Summary: | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals;
An die gesamte Verbraucherschaft [] Männer und Frauen! [] In der ganzen Welt herrscht nach diesem furchtbaren Krieg unerhörte Not. In allen Ländern sind Millionen von Menschen vom Hunger bedroht. Selbst in den Siegerstaaten werden Einschränkungen vorgenommen, um den Menschen der übrigen Länder im Kampf gegen den Hunger beizustehen und ihnen zu helfen. Es ist deshalb nicht zu verwundern, daß auch bei uns hier Not herrscht, und daß auch wir mit dem Hunger zu kämpfen haben. Es war schon in jedem Jahre seit dem Ausbruch des Hitlerkrieges so gewesen, daß die Monate Juni, Juli und August die schwersten waren. So ist es auch dieses Mal. Nur fühlen wir es heute um so mehr, weil alle Vorräte, die noch vorhanden waren, von den Nazis bei ihrem Rückzug zerstört wurden. [] Ihr müßt dies bedenken und Ihr werdet deshalb verstehen, daß es jetzt nicht anders sein kann, als es leider ist. Ihr dürft überzeugt sein, daß die zuständigen Verwaltungsstellen alles getan haben, um noch weitere Ausbreitung der Not zu verhindern. Kartoffeln sind im Anrollen, ebenso werden schon in den nächsten Tagen weitere Lebensmittel hier eintreffen. Jeder wird aus diesen ankommenden Kartoffeln und Lebensmitteln seinen Teil erhalten, ausgenommen Schieber und Schwarzhändler, die durch ihr gewissenloses Treiben unsere Not noch verschärft haben. Dann wird die grasseste [!] [krasseste] Not gebannt sein und mit dem Einsetzen der Frühkartoffel-Ernte wird uns wirksamste Hilfe, ja endgültige Hilfe zuteil werden. [] Wißt Ihr nun aber, daß die Männer, die heute die schwere Bürde der Verantwortung zu schleppen haben, im allseitigen Interesse das Menschenmöglichste taten, um der gemeinsamen Not Herr zu werden, so verpflichtet Euch dies andererseits, die Geduld nicht zu verlieren. Ihr dürft durch Unbesonnenheiten nicht alles das gefährden, was bis jetzt getan wurde. Ihr würdet es aber tun und unsere gesamte Lage unendlich verschlechtern, wenn Ihr Euch zu Unbesonnenheiten hinreißen lassen und Euer Ohr gewissenlosen Verführern leihen wolltet. Deshalb: [] Vertrauen und nochmals Vertrauen. Nur dann werden wir es schaffen! [] Mainz, den 2. Juli 1946. [] Der Oberbürgermeister der Stadt Mainz [] Dr. Kraus [] Der Regierungspräsident für Rheinhessen [] Steffan
|