BS Wahl-Zeitung . Alles für die Freiheit!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; BS [] Wahl-ZEITUNG [] Alles für die Freiheit! [] Mit der Sozialdemokratie für Arbeit und Aufbau, für Sicherheit und Gerechtigkeit, für Einheit in Freiheit, für Berlin als Hauptstadt Deutschlands in einem neuen Europa [] Daher wählt Berlin die...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Landesverband Berlin; Brandt, Willy, Neue Graphische Gesellschaft GmbH, Berlin
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Published: 03.12.1950
Subjects:
[Brandt, Willy; Suhr, Otto; Reuter, Ernst; Schroeder, Louise; Neumann, Franz; Mattik, Kurt; Räder-Großmann, Susanne; Schumacher, Kurt; Hertz, Paul; Bach, Otto; Heise, Margarete; Wissell, Rudolf; Swolinsky, Curt; Landsberg, Kurt; Schönau, Annaliese; Simanowski, Horst; Schroeter, Richard; Henneberg, Willy; Meyer, Georg; Krappe, Edith; Scharnowski, Ernst; Klingelhöfer, Käthe; Dünnebacke, Adolf; Rohde, Robert; Rogge, Charlotte; Krause, Georg; Steinhöfel, Max; Walz, Reinhold; Wassertahl, Margarete; Meinert, Richard; Scharfe, Rudolf; Paul, Alfred; David, Erich; Hanke, Willi; Priemer, Heinz; Raschke, Frida; Zylka, Paul; Panzer, Gertrud; Lehmann, Max; Wünsch, Alfred; Schmidt, Emma; Scholz, Richard; Stumpf, Erich; Krutz, Herbert; Kowalewski, Herbert; Sünderhauf, Ernst; Sonnemann, Grete; Schäfer, Karl-Heinz; Horn, Wilhelm; Voges, Ernst; Kulicke, Rudolf; Wagenfeld, Heinrich; Kubig, Rudolf; Rösler, Rudolf; Pickert, Erich; Wenzel, Martha; Thieme, Elfriede; Liche, Erich; Schwarz, Karl; Lange, Eward; Lietzmann, Charlotte; Strauß, Werner; Schwenn, Walter; Krüger, Heinz; Genschow, Wilhelm; Rudolph, Oswin; Riemer, Georg; Patzig, Oskar; Buchweitz, Elisabeth; Dahms, Richard; Stuff, Wilhelm; Rohde, Otto; Kühn, Bruno; Melzow, Max; Jenckel, Heinz; Kraemer, Herbert; Buchwald, Charlotte, Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD); Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Landesverband Berlin; Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU); Freie Demokratische Partei (FDP), ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ;, Foto; Menschenmenge]
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/398E9D3B-A408-4F56-8891-F612A1F1C380
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; BS [] Wahl-ZEITUNG [] Alles für die Freiheit! [] Mit der Sozialdemokratie für Arbeit und Aufbau, für Sicherheit und Gerechtigkeit, für Einheit in Freiheit, für Berlin als Hauptstadt Deutschlands in einem neuen Europa [] Daher wählt Berlin die in aller Welt anerkannten Freiheitskämpfer: [] Franz Neumann Ernst Renter Louise Schroeder Otto Suhr [] WAHLZEITUNG BERLINER STADTBLATT [] Franz Neumann: Gebt uns wieder euer Vertrauen Wir machen keine unerfüllbaren Wahlversprechungen [] Zum dritten Male nach dem Zusammenbruch des Hitlerreiches geht Berlins Bevölkerung im 3. Dezember an die Wahlurne, um Männer und Frauen zu wählen, die Berlins Geschicke in ihre Hände nehmen sollen. Zweimal wählten wir nach der von den Alliierten erlassenen "Vorläufigen Verfassung" Stadtverordnete. Jetzt haben wir nach der von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen und von den Alliierten genehmigten Berliner Verfassung Abgeordnete in das Abgeordnetenhaus zu entsenden. [] Grundlegend ist der Unterschied über die Stellung der Volksvertreter in beiden Verfassungen. Die von den Alliierten erlassene "Vorläufige Verfassung" hatte neben dem Veto-Paragraphen 36 uns auch noch das kommunistische Kuckucksei beschert, das die Blockpolitik sichern sollte. Über die Blockpolitik zur Einparteien-Herrschaft, lies zur kommunistischen, das war der Sinn jenes Artikels, der Berlin die Zwangskoalition bescherte. [] Die neue Verfassung bringt neben der Abkehr vom Zwei-Kammer-System dem Abgeordnetenhaus echtes parlamentarisches Leben. Das Volk wählt die Abgeordneten. Gleichgesinnte oder Sich-Zusammen-Findende bilden künftig eine Regierung oder gehen zu ihr in Opposition. Damit werden die Voraussetzungen für die Ehrlichkeit der Regierungspartner geschaffen, die in den vergangenen vier Jahren nicht immer erkennbar war. Im Magistrat sind in diesem Zeitablauf alle entscheidenden Beschlüsse einstimmig gefaßt worden. Während bis 1948 nur die Kommunisten eine Doppelzüngigkeit in ihrer Politik an den Tag legten, übernahmen nach deren Ausscheiden aus dem Magistrat Vertreter der bürgerlichen Parteien diese zweifelhafte Rolle. [] Bei Währungs- und Wirtschaftsfragen, Kultur- und Jugendfragen konnte man dies in der Zentrale und den Bezirken beobachten. Schwer nur konnte sich die CDU nach dem für sie ungünstigen Wahlausgang 1948 zur Übernahme demokratischer Verantwortung entschließen. Wenn der seit 1945 als Vorsitzender der CDU Berlins und Vorsitzender der Stadtverordnetenfraktion dieser Partei bekannt gewordene Prof. Kurt Landsberg bei der diesjährigen Wahl einer der ersten Kandidaten der Sozialdemokratie ist, so aus der Erkenntnis, daß die SPD mit Entschlossenheit gradlinig den Kampf um Berlins Freiheit geführt hat. [] Jetzt sollen die Wähler über die Politik in den nächsten vier Jahren entscheiden. Die neue Verfassung legt diesen Zeitraum für eine Legislaturperiode fest. Die nächsten vier Jahre werden entscheidend für die Entwicklung und Gestaltung Berlins sein. Dadurch wird der 3. Dezember zum Schicksalstag eines jeden Heimatbezirkes, zum Schicksalstag Berlins. [] Die Sozialdemokraten Berlins haben vor fünf Jahren die Fahne des Widerstandes in unserer Stadt aufgezogen, um die Freiheit zu erhalten. Dieser Kampf war schwer, weil der Gegner hartnäckig und grausam ist. Wir alte, Frauen und Männer, haben in den schweren Zeiten zusammengestanden, um unser nacktes Leben zu verteidigen. Die Sozialdemokraten haben alles versucht, um die Leidenszeit abzukürzen und zu mildern. [] Noch ist der Kampf nicht gewonnen. Noch wartet der Gegner auf eine schwache Stelle in unserer Abwehrfront, um sein Ziel erreichen zu können. Aber er wird es nicht schaffen, denn wir haben durch unsere unermüdliche Arbeit Kräfte mobilisiert die ihren festen Willen verkündet haben, unser Schicksal mit dem ihren zu verbinden. [] So gehen wir in den Wahlkampf. Wir machen keine unerfüllbaren Versprechungen. Wir sind abhängig von der Macht, die Berlins Bevölkerung uns am 3. Dezember gibt. Unsere Parole ist wie in früheren Jahren: Geht uns euer Vertrauen, gebt uns den Auftrag, in den nächsten vier Jahren den Freiheitskampf weiterzuführen. Wir werden ihn mit all unserem Fleiß, mit all unserem Können, mit all unserem Mut und unserer unbeugsamen Entschlossenheit zu gewinnen versuchen. [] Wir, die Sozialdemokraten Berlins! [] Im Geiste des Friedens Aus der Erklärung, die Stadtverordnetenvorsteher Dr. Otto Suhr am Berliner Verfassungstag, dem 1. Oktober 1950, im Stadtparlament abgab. Die Stadtverordneten glauben, mit der neuen Verfassung eine sichere Grundlage für die demokratische Gestaltung des öffentlichen Lebens in Berlin gefunden zu haben, für eine Konkurrenzauslese der politischen Führung, für einen freien Wettbewerb der Meinungen, für eine echte demokratische Willensbildung in Legislative und Exekutive. [] Freilich, die Artikel dieser Verfassung werden nur lebendig durch die aktive Teilnahme aller Berliner an den Aufgaben des öffentlichen Lebens. Für jedes Schulkind muß die Verfassung und ihr Inhalt ein voller Begriff sein. Die Stadtverordneten wissen, daß ihre Arbeit vergeblich ist, daß aller Schutz für Berlin seine Bedeutung verliert, wenn die Verfassung nicht getragen wird von der Mitarbeit der Bevölkerung. Denn die Stärke einer jeden Verfassung ruht in dem Willen des Volkes. Deshalb ergeht an alle Berliner und Berlinerinnen der Appell, mitzuarbeiten in dem Sinne des Vorspruchs unserer Verfassung: [] "Freiheit und Recht jedes einzelnen zu schützen, Gemeinschaft und Wirtschaft demokratisch zu ordnen, dem Geiste des sozialen Fortschritts und des Friedens zu dienen." [] SPD und Schulgesetz Die Sozialdemokratie tritt für die Freiheit der Meinung und des Bekenntnisses ein. Die Grundsätze der Toleranz, der Menschlichkeit und der Achtung vor allen Kulturelementen betrachtet sie als unabdingbar. Die Sozialdemokratie erstrebt nach wie vor die Trennung von Kirche und Staat. Sie bekämpft keine Religionen, wohl aber den Mißbrauch der Religion für politische oder geschäftliche Zwecke. [] Das Schulgesetz gibt jedem die Möglichkeit der seiner Begabung gemäßen Ausbildung. Die Sozialdemokratie fordert ausreichende mittel zur praktischen Durchführung der Schulreform, vor allem für Lernmittel- und Schulgeldfreiheit sowie für Erziehungsbeihilfen, die unerläßlich sind, um jedes Bildungsprivileg zu beseitigen. Die Sozialdemokratie erstrebt eine verstärkte Mitarbeit der Eltern in der Schule. Die Durchführung des Schulgesetzes bei ständiger Berücksichtigung neuer Erfahrungen erfordert eine moderne Gestaltung der Schulen und Schulräume und darüber hinaus den Bau von neuen Schulanlagen. [] Zur Sicherung des Facharbeiternachwuchses müssen die Berufs- und Fachschulen beschleunigt ausgebaut und mit Werkstätten neuzeitlich eingerichtet werden. [] (Aus dem Arbeitsprogramm der Berliner Sozialdemokraten) [] Dr. h. c. Ernst Reuter: Und wir werden es schaffen! Unser Widerstand hat uns die Hilfe der freien Welt gebracht Wenige Wochen trennen uns noch von dem Tag, an dem die Bevölkerung Berlins von ihrem wichtigsten Recht, dem Wahlrecht, Gebrauch machen wird. Jede Demokratie beruht auf der tätigen Mitwirkung und der Anteilnahme des einzelnen. Solange eine demokratische Gemeinschaft, sei es Stadt, Land oder ein größeres Staatengebiet, lebendig verankert ist in dem Bewußtsein und der Wachsamkeit des Volkes, so lange lebt die Demokratie und wird aus sich heraus neue Kräfte und Gedanken entwickeln. In den breiten Massen des Volkes allein wohnt die schaffende Kraft, die belebend und befruchtend Hand und Kopf zu neuen Leistungen befähigt. [] Berlin, diese Stadt, deren Bevölkerung seit Jahrzehnten in ihrer überwältigenden Mehrheit ein Vortrupp sozialen Fortschritts und politischer Freiheit war, hat es auch in den letzten Jahren bewiesen, daß dieser Kraftstrom Zögernde mitriß und unüberwindlich scheinende Hindernisse überwinden konnte. Es ist kein Zufall, daß sich Berlin, die Hauptstadt Deutschlands, auch in den Zeiten der Reaktion stets als ein Zentrum der Ideen der Freiheit erwiesen hat. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hat hier stets eine Anhängerschaft gehabt, die - von der heiligen Wahrheit und Glut ihrer Überzeugung durchdrungen - wohl zum Schweigen, aber nicht zum Unterwerfen und Beugen zu bringen war. Weder die Nacht der Diktatur noch die Kriegs- und Nachkriegszeit haben die klare Zielrichtung der Berliner Sozialdemokratischen Partei zu beirren vermocht. Man hat uns Berliner Sozialdemokraten nicht dazu zwingen können, uns freiwillig unter das Joch einer Tyrannei zu begeben, unter welcher Farbe sie auch immer verkleidet gewesen sein mag. Ohne die tätige Mithilfe und ohne die leidenschaftliche Anteilnahme der Bevölkerung Berlins wäre es nicht möglich gewesen den Weg zurückzulegen, den wir mit harten Mühen und Opfern gegangen sind. Für die Freiheit Berlins, für die Freiheit seiner Menschen haben wir zusammengestanden, als die Gewalt uns zu unterwerfen drohte. Unser Widerstand hat uns die Hilfe der freiheitlichen Völker gebracht, aber unsere Wachsamkeit und unser entschlossener Abwehrwille haben [] diesen Beistand erst herbeigerufen. "Alles für die Freiheit", das ist unser Losungswort, dessen volle und tiefe Bedeutung uns bewußt ist. Aufbau und Entwicklung sind nur in der Sonne der Freiheit möglich. [] Wir wissen, daß das Erreichte gering erscheint dem Blick, der vorwärts schweift und abmißt, wieviel noch zu tun übrig bleibt. Aber das, was wir vollbracht haben, berechtigt uns zu der beglückenden Gewißheit, daß wir auch das andere schaffen werden, wenn wir entschlossen und unbeirrt in der Richtung und dem Streben zum Ziel verharren. Wahltag ist Zahltag, Wahltag ist auch Gerichtstag! Die Sozialdemokratische Partei kann mit dem Bewußtsein vor ihre Wähler treten, daß sie vielleicht hier und da geirrt, aber nie bewußt von ihrem Wege abgewichen ist. Was wir erstrebt haben, und was wir vollbracht haben, zeigt, daß wir uns des Auftrags und des Vertrauens der Massen stets eingedenk geblieben waren. Wir haben nicht Wunder geschaffen, aber wir haben auch keine Wunder versprochen. Wir wissen, daß die Sache des Volkes unsere Sache ist. Wir wollen weiter die Sache des Volkes zu der unseren machen, und können daher mit ruhigem Gewissen dem Urteilsspruch des Volkes entgegensehen, der am 3. Dezember 1950 gefällt werden wird. Die Freiheit Berlins haben wir behauptet und werden sie weiter sichern und gewährleisten. Den Aufbau Berlins, unserer Stadt, dem Symbol eines freien und sozialen Deutschlands, werden wir allen Schwierigkeiten zum Trotz fortsetzen. Unbeirrt durch alle Not und Widrigkeiten der Zeit werden wir in Berlin unseren Weg gehen und uns des Mandats wieder und wieder würdig erweisen, das - des bin ich sicher - uns der 3. Dezember erneut gewähren wird. Vorwärts und aufwärts für [] ein freies, ein neues und besseres Berlin. [] Aufruf zur Wahl um 3. Dezember 1950 Berliner Wählerinnen! Berliner Wähler! Fünf Jahre bitterer Not, ernster Gefahren und schwerer Kämpfe liegen hinter uns. Die entscheidenden Auseinandersetzungen um die Wiedervereinigung Deutschlands und Berlins auf dem Boden der Freiheit stehen uns noch bevor. [] Der Kampf um die Freiheit Berlins begann mit der Urabstimmung der Sozialdemokraten gegen die sowjetische Zwangsvereinigung. Schritt um Schritt wurden die Feinde der Freiheit seitdem zurückgedrängt. Schritt um Schritt haben wir Bundesgenossen für Berlin gewonnen. Anfangs standen die Sozialdemokraten westlich der Elbe fast allein an unserer Seite. Heute stehen Weltmächte zu Berlin. [] Berlins Schicksal ist unlösbar mit der Wiedervereinigung Deutschlands verknüpft, die Einheit Deutschlands mit dem Kampf um das vereinigte Europa verbunden. Wenn Berlin wieder die Hauptstadt eines in Freiheit geeinten Deutschlands ist, dann wird Europa gerettet und der Frieden gesichert sein. Die Demokratie wird jedoch den endgültigen Sieg über die kommunistische Gewaltherrschaft nur dann erringen, wenn sie auf sozialer Sicherheit aufgebaut wird. [] Der Tag rückt näher, an dem die Sowjets dem Druck des Rechts und der Gerechtigkeit weichen müssen. [] Am 3. Dezember gilt es, solche Vertreter zu wählen, die bewiesen haben, daß sie die Forderungen der Berliner Bevölkerung in jeder Situation richtig und konsequent vertreten. [] Über zwei Millionen Wahlberechtigte Berliner in allen vier Sektoren sind zur Wahlentscheidung aufgerufen. Durch Zwang und Terror werden die Wähler im Sowjetsektor gehindert, an den freien Wahlen teilzunehmen. 400000 Wähler des Sowjetsektors haben sich durch die Einsendung ihrer Stammabschnitte mutig für freie Wahlen entschieden. Das erhöht die Verantwortung jedes einzelnen Wählers in den Westsektoren. [] Denkt daran, daß Ihr am 3. Dezember Eure Abgeordneten für vier Jahre wählt. Entscheidet Euch mit der SPD für Arbeit und Aufbau, für Sicherheit und Gerechtigkeit, für Einheit in Freiheit, für Berlin als Hauptstadt Deutschlands in einem neuen Europa. [] Berlinerinnen und Berliner! Alles für die Freiheit und den Aufbau unserer Stadt [] Wählt Sozialdemokraten [] Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Landesverband Berlin [] Franz Neumann Kurt Mattick Susanne Räder-Großmann [] Die Blockade wurde überstanden ... [] Es geht aufwärts, wenn auch noch nicht alle Schwierigkeiten überwunden sind [] Wie am 5. Dezember 1948, so werden auch diesmal nur die Männer und Frauen der Westsektoren von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können, weil allen Versuchen und Anträgen zum Trotz der Bevölkerung des Ostsektors die Wahl verboten wurde. Die Machthaber im Ostsektor fürchten eine freie Willensbekundung der Bevölkerung. [] Nach der Wahl 1946 konnte die SED, die sich als Herrscher fühlte, lediglich die dritte Stelle im Parlament einnehmen. Im Dezember 1948 sind ihr nicht einmal ihre eigenen Anhänger in dem Verlangen gefolgt, überhaupt nicht zur Wahl zu gehen. Die Wahlbeteiligung war stärker als jemals früher, die SPD erhielt 63 Prozent der abgegebenen Stimmen. [] Das war noch während der Blockade, die uns Finsternis, Kälte und unzureichende Ernährung beschert hatte. Seit ihrer Überwindung sind 11/2 Jahre vergangen. Wenn sich auch bewahrheitet hat, was ich am 12. Mai 1949 vor dem Schöneberger Rathaus ausgesprochen habe, nämlich, daß neue Schwierigkeiten kommen würden, so ist doch das Leben nicht nur der Berliner Hausfrauen, sondern auch aller anderen ein vollkommen anderes geworden. Berlin erstrahlt im Lichterglanz; das Treiben in den bewegtesten Stadtteilen erinnert an die einstige Reichshauptstadt. In den Wohnungen, in den Verkehrsmitteln sind die entsetzlichen Pappfenster verschwunden. Durch die Fensterscheiben findet die Tageshelle Einlaß. Selbst in den Familien derer, die ein noch viel zu geringes Einkommen haben, konnten doch einzelne Wäschestücke ersetzt werden, und vor allen Dingen haben unsere Alters-, Kinder- und Jugendheime wieder ein menschenwürdiges Aussehen erhalten. Alte zerstörte Wohnungen sind wiederhergestellt, neue sind zum Teil erstanden, und wohin wir in Berlin blicken, sehn wir eine Bautätigkeit, die hinter keiner westdeutschen Stadt zurücksteht. [] Freilich ist die Not damit noch nicht überwunden. Fast 300000 Männer und Frauen leiden unter Arbeitslosigkeit, die Renten der Alten sind zu gering, die Geschäftsleute sowie alle diejenigen, die unter Währungsschäden leiden, haben noch allen Anlaß, unzufrieden zu sein. Einen Lichtblick bildet dabei die Tatsache, daß das Bundesversorgungsgesetz, das endlich den unmittelbaren Kriegsopfern einen fest umrissenen Rechtsanspruch gibt, als erstes derartiges Gesetz auch auf Berlin Anwendung findet. [] Diese Tatsache zeigt, wie notwendig die enge Verbindung Berlins mit dem Bund und dem Ausland ist. Ohne die Hilfe des Auslandes wäre das Leben der Westberliner so trübe geblieben wie das der Ostberliner oder gar der Ostzonenbewohner. Um auf dem beschrittenen Wege weitergehen zu können, um auch das Leben derer zu erleichtern, die heute noch unter Arbeitslosigkeit, unter Währungsschäden oder sonstiger Not leiden, muß dem neuen Parlament und damit der neuzuwählenden Verwaltung die Möglichkeit hierzu gegeben werden. Heute stehen an der Spitze Berlins Sozialdemokraten. Die Wähler und vor allem die Wählerinnen werden in diesen Wochen die Frage zu überlegen haben, ob sie diesen Persönlichkeiten weiterhin ihr Vertrauen schenken wollen, und dabei werden sie die bisher geleistete Arbeit einer objektiven Prüfung unterziehen müssen. [] Louise Schroeder [] Jugend entscheidet über ihr Schicksal Von Kurt Mattick, Vorsitzender des Parlamentsausschusses für Jugendfragen Euer Leben und eure Zukunft hängt von der Politik ab. Politik ist nicht etwas, womit ihr nichts zu tun habt, sondern sie bestimmt euer Leben. Demokratie ist die einzige Form, die es euch ermöglicht, selbst über euer Leben und eure Zukunft mitzubestimmen, indem ihr teilnehmen könnt an der Politik, sie mitbestimmen könnt. Kein einzelner ist vollendet. Nur unser gemeinsames Ringen um den besten Weg sichert den Fortschritt. Die Sozialdemokratie bemühte sich frühzeitig um die Jugend. [] Vier Jahre Arbeit für die Jugend, davon zwei Jahre unter einem selbständigen Jugendamt, gestatten eine stolze Bilanz. Dieses Berlin leidet schwer unter den politischen Bedingungen, die uns von den Sowjets aufgezwungen wurden. Die große Arbeitslosigkeit ist nur zu beseitigen, wenn die Einheit Deutschlands wiederhergestellt wird und damit Berlin seine Funktion als Hauptstadt wiedererhält. Daß wir alle diese Einheit nicht unter der sowjetischen Bedingung wollen, ist allmählich Allgemeingut geworden. Deutschland muß frei werden. Bis dahin - und das wird nicht mehr so lange sein, wie mancher glaubt - müssen wir uns durchhelfen. [] Vieles haben wir getan, um der Jugend das Leben in Berlin zu erleichtern und soweit wie möglich auch zu verschönern. Jugendheime, Jugendherbergen, Sportplätze, Sportanlagen und -einrichtungen, Zeltläger, Ferienverschickungen nach Westdeutschland haben von Jahr zu Jahr größeren Umfang angenommen. Der Besuch von Theatern und sonstigen künstlerischen Einrichtungen wurde für Jugendliche besonders billig gestaltet. Der Ausbau der Volkshochschule bietet vielen die Möglichkeit, ihr Wissen zu vermehren. Die Sorge um die arbeitslose Jugend veranlaßte uns zu vielerlei Maßnahmen. Kurse, Vollberufsschule, Jugendnoteinsatz, Heime der offenen Tür schafften alle zusammen Möglichkeit für Abwechslung, Beschäftigung und Entwicklung vieler erwerbsloser Jugendlicher. [] Leider versäumt die Privatindustrie in der Frage der Lehrlingsausbildung bisher besondere Maß nahmen durchzuführen. Da für sie nur die Rentabilität entscheidet, nimmt die Zahl der bei ihr beschäftigten Lehrlinge nicht Rücksicht auf Nachwuchs und Zukunft, sondern trägt nur der Gegenwart Rechnung. Wir werden mit dem kommenden Berufsausbildungsgesetz evtl. nachhelfen. Darüber hinaus sollen durch das Jugendaufbauwerk neue Möglichkeiten gefunden werden, junge Menschen sinnvoll zu beschäftigen. Unser ständiges Drängen auf Lehrlingseinstellung wird dazu beitragen, nach und nach Plätze für eure Ausbildung zu schaffen. [] Als vor einigen Wochen das selbständige Berliner Jugendamt unter dem Titel "Jugendamt neuer Prägung" eine Tagung in Berlin durchführen konnte, bestätigten die Bundesvertreter, daß Berlin Vorbildliches geleistet hat. Berlin geht in der Jugendarbeit voran. In dem Arbeitsprogramm, das die Sozialdemokratische Partei beschlossen hat, sind konkrete Aufgaben im Interesse der jungen Generation festgelegt worden. Mit der neuen Verfassung wird es der SPD besser möglich sein, ihre Vorstellungen zu verwirklichen, wenn die Berliner ihr dazu am 3. Dezember 1950 die Vollmacht geben. Auf ihrem letzten Parteitag beschloß die SPD, durch einen Senator für Jugendfragen die Probleme der. Jugend direkt in der Regierung zu verankern. [] Wir wissen, daß noch lange nicht alles geschafft ist. Glücklich können wir erst werden, wenn wir Deutschland befreit haben und in einem einheitlichen Deutschland nicht nur die Probleme der Jugend, sondern die sozialen Probleme überhaupt, auf gesamtdeutscher Ebene neu ordnen können. Bis dahin heißt es zusammenzustehen und möglichst viel zu tun, um diese Zeit gut zu überstehen. Ihr seid die Verantwortlichen von morgen. Wie es morgen aussieht, wird heute mitentschieden. Macht euch nicht schuldig um eure eigene Zukunft. Mit der SPD könnt ihr eure Zukunft bauen. [] EINS [] ist immer richtig: [] SOZIALDEMOKRATEN WAHLZEITUNG - BERLINER STADTBLATT [] Warum so schüchtern? Von Willy Brandt Zu Wahlkämpfen gehört nun mal eine gewisse Vereinfachung der Argumente. Gewisse Überspitzungen und Übertreibungen in Wahlkämpfen sind immer noch besser als Selbstgespräche der Diktatoren. In Berlin sollten wir jedoch nie aus dem Auge verlieren, daß wir weiterhin von einer brutalen Diktatur umgeben sind. Die Kommunisten nehmen offiziell nicht an den Wahlen teil, weil sie nicht eingestehen wollen, daß sie nur wenige Prozent der Stimmen auf ihre Listen vereinigen würden. Aber indirekt haben wir uns auch am 3. Dezember mit den Kommunisten auseinanderzusetzen. [] Daran sollten jene Politiker denken, die so tun, als ob der Freiheitskampf dieser Stadt bereits abgeschlossen sei. Manche Vertreter der bürgerlichen Parteien reden so, als ob die großen politischen Fragen keine Bedeutung mehr hätten, so daß wir uns ausschließlich mit lokalen Angelegenheiten befassen könnten. Das ist völlig abwegig. [] Mehr als abwegig aber ist die Parole, Berlin brauche sich nur völlig an Bonn anzupassen - dann würden sich alle Probleme von selbst lösen. Einige Wahlredner haben sich so sehr verrannt, daß sie behaupten, Bonn würde erst dann richtig helfen, wenn die Sozialdemokraten in Berlin aus dem Sattel gehoben wären. Eine schlimmere Beleidigung der Bundesregierung kann man sich kaum vorstellen. Denn es würde heißen, daß sich die gegenwärtige Bonner Mehrheit bei ihrer Haltung zu Berlin und zur deutschen Einheit nicht von nationalen, sondern von parteipolitischen Erwägungen leiten ließe. [] Es bleibt die Behauptung, Berlin würde besser fahren, wenn es sich stärker in die Regelungen im Bundesgebiet einfüge. In diesem Zusammenhang werden mit Vorliebe die Stichworte VAB und Schulgesetz in die Debatte geworfen. Dabei müßten die bürgerlichen Wahlredner eigentlich wissen, daß es ein Schulgesetz der Bundesrepublik gar nicht gibt. Schulfragen sind nach dem Grundgesetz Ländersache. Daher gibt es elf gesetzliche Regelungen in den elf Bundesländern und eine zwölfte in Berlin. Zur Frage der VAB ist gegen eine solche Anpassung gar nichts einzuwenden, die die Lasten gleichmäßig verteilt. Die große Masse der Arbeiter, Angestellten und Rentner hat jedoch keinerlei Interesse daran, daß ihre bescheidene Existenzsicherung durch eine Zerschlagung der VAB in Frage gestellt wird. [] Im übrigen: die Sozialdemokraten sind als einzige Partei der Bundesrepublik von Anfang an und mit aller Entschiedenheit dafür eingetreten, daß Berlin vollberechtigt in der Bund einbezogen wird. Andere waren dagegen, und zwar nicht nur auf alliierter Seite. Anstatt eine "Anpassung" im Sinne der Verschlechterung zu propagieren, sollten die bürgerlichen Parteien lieber an ihre Regierungsvertreter in Bonn die Frage richten, warum sie auf dem Wege der echten und vollen Einbeziehung Berlins so zögernd vorangeschritten sind. [] Manche Gegner der Sozialdemokratie scheinen den Wahlkampf damit bestreiten zu wollen, daß sie auf das kurze Gedächtnis vieler unserer Mitbürger vertrauen. Sie wollen der SPD die Schuld für all das in die Schuhe schieben, was in Berlin noch im argen liegt. Dabei vergessen sie die Lage dieser Stadt, und sie vergessen auch, wie es noch vor zwei Jahren ausgesehen hat. Sie übersehen, daß die beiden bürgerlichen Parteien im Magistrat vertreten sind und an allen wichtigen Entscheidungen mitgewirkt haben. Sieübersehen, daß es heute keine Freiheit in den Westsektoren gäbe, wenn nicht die Sozialdemokraten in den beiden kritischsten Situationen - Anfang 1946 und im Frühsommer 1948 - in die Bresche gesprungen wären. [] Das sind geschichtliche Tatsachen. Die Behauptung, die Sozialdemokraten seien in der Ostzone zu den Kommunisten übergelaufen, ist demhingegen keine Tatsache, sondern eine Verleumdung. Sie ist ein hinterhältiger Angriff auf die zahlreichen Mitglieder der SPD, die seit Jahr und Tag in Konzentrationslagern und Polizeikellern schmachten. [] Die Berliner Sozialdemokraten haben nicht nur Erfolge, sondern auch den einen und anderen Versager aufzuweisen. Natürlich haben sie Fehler gemacht. Und leider haben sie manches von dem nicht erreichen können, was im Interesse der Bevölkerung hätte erreicht werden müssen. Aber die Partei müßte sich erst mal vorstellen, die allen Ernstes glaubt, daß sie frei von Fehlern sei. Die Wähler werden gut daran tun, sich das vor Augen zu halten, was trotz ungeheurer Schwierigkeiten unter sozialdemokratischer Führung geleistet worden ist. Sie werden sich fragen müssen, ob sie eine auch nur annähernd gleichwertige Führung aus dem Lager der anderen Parteien erwarten können. [] Die SPD hat nach eingehenden Beratungen ein Arbeitsprogramm beschlossen, das zu allen wichtigen Fragen Stellung nimmt, die in den kommenden Jahren auf der Tagesordnung stehen werden. Dieses Programm ist öffentlich beraten worden. Jeder Wähler kann es anfordern undüberprüfen. Demgegenüber zeichnen sich die Wahlprogramme der anderen Parteien dadurch aus, daß sie sich mit recht allgemeinen Erklärungen begnügen. Nur in einem Punkt werden sie deutlicher. Sie sind sich alle darin einig, daß die SPD geschwächt werden soll. Aber mit der Feindschaft zur SPD kann man noch keine Politik im Interesse der Berliner Bevölkerung machen. [] Es hätte nicht geschadet, wenn die bürgerlichen Parteien etwas genauer formuliert hätten, was sie im einzelnen wollen. Vor allem aber sollten sie ihre Schüchternheit in personellen Fragen überwinden. Die Sozialdemokraten haben bewiesen, daß sie über Frauen und Männer verfügen, die das Schiff unserer Stadt bei schwerem Sturm zu steuern vermögen. Die SPD hat erklärt, daß sie - falls ihr die Wähler am 3. Dezember das notwendige Vertrauen schenken - Ernst Reuter beauftragen wird, die Regierung des Landes Berlin zu bilden. Von den anderen Parteien liegt eine entsprechende Verlautbarung noch nicht vor. Sie müßte bald kommen. Denn die Wähler entscheiden am 3. Dezember nicht zuletzt auch darüber, wer als Regierender Bürgermeister an der Spitze des Senats stehen soll. [] Die SPD hat sich für Reuter entschieden. Die anderen Parteien haben offenbar keinen geeigneten Kandidaten. Wenn ja, warum sind sie denn so schüchtern? [] Die Berliner gingen unbeirrt ihren Weg [] An ihm müssen sie um ihrer selbst wegen festhalten / Von Dr. Kurt Schumacher [] Die deutsche Einheit ist nicht eine deutsche Frage allein. Solange sie nicht verwirklicht ist, kann die Demokratie in Europa nicht als krisenfest angesehen werden. Die europäische Bastion aber ist für die Weltdemokratie in ihrem großen Ringen mit dem östlichen Totalitarismus unentbehrlich. [] Als am 20. Oktober 1946 die Berliner Sozialdemokratie mit 49 Prozent der abgegebenen Stimmen ihren ersten, aber entscheiden Wahlsieg errang, wurde dieses Resultat in der Welt zum Teil noch heftig kritisiert. Man warf den Berlinern vor, sie hätten aus einem deutschen und antirussischen Nationalismus sozialdemokratisch gewählt. Inzwischen sind diese Kritiker entweder verstummt oder doch leiser geworden. Ob sie allerdings begriffen haben, daß kein Volk die innere Freiheit erkämpfen oder behaupten kann, wenn es sich nicht zur Freiheit der Nation bekennt scheint nicht in jedem Fall sicher zu sein. Das deutsche Volk jedenfalls kann als seinen Freund nur ansehen, wer die Notwendigkeit der deutschen Einheit als eine gemeinsame Sache aller demokratischen Völker begreift. Besonders das Volk von Berlin sieht hier das A und O jeder Politik demokratischer Taten. Es hat mehr praktische Demokratie gezeigt, als viele seiner Erzieher vermutlich in einer ähnlichen Situation zeigen wurden. Es ist der stärkste Ausdruck der Tatsache, daß die arbeitenden Menschen in Deutschland als einzige der großen europäischen Völker den Weg von der faschistischen Diktatur nicht zur kommunistischen Tyrannei eingeschlagen haben, sondern konsequent auf das Ziel der Demokratie losgegangen sind und unter Opfern und Leistungen des Mutes an ihm festgehalten haben. [] Die nationale Verpflichtung der Deutschen gegenüber der Sache der demokratischen Freiheit ist die soziale Fundamentierung dieser Freiheit. In Asien haben die unterlassenen Agrarreformen ökonomisch und technisch Sowjetrußland bei den hundert Millionen unterdrückter Menschen als Träger des Fortschritts erscheinen lassen. In Mittel- und Westeuropa ist das nicht möglich. Kulturell, ökonomisch, technisch und politisch, ja in allem letzten Menschlichen erscheint hier Sowjetrußland als ein Faktor des Rückschritts, als ein konterrevolutionäres Prinzip, trotz aller revolutionärer Phrasen und verbogener Ideologien. Der soziale Abstand gegenüber dem zurückgebliebenen Osten, der Vorsprung in der Lebenshaltung ist der stärkste Trumpf des Westens. Jeder, der diesen Abstand verringert, begünstigt gewollt oder ungewollt die kommunistische Chance. Das ist der Gegenstand der Kämpfe zwischen der Bundesregierung und ihren Parteien auf der einen und der Sozialdemokratischen Partei auf der anderen Seite. [] Demgegenüber ist der Kampf für den sozialen Aufstieg der Massen der Kampf gegen den Kommunismus und für die Einheit und Freiheit der deutschen Nation. Seine moralische Krönung findet er in dem offenen Bekenntnis zur Sache der Freiheit ohne Rücksicht auf die Drohungen der Gegenseite. Hier haben die Berliner ihre eigentliche große Leistung vollbracht, und an dieser Leistung müssen sie festhalten ihrer selbst wegen und des ganzen deutschen Volkes wegen. Der stärkste Ausdruck dieses Willens zur Freiheit ist die Sozialdemokratische Partei. Eine Schwächung der Sozialdemokratie ist eine Schwächung der deutschen Sache. In der klareren und härteren Luft, die aus der direkten Bedrohung entsteht, sieht man in Berlin diese Fragestellung wohl deutlicher als in manchen Teilen der deutschen Bundesrepublik. Dort, in Bonn, ist die Sozialdemokratische Partei der treibende und gestaltende Faktor einer Politik, die nicht aufhört, die deutsche Einheit zum zentralen Problem zu machen, und die den Berlinern die Basis für den Kampf dadurch zu schaffen sucht, daß sie alle Anstrengungen unternimmt, Berlin zum zwölften Land und die Berliner zu Produzenten und Steuerzahlern zu machen. Der Kampf um die Freiheit wird nicht nur geführt in der Front gegen den angreifenden Kommunismus. Der Kampf um die Freiheit wird auch geführt in dem Versuch, die soziale Lage der Massen zu heben und durch eine Politik der Vollbeschäftigung die Infiltration einer heuchlerischen sozialen Propaganda der Kommunisten [] unmöglich zu machen. Der Kampf um die Freiheit ist an der Ruhr und in Hannover, in Hamburg und in Frankfurt ein Ganzes, Unteilbares und Unlösbares von dem Kampf um die Freiheit in Berlin. Die Berliner Chance ist die sozialdemokratische Chance! [] Was erwarten wir von Bonn? [] Nach deutscher Auffassung ist das Land Berlin Bestandteil der Bundesrepublik. Bei Anerkennung es Grundgesetzes bekämpfen die Sozialdemokraten die Bestrebungen, die auf eine Gleichschaltung der Länder durch den Bund hinauslaufen. Sie widersetzen sich jeglichem Versuch solcher Gruppen, die mit Hilfe des Bundes die Mehrheitsverhältnisse in Berlin zu verfälschen beabsichtigen. [] Die Sozialdemokraten sind immer für die volle Eingliederung Berlins als zwölftes Land und für die Eingliederung der Länder der Sowjetzone in die Bundesrepublik eingetreten. Die Berlin-Politik der Bundesregierung war zögernd, ihre Haltung zu gesamtdeutschen Fragen unklar und unentschlossen. [] Die Sozialdemokraten wollen alle Widerstände überwinden, die der Eingliederung Berlins und aller deutschen Länder in den Bund entgegenstehen. Sie verlangen, daß der erstrangigen Bedeutung der deutschen Hauptstadt im Ringen um ein einheitliches Deutschland und ein freiheitliches Europa durch alle maßgeblichen Faktoren der Bundesrepublik Rechnung getragen wird. [] Berlin muß zu einem Zentrum gemacht werden, das in zunehmendem Maße Freiheitsenergien und Kulturwerte ausstrahlt. Wenn Berlin diese Aufgaben erfüllen soll, muß es wirtschaftlich und sozial gesichert werden. [] Die Bundesrepublik muß durch sichere, ausreichende und konstruktive Maßnahmen einen Ausgleich dafür schaffen, daß die Existenzgrundlagen Berlins durch die zeitweilige Ausschaltung hauptstädtischer Aufgaben, die Volldemontage, die Blockade und die ihr folgenden Drosselungsversuche weitgehend zerstört wurden. Die Berlin-Hilfe ist eine politische Notwendigkeit, die nicht durch kleinliche Gesichtspunkte regionaler Art, durch Erwägungen der Bequemlichkeit oder durch kurzsichtige politische Spekulationen beeinträchtigt werden darf. [] Die Sozialdemokratie erkennt die bisher geleistete Hilfe an. Sie macht sich aber zum Sprecher aller Berliner und Berlinerinnen, wenn sie erwartet, daß Berlin durch geeignete Maßnahmen in die Lage versetzt wird, seinen Bürgern eine menschenwürdige Existenz zu sichern, um seine gesamtdeutsche und europäische Aufgabe erfüllen zu können. Solange sich die Bundesgesetzgebung noch nicht unmittelbar auf Berlin erstreckt, muß die Gleichstellung in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht durch Verträge zwischen Bonn und Berlin sichergestellt werden. [] Berlin hat bereits in beträchtlichem Maße Hilfe aus außerdeutschen Quellen, vor allem aus den Mitteln des ERP, erhalten. Die Privatwirtschaft der Bundesrepublik hat weitgehend versagt. Sie ist sich ihrer nationalen Verpflichtung nicht bewußt gewesen. [] Die Sozialdemokraten erwarten, daß der deutsche Westen die Anstrengungen der Berliner Regierung und Wirtschaft durch weitsichtige Kreditgewährung unterstützt. Der Berliner Produktion sind die gleichen Absatzbedingungen auf den Märkten zu schaffen wie der westdeutschen Produktion. Schwierigkeiten, die sich aus der bedrängten Lage Berlins ergeben, sind durch besondere Erleichterungen auszugleichen. [] Öffentliche und ausländische Mittel dürfen nicht dazu verwandt werden, um in der Bundesrepublik Industrien auszubauen, die Berliner Produktionskapazitäten entbehrlich machen und den Absatz Berliner Produkte erschweren. [] Von der Bundesregierung muß erwartet werden, daß sie der Wirtschaft mit gutem Beispiel vorangeht und weit mehr als bisher gemachte Zusagen einhält und sowohl Aufträge wie zentrale Bundesbehörden an Berlin abgibt. [] (Aus dem Arbeitsprogramm der Berliner Sozialdemokraten) [] Unser Problem Nr. 1 - die Arbeitslosigkeit [] Von Magistratsdirektor und Vorsitzenden des ERP-Ausschusses Dr. Paul Hertz [] Es ist ein Zeichen wahrer Demokratie, wenn eine Staatsführung sich nicht scheut, mit unverhüllter Offenheit auch über Schattenseiten zu sprechen, im Gegensatz zu jeder Diktatur, die selbst die schlimmsten Mißstände mit lauttönender Propaganda verdreht und verherrlicht. [] Berlin hat eine drückende Zahl von Arbeitslosen, darüber gibt es keine Geheimnistuerei. In Berlin werden die Arbeitslosen nicht künstlich den Blicken der Öffentlichkeit entzogen, indem man sie zwangsweise abkommandiert wie in der Ostzone; sie sind eine nicht zu übersehende harte Tatsache in der Berliner Volkswirtschaft, das Problem Nr. 1 der Stadtverwaltung. Der Wohlstand Berlins und der Lebensstandard seiner Bevölkerung hängen davon ab, wie schnell es gelingt, die Mehrzahl der Arbeitslosen wieder in eine beständige Beschäftigung zu bringen. Diese Sorge steht als treibende Kraft hinter allen Maßnahmen. [] Es geht aufwärts! [] Der sachliche Kritiker wird feststellen müssen, daß die Anstrengungen, die Voraussetzungen für eine allmähliche Besserung zu schaffen, auch ohne gewaltsame diktatorische Methoden Erfolge zu haben beginnen. Sie sind um so anerkennenswerter, wenn man sich ins Gedächtnis zurückruft, daß Berlin die größte Industriestadt auf dem Kontinent und infolge seiner früheren Eigenschaft als Reichshauptstadt das größte Verwaltungszentrum in Deutschland gewesen ist. Beides trifft seit 1945 nicht mehr zu. Das Geldkapital und das Sachkapital sind zu einem großen Teil verloren. Lediglich die arbeitswilligen Menschen sind geblieben, von denen ein sehr erheblicher Teil Angestellte und auch Hilfsarbeiter und Ungelernte sind. Bei einem Blick in die Zukunft kann es aber für jeden Berliner eine Beruhigung sein, daß die mit vernünftigen demokratischen Mitteln trotz aller Hemmnisse erreichte Besserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt die gesunde Tendenz in sich trägt, sich immer schneller günstig auszuwirken, indem zunehmend Arbeitslose in den Wirtschaftsablauf eingegliedert werden. [] Was wurde nun getan, um die Arbeitslosigkeit, diese Quelle sozialer Not zu verringern, und was kann noch getan werden, um sie völlig zu beseitigen? [] Seit Februar dieses Jahres, dem Monat, in dem die Arbeitslosenziffer ihren höchsten Stand erreicht hatte, konnten insgesamt 51974 Menschen in ein Arbeitsverhältnis gebracht werden. In der gleichen Zeit hat sich die Zahl der Kurzarbeiter um 52000 Personen verringert, so daß zur Zeit nur noch 15000 Menschen mit Kurzarbeit beschäftigt sind. 293847 Männern und Frauen ist es bisher noch nicht gelungen, wieder einen Arbeitsplatz zu finden. Das sind 14 Prozent der Westberliner Bevölkerung, während sich der entsprechende Anteil im Bundesgebiet auch etwa 3 Prozent beziffern. Schon die Gegenüberstellung dieser beiden Verhältniswerte kennzeichnet, in welch schwierige Lage Berlin durch den verlorenen Krieg und seine den Berlinern zur Genüge bekannten Folgeerscheinungen geraten ist. Wenn trotzdem allein von Mitte September bis Mitte Oktober 7356 Personen wieder in Lohn und Brot gekommen sind, dann zeichnet sich an dieser Entwicklung die langsame Gesundung der Berliner Wirtschaft ab. [] Wer sich über die weitere Verringerung der Arbeitslosenziffer ein Bild machen will, muß sich Vergegenwärtigen, welche Voraussetzungen dafür in der Wirtschaft Berlins gegeben sind, und wie sich deren Aufnahmefähigkeit in der nächsten Zeit gestalten wird. Die schweren Kriegs- und Nachkriegsschäden haben der Berliner Wirtschaft nicht nur die überwiegende Mehrzahl der einst vorhandenen Arbeitsplätze zerstört, sie haben Berlin auch der finanziellen Mittel beraubt, ohne die der Wiederaufbau ausgedehnter Produktionsstätten und die Wiedererlangung internationaler Wettbewerbsfähigkeit nicht möglich ist. [] Der Marshall-Plan hilft [] Ein hervorstechendes Merkmal der modernen Wirtschaft mit ihren komplizierten und ausgedehnten technischen Anlagen und Einrichtungen ist ein ungeheurer Kapitalhunger. Auf der Erhaltung solcher technischen Anlagen gründet sich im wesentlichen der Vorsprung des Westens. Es ist der Initiative des Oberbürgermeisters und der Bereitschaft der Besatzungsmacht zu verdanken, daß die Marshall-Plan-Hilfe auf Berlin ausgedehnt wurde, um der vorher nicht gekannten und in Deutschland einmaligen Notlage dieser Großstadt beizukommen. Seit Februar dieses Jahres strömen dadurch sehr erhebliche Geldmittel in die Berliner Wirtschaft ein mit denen der Grundstock für eine neue gedeihliche Entwicklung gelegt werden konnte. Berlin hat bisher aus der Marshall-Plan-Hilfe rund 405 Millionen DM erhalten. Weitere 150 Millionen DM ERP-Mittel und 20 Millionen DM GARIOA-Mittel monatlich bis Ende März nächsten Jahres stehen in Aussicht. Langsam beginnen auch die privaten Kapitalquellen zu fließen. All diese Beträge zusammengenommen ergeben eine beträchtliche Summe. Diese Gelder werden zunächst in Anlagen und Einrichtungen investiert, damit nachher das große Heer der Arbeiter und Angestellten zur täglichen Arbeit einziehen kann. [] Das allen Berlinern bekannte Notstandsprogramm ist eine weitere Maßnahme des Magistrats, mehr als 50000 Männern und Frauen Beschäftigung zu geben. Wenn die hierbei vermittelten Arbeiten dem Charakter eines Notprogramms entsprechend in erster Linie dazu dienen, die soziale Not zu lindern, so wird doch nicht nur für eine beträchtliche Zahl von Menschen die Zeit überbrückt, bis sie wieder in einen normalen Arbeitsprozeß in Berliner Wirtschaftsbetrieben eingeschaltet werden können, sondern es werden auch dauerhafte Werte geschaffen, die das Volksvermögen bereichern. [] Aufträge kommen nach Berlin [] Die Zunahme der Arbeitsplätze in allen Teilen der Wirtschaft ist ein erfreuliches und beruhigendes Zeichen Berliner Lebenswillens. Daraus erwächst jedoch die nicht weniger wichtige Aufgabe, das neuangefachte Leben wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit weiterhin zu stärken. Die Wirtschaft Berlins braucht daher Aufträge in jeder Form, damit die Menschen auf ihren neuerworbenen Arbeitsplätzen in beständiger Tätigkeit bleiben können und in den Unternehmen durch rentable Arbeiten neue Mittel für weitere Investitionen verfügbar werden. Auch hier beginnen die unermüdlichen Anstrengungen ihre Früchte zu tragen. Absatzorganisationen wurden geschaffen, die die Verbindung mit dem Westen und mit dem Ausland zum Nutzen der Berliner Produktionsstätten herstellen. [] Ein hartes Stück Arbeit ist geschafft, ein trümmerübersäter Boden neu erschlossen, und doch ist das Problem Nr. 1 noch nicht endgültig gelöst. Selbst wenn der augenblickliche Stand der Berliner Produktion verdreifacht wird, bleiben rund 100000 Menschen ohne Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt zurück. Hier Abhilfe zu schaffen, ist die große Aufgabe einer weitsichtigen vorausschauenden Planung, durch die der Berliner Industrie neue Zweige angegliedert werden müssen, um durch eine weitere Vermehrung der Arbeitsplätze die Arbeitslosigkeit allmählich zum Verschwinden zu bringen. Die ungeheuren Schwierigkeiten einer solchen Aufgabe mag jeder ermessen, der sich vor Augen hält, unter welch ungünstigen politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Vorzeichen der Wiederaufbau bisher vonstatten begangen ist. Die Verwaltung und die Wirtschaft Berlins sind aber gewillt, in solidarischer Gemeinschaft alle Widerstände zu bezwingen, um dem Berliner Bürger zu ermöglichen, wieder ein auskömmliches Leben zu führen. Die Berliner Bevölkerung kann der Sorge der Stadtväter um die Existenz jedes einzelnen gewiß sein. Ihrerseits mögen sie sich aber des öfteren darin erinnern, daß die Verwirklichung eines solchen Planes nicht leicht ist und Zeit erfordert. [] An der Spitze der SPD-Landesliste [] Franz Neumann, Schlosser, 1. Landesvorsitzender der SPD, MdB Dr. h.c. Ernst Reuter, Oberbürgermeister Louise Schroeder, Bürgermeister, MdB Dr. Otto Suhr, Volkswirt, MdB Kurt Mattick, Maschinenschlosser, stellv. Landesvorsitzender der SPD Otto Bach, Kaufmann, Redakteur Margarete Heise (Ostsektor), Parteisekretärin Willy Brandt, Journalist, MdB Rudolf Wissell, Ingenieur, Direktor der Bewag Curt Swolinzky, Kaufmann Kurt Landsberg, Hochschul-Professor Annaliese Schönau, Gerichtsassessorin Horst Simanowski, Feinmechaniker, Stadtjugendpfleger Susanne Raeder-Großmann, Chemotechnikerin, stellv. Landesvorsitzende der SPD Richard Schroeter, Schulrat Willy Henneberg, Elektromeister Georg Meyer (Ostsektor), Architekt Edith Krappe, Buchhalterin, Fraktionssekretärin Ernst Scharnowski, Schlosser, Vorsitzender des DGB Berlin Dr. Käte Klingelhöfer, Ärztin [] Herausgeber: Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Landesverband Berlin. Lizenz-Nr. 177 der Britischen Militärregierung. Verantwortlich: Willy Brandt. Redaktion: Berlin W 35, Zietenstr. 18. Druck: Neue Graphische Gesellschaft. [] WAHLZEITUNG - BERLINER STADTBLATT [] Reinickendorf kämpfte um die Borsig-Werke [] Die Verdoppelung der Schülerzahl seit 1933 führte zu einem wahren "Schulnotstand" / Von Bürgermeister A. Dünnebacke [] Verwaltung und Volksvertretung Reinickendorfs, des räumlich größten Westberliner Bezirks, hatten sich, als sie vor zwei Jahren die Verantwortungübernahmen, aus der Fülle der Aufgaben die wichtigsten Objekte und drängendsten Probleme ausgewählt und als Schwerpunkte in den Vordergrund gestellt. Durch eine solche Auslese schien es am ehesten möglich, vorhandene Kräfte und die zur Verfügung stehenden Mittel jeweils zu konzentrieren und mit dem größten Nutzeffekt anzusetzen. [] Reinickendorf war bis zur Beendigung des Krieges stark industrialisiert, wenn sich auch die Fabriken und Werkstätten in der Weite des Bezirks verloren. Zusammenbruch und Demontage der Rüstungsbetriebe bedeuteten daher einen harten Schlag für die Arbeiter und Angestellten, aber auch für zahlreiche kleinere Gewerbetreibende, die im Schatten der Großbetriebe ihr Auskommen fanden. [] Hieraus erklärt sich, daß der Fall Borsig zu einer öffentlichen Angelegenheit wurde. Die drohende Zerstörung dessen, was die Opferwilligkeit der Arbeiter und Angestellten aus den Trümmern wiederaufgebaut hatte, rief alle Abwehrkräfte in Verwaltung, Gewerkschaft und Politik auf den Plan. Die Argumentation der Verwaltung hatte eine einfache, klare Linie: Borsig ist nie Rüstungsbetrieb gewesen, die Verbindung mit Rheinmetall war erzwungen worden und hat den Charakter der Borsigproduktion, die eine friedensmäßige war, nicht verändert. Diese These wurde mit Hartnäckigkeit vertreten und mit immer neuen Beweisen belegt, bis sie bei den maßgebenden Stellen Anerkennung fand. Der Optimismus und der zähe Lebenswille der Berliner hat sich auch hier durchgesetzt. [] Reinickendorf ist jetzt als Schulnotstandsgebiet anerkannt. Ein paar Tatsachen erklären das: die Zahl der Schüler hat sich seit 1933 verdoppelt aber keine neue Schule wurde seither gebaut, wohl aber ein erheblicher Teil zerstört. Die Bevölkerungsziffer hat den Friedensstand überschritten und wächst von Monat zu Monat weiter an. Es fehlen 300 Klassenräume. [] Diese alarmierenden Zahlen hoben die Schulfrage ins Schwerpunktprogramm des Bezirks. Einige schöne Erfolge konnten gebucht werden: In Wittenau wurde das Verwaltungsgebäude eines Industriebetriebes unter günstigen Bedingungen gemietet und zu einer musterhaften Schule umgebaut. Die Georg-Herwegh-Schule in Hermsdorf wurde unter Überwindung mancherlei Schwierigkeiten vom Gesundheitsamt freigegeben und wieder als Schule eingerichtet. Die Pläne für den dringend notwendigen Umbau von drei neuen Schulen in Heiligensee, Tegelort und Tegel-Süd sind fertig und warten nur auf die Freigabe der Finanzmittel, um in Angriff genommen zu werden. [] Ein Schmerzenskind des Bezirks, und ihm deswegen besonders ans Herz gewachsen, ist das "Grüne Haus" in Tegel, ein Erziehungsheim für Jungen. Das Heim steht ganz Westberlin zur Verfügung, aber die Sorgen für den Wiederaufbau der zerstörten Gebäude trägt allein der Bezirk. Er trägt sie gern in der Hoffnung, daß bald die Gelder für den restlichen Wiederaufbau freigegeben werden und damit eine notwendige und segensreiche Einrichtung für die Jugend von ganz Berlin vollendet werden kann. [] Unser Gesundheitsamt sah sich durch die Rückgabe der Gebäude des Infektionskrankenhauses Hermsdorf an die Schulverwaltung vor die Aufgabe gestellt, etwa 250 Krankenbetten anderweitig unterzubringen und ein Seuchenkrankenhaus für den Bezirk zu erhalten. Die Unterbringung eines Teils dieser Betten im Krankenhaus Tegel-Süd ist keine ideale Lösung, aber doch die zweckmäßigste. Ein Tbc-Krankenhaus mit 100 Betten konnte im Wald von Frohnau neu eingerichtet werden. Hier eröffnen sich günstige Aussichten der Erweiterung auf etwa 500 Betten. Der Magistrat hat diese Erweiterung schon grundsätzlich beschlossen. Ein schöner, besonders von den Sportlern begeistert aufgenommener Erfolg war die Errichtung des Freibades Lübars mit Wettkampfbahnen und Sprungturm. [] Es sollten hier nur die wichtigsten Aufbauobjekte aufgezählt werden. Daneben wurden die Grünanlagen und ein Teil der Sportplätze in Ordnung gebracht; 30 Straßen mit insgesamt 27 km Länge wurden erneuert, die Altersheime generell überholt und neue Jugendheime eingerichtet. Im September 1950 erfolgte die Grundsteinlegung für einen neuen Anbau am Rathaus Wittenau, das zu einem zentralen Verwaltungsgebäude für Reinickendorf ausgebaut werden soll. Damit erhält der aufstrebende Bezirk, der zu den schon vorhandenen 200000 Einwohnern weitere 100000 im Rahmen der Aussiedlung aus den übervölkerten Innenbezirken aufnehmen soll, endlich ein kommunalpolitisches Zentrum. [] Prüfen Sie selbst! [] Vieles in unserem Bezirk ist noch nicht so, wie Sie als Bürger es sich wünschen. Niemand weiß das besser als die von Ihnen gewählten Vertreter im Bezirksparlament und im Bezirksamt. Manche "schwache Stelle", die Ihnen selbst vielleicht noch nicht einmal auffiel, ist unter der Oberfläche noch vorhanden. [] Und dennoch! [] Denken Sie einmal an Ihre persönlichen Verhältnisse. Haben nicht auch bei Ihnen die letzten Jahre - der Zusammenbruch 1945, die Blockade und die mehrfachen Währungsreformen - eine "ordentliche Haushaltsführung" unmöglich gemacht? Die öffentlichen Haushalte sind von diesen Ereignissen in gleicher Weise wie Ihr Haushalt betroffen worden. [] Und dennoch! [] Manches Einzelergebnis - hier eine neue Brücke, dort eine neue Schule, hier neue Grün- und Spielanlagen und dort Verbesserungen an der Straßenbeleuchtung - konnte erzielt werden. Als Einzelergebnis fiel uns ein solcher Neubau, eine solche Neuanlage kaum auf. Ist es nicht so? Sind wir nicht oft gedankenlos daran vorbeigegangen? Aber gerade die Summe dieser Einzelergebnisse ist es doch, die uns heute das Leben wieder angenehmer empfinden läßt, lebenswerter macht. [] Üben Sie dennoch Kritik, zu der Sie als Bürger berechtigt sind. Ihrem eigenen Urteilsvermögen und Ihrem Sinn für Gerechtigkeit überlassen wir die Wertung unserer Arbeit - die wir mit Ihrer Unterstützung für Sie geleistet haben. [] Ihr Bürgermeister und Mitbürger. [] Förderung der pflichtbewußten Firmen [] Sorgfalt bei Vergabe öffentlicher Aufträge - 3000 Notstandsarbeiter / Von Bezirksverordnetenvorsteher Rohde [] Wenn wir am 3. Dezember die Bezirksverordnetenversammlungen neu wählen, so geschieht diese Wahl für vier Jahre. Jeder Wähler sollte sich der bei Abgabe seiner Stimme klarüberlegen, wem er seine Stimme gibt. Die bisherige Bezirksverordnetenversammlung in Reinickendorf setzte sich aus 28 Mitgliedern der SPD, 7 Mitgliedern der CDU und 5 Mitgliedern der FDP zusammen. [] In den 24 Sitzungen der ablaufenden Wahlperiode wurden 205 Anträge und 80 Anfragen erledigt; davon 117 Anträge der SPD, 71 der CDU und 42 der FDP. Interessant ist, daß von allen Anträgen 160 einstimmig angenommen wurden. 11 Anträge wurden zurückgezogen, 7 mit Mehrheit angenommen, d. h. eine oder beide Parteien aus dem bürgerlichen Lager stimmten dagegen, während drei Anträge mit Stimmenmehrheit abgelehnt wurden. Aus diesen wenigen Zahlen ist ersichtlich, daß die Anträge nicht nur mit den Mehrheitsstimmen der SPD angenommen wurden. Von einer Vergewaltigung der Minderheit - wie die bürgerlichen Parteien so oft behaupten - kann keine Rede sein. Vielmehr waren die Anträge der SPD so sorgfältig vorbereitet, daß sie auch die Zustimmung der beiden anderen Fraktionen gefunden haben. [] Die Aufgaben einer Bezirksverordnetenversammlung sind nicht in der Schaffung neuer Gesetze zu erblicken, sondern in der Kontrolle, ob die geschaffenen Gesetze von der Verwaltung - in diesem Falle vom Bezirksamt - ordnungsgemäß durchgeführt werden. In der ersten Sitzung, die am 19. Januar 1949 stattgefunden hat, wurden der Bürgermeister und die Bezirksräte gewählt. Bei dieser Gelegenheit stellte sich heraus, daß die FDP gegen die Schaffung eines eigenen Jugendamtes auftrat. In den zwei Jahren unserer Amtstätigkeit hat sich aber herausgestellt, wie wichtig die Schaffung eines eigenen Jugendamtes war. Die Herauslösung aus dem Sozialamt und die Schaffung der Abteilungen für Jugendförderung und Jugendfürsorge hat uns die Möglichkeit gegeben, die Fragen der Jugend von einer ganz besonderen Seite zu brachten. [] Es war die Hauptsorge der Bezirksverordnetenversammlung, den Alten und Gebrechlichen sowie den Flüchtlingen Altersheime und Unterkunftsräume zu schaffen, die als menschenwürdig zu betrachten sind. Diese Aufgabe wurde erfolgreich angepackt. Bei den Etatberatungen ist von den SPD-Vertretern nachhaltig auf diese Einrichtungen Wert gelegt worden. Eine wichtige Aktion wurde für Reinickendorf - d.h. für den Bezirk Berlins, der die meisten Wohnlauben auf Dauerkolonien zu verzeichnen hat - dadurch von der SPD gestartet, daß man Alten und arbeitslosen Inhabern der Wohnlauben auf Kosten der Stadt ein wohnbares Zimmer instand setzen ließ. Die Bezirksverordnetenversammlung war der Meinung, man solle nicht nur in großen Mietswohnhäusern jeder Familie einen bewohnbaren Raum herstellen, sondern vordringlich auch den Arbeitslosen und Sozialrentnern in den Laubenkolonien dasselbe Recht einräumen. [] Zum Schutz der korrekten Firmen im Reinickendorfer Bezirk gegen Preisunterbietung und Schmutzkonkurrenz verlangte ein Antrag der SPD bei Abgabe öffentlicher Aufträge, daß die Gewerkschaften und Innungen die Betriebe auf Einhaltung ihrer sozialen Verpflichtungen und richtiger Lohnzahlung überwachen sollten. Dieser Antrag fand einstimmige Annahme und wurde ergänzt durch die Forderung, daß die betreffenden Auftragsausführenden der Stadt Berlin gegenüber verpflichtet wurden, keine Unterlieferungen an den Ostsektor weiterzugeben. Ebenso müssen neue Arbeitskräfte aus dem Westsektor eingestellt werden. Hier ist der Versuch gemacht worden, aus der Bezirksebene heraus einmal die korrekt arbeitenden Unternehmer vor der Schmutzkonkurrenz zu schützen und zum anderen dem Westberliner seinen Arbeitsplatz zu erhalten. [] Der Bezirk Reinickendorf hat weiterhin durch Beschäftigung von 3000 Notstandsarbeitern gezeigt, wie sehr ihm das Wohl und Wehe der Arbeitslosen am Herzen liegt. Wenn wir durch die Grünanlagen des Bezirks gehen, wollen wir daran denken, daß es möglich war, Arbeitslosen für eine Zeitlang gegen eine zumutbare Entlohnung Beschäftigung zu geben. Die wichtigen Fragen unseres Schulwesens wurden durch die Wahl eines Schulausschusses ganz besonders unterstrichen. Reinickendorf hat einen neuen Weg eingeschlagen, in dem der Schulausschuß durch Sachverständige aus der Eltern- und Lehrerschaft verstärkt wurde. Die Vorsitzenden der 40 Schulen in Reinickendorf wählten drei Vertreter, die an den Sitzungen des Schulausschusses teilnehmen. Lehrer, Gewerkschaften, Betriebsräte und Junglehrer stellten je einen Vertreter zusätzlich. Die Zusammenarbeit im Schulausschuß ist in dieser Zusammensetzung als sehr erfolgreich anzusehen. [] Die Arbeit der Bezirksverordnetenversammlung war getragen von dem Verantwortungsbewußtsein gegenüber der Bevölkerung. Der Wähler möge entscheiden, ob in den zwei Jahren erfolgreich gearbeitet wurde. Wer mit offenen Augen durch unseren, Bezirk geht, kann feststellen, daß allerhand geschaffen ist. [] Wir haben in Westberlin drei Krankenhäuser, die ausschließlich Tuberkulosekranke aufnehmen. Eines davon ist das Waldkrankenhaus Frohnau, das im Mai 1949 von der Reinickendorfer Gesundheitsverwaltung eröffnet werden konnte. Dieses Krankenhaus ist nicht etwa eine Behelfseinrichtung; es verfügt über einen Operationssaal, eine moderne Röntgenanlage und andere Einrichtungen (z. B. Zentralheizung), die eine gute Behandlung der über 100 Patienten möglich machen. Hinzu kommt die ideale Lage des Krankenhauses, das, wie unser Bild zeigt, mitten im Wald fern vom Verkehrslärm gelegen ist. Die Reinickendorfer Gesundheitsverwaltung bekämpft die Tuberkulose aber nicht nur mit dem Krankenhaus, denn es gilt ja, nicht nur Tuberkulosekranke im fortgeschrittenen Stadium möglichst zu heilen, sondern vorbeugend zu wirken. So konnte vor einigen Monaten von den Gesundheitsbehörden ein Röntgenschirmbild in Betrieb genommen werden, das gegenwärtig vor allem Schulkinder und solche Menschen untersucht, die unter Tuberkuloseverdacht stehen. Daß die Tätigkeit der Reinickendorfer Gesundheitsverwaltung auf dem Tbc-Sektor nicht erfolglos war, zeigte die Tatsache, daß heute von 1000 Einwohnern wenigstens nur noch 5 an Tbc sterben, 194[...] waren es noch 28. [] Zur gesundheitlichen Fürsorge, die den Reinickendorfer Kindern zuteil wird, bleibt die Einrichtung von zwei Schulzahnkliniken zu erwähnen, eine liegt in Hermsdorf, die andere in Tegel-Süd. Die Zahl der öffentlichen Fürsorgestellen, sowohl die für Säuglinge als auch die für Klein- und Schulkinder, beträgt heute wieder 38. [] Hauslücke auf Hauslücke schließt sich [] Unsere beiden Bilder zeigen ein Haus in der Mickestraße in Reinickendorf, einmal zerstört, einmal nach dem Wiederaufbau. Dieses Haus, das im September fertiggestellt wurde und zwölf Wohnungen aufweist, soll kein Propagandaobjekt sein. In Reinickendorf konnte eine ganze Reihe von Wohnungen neu erstellt werden. Bisher sind 151 neue Wohnungen bezogen worden, instand gesetzt wurden seit April 1946 über 6500 Wohnungen, davon 2355 von der GSW. Bei der Würdigung dieser Zahlen muß berücksichtigt werden, daß die wichtigste Voraussetzung für eine lebhafte Bautätigkeit, nämlich genügend Baustoffe, wie in allen anderen Westberliner Bezirken, auch in Reinickendorf erst nach Aufhebung der Blockade gegeben war. Und als genügend Baustoffe da waren, das sollte niemand vergessen, fehlte es an Kapital. So kommt es, daß die ERP-Mittel, die erst in diesem Jahre greifbar wurden, sich erst zum Teil ausgewirkt haben. Jedenfalls werden im Bezirk Reinickendorf noch bis Anfang Dezember weitere 123 neue Wohnungen fertiggestellt sein. Die einzelnen Projekte liegen am Schäfersee, in der Letteallee, in der Höferstraße und an anderen Punkten, die sich für den Wohnungsneubau gut eigneten. Das Bezirksamt bemüht sich, die Wohnungsbaugesellschaften soweit als möglich zu unterstützen, um die Einhaltung der Bautermine sicherzustellen. [] "Sowjetfreie" Verbindung Hermsdorf-Frohnau [] Reinickendorf hat bekanntlich geographisch eine außerordentlich große Ausdehnung, ein Umstand, der dem Straßennetz eine besondere Bedeutung gibt. Die Bezirksverwaltung hat sich in den letzten Jahren auch deshalb im Straßenbau großen Aufgaben gegenüber gesehen, weil die zumeist in den Vorkriegsjahren entstandenen Siedlungen wie Lübars, Waldmannslust, Hermsdorf und Frohnau immer noch überwiegend mit Wegen statt mit richtigen Straßen ausgestattet waren. Nach einer arbeitsreichen Zeit kann die Bezirksverwaltung heute feststellen, daß von 1947 bis Oktober 1950 über 29 km Straßen neu gebaut (davon 17 km im Rahmen des Notstandsprogramms) und 9,5 km ausgebessert wurden. [] Die Straßenbauplanung war bestimmt von dem Bestreben, die Wege in Straßen umzuwandeln, die für den Ortsteil wesentliche Verbindungen herstellten. Unser Bild zeigt z. B. den "Eichhorster Weg" in Wittenau, der nun nur dem Namen nach noch ein Weg ist. Diese neue Straße, die einen Ziegelbruchunterbau und eine Schwarzdecke erhielt, ist 1100 m lang und verbindet die Lübarser Straße mit dein Wilhelmsruher Damm. Ein unbedingt beachtenswertes Objekt war die Hottenheimer Straße, die als Querverbindung zwischen Frohnau und Hermsdorf geschaffen wurde. [] Sie kandidieren für uns [] Dünnebacke, Adolf [] Rohde, Robert [] Rogge, Charlotte [] Krause, Georg [] Steinhöfel, Max [] Walz, Reinhold [] Schley, Erich [] Wasserthal, Margarete [] Meinert, Richard [] Scharfe, Rudolf [] Paul, Alfred [] David, Erich [] Hanke, Willi [] Priemer, Heinz [] Raschke, Frida [] Zylka, Paul [] Panzer, Dr. Gertrud [] Lehmann, Max [] Wünsch, Alfred [] Schmidt, Emma [] Scholz, Richard [] Stumpf, Dr. Erich [] Krutz, Herbert [] Kowalewski, Herbert [] Sünderhauf, Ernst [] Sonnemann, Grete [] Schäfer, Karl-Heinz [] Horn, Wilhelm [] Voges, Ernst [] Kulicke, Rudolf [] Wagenfeld, Heinrich [] Kubig, Rudolf [] Rösler, Rudolf [] Pickert, Erich [] Wenzel, Martha [] Thieme, Elfriede [] Liche, Erich [] Schwarz, Karl [] Lange, Eward [] Lietzmann, Charlotte [] Strauß, Werner [] Schwenn, Walter [] Krüger, Heinz [] Genschow, Wilhelm [] Rudolph, Oswig [] Riemer, Georg [] Patzig, Oskar [] Buchweitz, Elisabeth [] Dahms, Richard [] Stuft, Wilhelm [] Rohde, Otto [] Kühn, Bruno [] Melzow, Max [] Jenckel, Heinz [] Kraemer, Herbert [] Buchwald, Charlotte [] Die sozialdemokratischen Kandidaten für die Bezirksverordnetenversammlung
Published:03.12.1950