die Gelegenheit zu gemeinsamem Handeln nützen, wenn wir uns jetzt nicht zur Rettung des Friedens, der Einheit und der Freiheit sammeln, dann werden wir uns eines Tages in Konzentrationslagern und auf Schlachtfeldern wiederfinden, dann wird die Blüte der deutschen Jugend in Massengräbern beisammenliegen. [] Niemals darf daher die Vorlage des Wehrgesetzes und die Ratifizierung des Generalvertrages auf die Tagesordnung des Bundestages kommen, Weder das Parlament noch das Bundesverfassungsgericht sind nach dem Grundgesetz befugt, den Willen des deutschen Volkes zu mißachten und willkürlich das Schicksal jedes Deutschen zu bestimmen. [] Das Volk hat ein Recht auf Selbstbestimmung. [] Nur das Volk kann sein Geschick zum Guten wenden. [] In den Ausschüssen gegen die Remilitarisierung und für einen Friedensvertrag verkörpert sich heute schon der Wille unseres Volkes zu Einheit und Freiheit, zu Demokratie und Friede. Jeder patriotische Deutsche hilft daher bei der Erweiterung, Stärkung und Festigung der Ausschüsse. [] Deutsche Männer und Frauen! Deutsche Jugend! Klärt alle Schichten der deutschen Bevölkerung auf! Führt vor allem der Jugend vor Augen, warum die Wehrpflicht zum Kriege führen muß! Stärkt und verbreitet die Protestbewegung und den Widerstand gegen Schumanplan, Generalvertrag und Wehrgesetz! Führt den Kampf gegen die Kriegsvorbereitungen bis zu Streiks und Demonstrationen! Fordert den Rücktritt Adenauers! [] Besprecht überall den Wahlgesetzentwurf der Volkskammer und fordert unermüdlich deutsche Beratungen für freie Wahlen! [] Veranlaßt alle vaterlandsliebenden Deutschen zur Abgabe von Erklärungen, zur Annahme von Entschließungen in ihren Organisationen, vor allem in den Gewerkschaften! Veranstaltet Kundgebungen, auf denen Menschen aller Berufsschichten, Weltanschauungen und Parteien sprechen, Geht zu Euren Abgeordneten, zu den Politikern der Parteien, zu den Gewerkschaftsführern, zu den Männern der Kirchen, zu den alten Soldaten und Offizieren, zu Künstlern, Wissenschaftlern und Unternehmern! Fordert jeden zur Stellungnahme auf! Laßt Euch nicht abweisen! Keiner soll einmal sagen, er habe nicht gewußt, daß es in dieser Stunde um das Schicksal der Nation geht. [] Bestärkt die Jugend in Ihrem Kampf gegen das Wehrgesetz und den Gestellungsbefehl! [] Es gibt keine deutsche Mutter, die es übers Herz brächte, Herrn Blank zu folgen und zu ihrem Sohn zu sagen: "Junge, dann pack mal deine Sachen!" Jede Mutter wird sich schützend vor ihre Kinder stellen. Keine Mutter wird ihren Jungen hergeben. Die Väter werden den Jungen sagen, was Kriegsdienst bedeutet und sie nicht in die Kasernen ziehen lassen. Die Betriebsräte übernehmen schon heute durch Beschluß der Belegschaften die Gewähr, daß alle jungen Kollegen im Betrieb bleiben, daß die Gestellungsbefehle in Fetzen zerrissen und verbrannt werden. [] So kämpft sich das zum Bewußtsein seiner nationalen Verantwortung erwachte Volk den Weg frei, der im Jahre 1952 alle Deutschen aus Ost und West durch Verständigung und freie Wahlen zusammenführt in das Vaterland aller Deutschen. [] Deutsche! Steht jetzt zusammen! Verjagt die Kriegsgespenster! [] Erzwingt gesamtdeutsche Beratungen! Wahlgesetz statt Wehrgesetz! [] Rettet die Nation! Es lebe der Friede! Es lebe Deutschland! [] Düsseldorf, den 26. Januar 1952 [] GEGEN REMILITARISIERUNG FÜR FRIEDENSVERTRAG [] Hauptausschuß für Volksbefragung [] Verantwortlich: Hans Weingarten, Eschwege - National-Druck, Kassel
Published:26.01.1952