Dr. Elisabeth Selbert

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Dr. Elisabeth Selbert [] Dr. Elisabeth Selbert? [] Der Name, liebe Leserin, kommt Dir sicher bekannt vor. Du hast Recht, das ist die Frau, die in Bonn den Satz "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" in das Grundgesetz hineingebra...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Parteivorstand, Hannoversche Presse, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Hannover
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 14.08.1949
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/63F86240-A5E4-4560-9529-1C29FB080A5A
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Dr. Elisabeth Selbert [] Dr. Elisabeth Selbert? [] Der Name, liebe Leserin, kommt Dir sicher bekannt vor. Du hast Recht, das ist die Frau, die in Bonn den Satz "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" in das Grundgesetz hineingebracht hat. Der Kampf war nicht einfach. Zuerst war nur die Sozialdemokratische Partei für diese klare, eindeutige Fassung. Erst nach langen Kämpfen und Auseinandersetzungen ist es Frau Dr. Selbert als der Sprecherin der sozialdemokratischen Fraktion im Parlamentarischen Rat dann gelungen, diesen Grundsatz fest in unserem Grundgesetz zu verankern. [] Frau Dr. Selbert weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig der Kampf um die Gleichberechtigung der Frau ist. Ihr Mann, der wie sie ein Sozialist ist, bestärkte sie schon frühzeitig in ihrem Plan, auch praktisch für die Gleichberechtigung der Frau zu arbeiten. Als dreißigjährige Frau und Mutter zweier prächtiger Buben begann sie Jura zu studieren, nicht gerade einfach für eine Hausfrau, die es auch während ihres Studiums immer mit ihren Familienpflichten ernst nahm. Trotz aller Schwierigkeiten erreichte sie ihr Ziel und ist heute eine der bekanntesten Rechtsanwälte in Kassel. [] Ueber die Bedeutung ihrer Arbeit in Bonn berichtet sie selber: [] "Ist Gleichberechtigung der Frau wirklich nur ein Schlagwort? Wollen die Frauen überhaupt ernsthaft? So fragen die Zweifler. [] Wenn dem so wäre, dann hätte unsere Frauengeneration wieder einmal den Stundenschlag der Zeit überhört, dann wäre es richtiger, ihr das Wahlrecht wieder zu nehmen; denn Wahlrecht bedeutet in der Demokratie: staatspolitische Mitverantwortung, das Recht, mitzuentscheiden und eigenes Leben und das der Gemeinschaft mitzugestalten. Dieses Recht hätten dann die Frauen verwirkt. Nein und abermals nein! [] So verantwortungslos ist die heutige Frau nicht, nachdem sie über ein Jahrzehnt durch tiefstes Leid, Not und Kummer, Gefahr und Krieg hindurchgegangen ist und empfunden hat, was es bedeutet, sich dem grausamen Zwang einer gnadenlosen Lebensordnung zu beugen. [] Die persönlichkeitsbewußte Frau unserer Tage weiß um ihre Aufgabe im Dienst einer neuen Zeit der Humanität, der Freiheit, des Friedens, sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit. [] Eine wirksame Mitarbeit der Frau auf allen Lebensgebieten und im Staatsleben ist indessen bei dem enormen Frauenüberschuß nur im Zeichen der Gleichberechtigung möglich. [] "Männer und Frauen sind gleichberechtigt", [] so heißt es in Art. 3 des neuen Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. [] Das bedeutet: völlige, uneingeschränkte Gleichstellung der Frau mit dem Mann auf allen Lebens- und Rechtsgebieten, das bedeutet: Reform des bürgerlichen Rechts, und es bedeutet: gleicher Lohn bei gleicher Arbeit. Ein Ergebnis, das weit über die Stellung der Frau in der Weimarer Verfassung hinausgeht und das bisher in keinem Staat der Welt erreicht worden ist. [] Ein einziger Satz, aber er umfaßt das ganze Sein der Frau, ob sie erwerbstätig ist oder Hausfrau, Ehefrau oder ledig: eine Unsumme von Fragen und Dingen, die das Dasein der Menschen bestimmen und um die die besten Frauen der Jahrhunderte ein ganzes Leben gekämpft haben. [] 1895 forderte die Sozialdemokratie das Frauenstimmrecht. 1908 gestattete das von ihr erstrebte Reichsvereinsrecht der Frau erstmalig, sich am politischen Leben zu beteiligen. [] 1918 konnten die Frauen endlich in Deutschland zur Wahl gehen und gewählt werden, und zwar dank dem Erlaß der sozialdemokratischen Volksbeauftragten. [] Getreu ihrem Programm war es in Bonn wieder die sozialdemokratische Fraktion des Parlamentarischen Rates, die entgegen allen Widerständen die Gleichberechtigung der Frau erkämpft hat. [] Die Reform des bürgerlichen Rechtes, des Familienrechts im BGB, das war der Ausgangspunkt dieses Kampfes aus der Erkenntnis heraus, daß die Frau dem Mann völlig gleichwertig ist, eine Selbstverständlichkeit für einsichtsvolle Männer. [] Zwar steht in der Weimarer Verfassung der Satz, daß "die Ehe auf der Gleichberechtigung von Mann und Frau beruhe". In Wirklichkeit hat die Frau nach bisher geltendem Recht nahezu die Stellung einer Minderjährigen. Der Mann hat darüber hinaus in allen das eheliche Leben betreffenden Fragen das alleinige Entscheidungsrecht. Ohne Zustimmung des Mannes kann die Frau nicht das unbedeutendste Rechtsgeschäft über ihr zum Eingebrachten gehörendes Gut abschließen. [] Die Reform des Familienrechts, die nach dem Bonner Grundgesetz bis zum 31. März 1953 erfolgt sein muß, wird eine der großen gesetzgeberischen Aufgaben des kommenden Bundestags sein. [] Nachdem durch die neue Verfassung das Fundament des deutschen Staatenhauses gelegt ist, kann mit dem Ausbau begonnen werden. [] Ob in diesem Haus für die Frau, die zahlenmäßig den größeren Teil des Wahl- und Staatsvolkes darstellt, genügend Raum sein wird, um ihre Lebensrechte zu gestalten, das liegt an den Wählerinnen selbst. [] Nicht als Frauenrechtlerin, sondern mit der ganzen Eigenart ihres Frauentums sollen sie mitwirken. [] Dazu rufen wir die verantwortungsbewußten Frauen auf. Wir brauchen die Stimme einer jeden Frau. Denn die völlige, jetzt auch praktisch durchzuführende Gleichberechtigung der Frau das will die [] SPD [] Herausgeber: Vorstand der SPD. Druck: Hannoversche Presse, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Hannover. - 294/ 7./49. Kl. C.
Published:14.08.1949