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Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Was sagt der Mann auf der Straße dazu? Das war die Situation, wenn Sie sich erinnern - Kurz vor der letzten Bundestagswahl behauptete Dr. Adenauer, daß bestimmte, namentlichgenannte SPD-Abgeordnete durch ostzonale Wahlgelder unterstützt worden seien. Eine Behauptung, der jede Grundlage fehlte und die erst - nachdem die SPD in aller Offentliclikeit verleumdet war - nach der Wahl "mit dem Ausdruck des Bedauerns" zurückgenommen wurde. Soweit sind wir heute wieder: Jedes Mittel in der politischen Auseinandersetzung ist recht, wenn dadurch die eigene Position gehalten werden kann. Was sagt aber der Mann auf der Straße zu dieser unfairen Wahlpropaganda ? Es ist leicht, eine Partei wie die SPD zu verleumden. Aber . . . wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen! Denn heute weiß jeder: Zwei besonders bisher wichtige Vertrauensmänner der Bundesregierung und der CDU, Dr. John und Schmidt-Wittmack, sind zu den Russen übergelaufen. "Um es vorweg zu nehmen, muß ich Ihnen mitteilen, daß ich durch dieses Betrugsmanöver an die besten bzw. an die ersten Zeiten des Dritten Reiches erinnert wurde und ich den Eindruck habe, daß zwar Goebbels tot, seine Schule aber noch lebt. Mit diesem Manöver hat sich Herr Adenauer die Maske seiner christlichen Bonhomität vom Gesicht gezogen." H. J. St., Köln. "Ich bin durch den Ausgang der Affäre gar nicht überrascht. Wenn Sie nun fragen: ,Wie kommen Sie zu einer solchen Behau tung?', dann muß ich Ihnen antworten: ,Ich war Mitglied der CDU.' Für den Fall, daß diese Antwort Ihnen noch nicht alles sagen sollte, muß ich etwas deutlicher werden. Ich war Mitbegründer und anfangs sogar ,Ortsgruppenleiter' in einer CDU-Kreisgruppe. Ich habe dieses Amt schon vor der ersten Stadtverordnetenwahl niedergelegt, weil anläßlich dieser von einem maßgeblichen Kreisvorstandsmitglied in einer Vertreterversammlung erklärt wurde, man könne Arbeitervertreter nicht entsprechend der zu wünschenden Arbeiterstimmen zur Wahl aufstellen; denn die Arbeiter waren nicht besonders geeignet." J. B., Solingen. "Ich finde das Verhalten Dr. Adenauers bzw. der CDU bezeichnend, und ich bin darüber nicht verwundert. Unverständlich ist mir, daß die SPD nicht auf Bestrafung gedrungen hat. Ich bin Justizangestellter und habe in ungezählten Verhandlungen von Privatklagen protokolliert. Ich darf mich daher als ‚Facharbeiter' bezeichnen. Im übrigen wird Dr. Adenauer sicher seinen ‚Irrtum' gebeichtet haben und ich zweifle nicht, daß ihm Absolution erteilt worden ist innerhalb einer Institution, der man nachsagt, daß ein Teil von ihr die Moral-Maxime vertrete: Der Zweck heiligt die Mittel!" K. B., Witten. "Dr. Adenauer hat es sich allzu leicht gemacht, wenn er den Angriff auf zwei Ihrer Abgeordneten mit einer lapidaren Entschuldigung abtut. Seine Behauptung, falsch unterrichtet gewesen zu sein, dürfte ihm wohl kaum als unrichtig nachzuweisen sein. Es wäre Dr. Adenauers Pflicht gewesen, sich vor der ehrenrührigen Behauptung von der Richtigkeit und Stichhaltigkeit der ihm zugegangenen Informationen zu überzeugen. Daß er dies unterlassen hat, bringt ihn in ein etwas eigenartiges Licht. Aber er hat seinen Zweck erreicht." F. Th., Siegen. "Ich. habe mit meinen 80 Jahren vieles erlebt, aber dieses geht über meinen Horizont. Wie war es möglich, daß einem Mann wie Adenauer, der Anspruch auf große Geistesbildung erhebt, solche schmutzigen Verleumdungen unterlaufen konnten?" W. R., Rahden. "Ich als ganz einfach denkende Arbeiterfrau bin über das Verhalten Herrn Dr. Adenauers so entsetzt, daß ich es nicht fassen kann, daß ein Mann und noch dazu der Vater eines Geistlichen es vor Gott und seinem Gewissen und seiner Ehre so leicht nimmt und sich vor der Öffentlichkeit nicht schämt, seine Mitmenschen zu belügen." Frau H., Starnberg. "Ich war bisher- der CDU verbunden und darf aus geschäftlichen Gründen meine Bekehrung noch nicht offen aussprechen. Aber das skandalöse Verhalten Adenauers vor der Wahl hat mir den Rest gegeben. Warum haben Sie das Strafverfahren nicht durchführen lassen? Wer mit schmutzigen Methoden arbeitet wie Adenauer, ist nicht wert , geschont zu werden." Anonym. "Für jeden verständigen Menschen ist es an sich eine Ungeheuerlichkeit, unbewiesene Behauptungen öffentlich zu verbreiten. Der Vorwand, ‚man sei einer Täuschung zum Opfer gefallen', kann wohl nicht ernst genommen werden, da ja nicht anzunehmen ist, daß eine große Partei und ein Mann, der den hohen Posten eines Kanzlers im Staate einnimmt, von solcher Naivität und so unvorsichtig sind, ohne gehörige Prüfung schwere Vorwürfe gegen eine ganze Menschengruppe zu erheben, ohne vorher sich von der Richtigkeit der Behauptungen überzeugt zu haben, zu weichem Zwecke dem Kanzler, wie keinem anderen Bürger des Bundes, die besten Hilfsmittel zur Verfügung gestanden haben. Es besteht daher für keinen vernünftigen Menschen ein Zweifel darüber, daß es sich hier um eine bewußte Verbreitung verleumderischer Behauptungen handelt." B. B., Wiesbaden. "Sie würden staunen, wieviele Gläubige die letzte Rede Ollenhauers guthießen; denn man geht nicht in die Kirche, um politische Hetze, zu hören, dafür sind uns unsere Gottesvorstellungen zu heilig. Klären Sie Ihr Verhältnis zum Mittelstand restlos, dann hat auch hier das schwarze Element ausgespielt und er glaubt nicht mehr an die von Ihnen angeblich beabsichtigte Enteignung." Anonym, Tirschenreuth. "Eines kann ich Ihnen sagen, Sie haben dadurch Stimmen verloren, denn die größte Angst der Leute ist, daß der Russe einmal herkommt, und wenn jemand hört, daß eine Partei von der Ostzone Geld für Propaganda erhalt, dann befürchtet er das Schlimmste." Anonym. "Die Behauptung Adenauers ist für einen führenden Staatsmann und Politiker unentschuldbar. Er hätte sich vorher einwandfrei überzeugen müssen, ob die ihm übermittelten Informationen auch wirklich den Tatsachen entsprechen. A. mußte sich bewußt sein, daß seine Behauptung, so kurz vor den Wahlen, die Wähler entscheidend beeinflussen würde!' Anonym, München. "Kann man denn eine so schwere, wissentliche Verleumdung so leicht mit dem einfachen Ausdruck des Bedauerns zurücknehmen und - das von einem Staatsmann, vor dem ein ganzes Volk Respekt und Hochachtung haben soll?" Anonym. "Ich habe von jeher die Reden des verstorbenen Herrn Dr. Kurt Schumacher als auch die Angriffe des Vorsitzenden der SPD, Herrn E. Ollenhauer, gegen das Sowjetregime verfolgt und mich stets über die aufrechte Haltung dieser beiden Männer gefreut. Aber als Herr Dr. Adenauer dann sogar behauptete, daß er Namen von Abgeordneten der SPD nennen werde, die Wahlgelder angenommen hätten, stiegen in mir die ersten Zweifel auf, denn ich sagte mir, daß ein Mann in der Position des Bundeskanzlers wohl niemals ohne Grund derartige Behauptungen vor der Öffentlichkeit aufstellen kann. Da sich die SPD immer wieder gegen diese Anschuldigungen verwahrte und dann auch Klage gegen diese Verleumdungen erhob, war ich auf den weiteren Ablauf der Dinge gespannt. Ich mußte nun jetzt, fast ein halbes Jahr nach der Wahl, feststellen, daß es sich tatsächlich um ein ganz großes Wahlmanöver gehandelt hatte. Mit derartigen Mitteln zu arbeiten, finde ich überhaupt unter jeder Würde, noch dazu von den Herren, die vorher immer für einen fairen Wahlkampf propagiert hatten." G. S., Sarstedt. "Es war und ist des Bundeskanzlers wieder angeführten politischen Parteien gewissermaßen ‚heilige' Pflicht (deren Nichterfüllung ihnenüberdies noch scharfe Verweise ein getragen haben dürfte), möglichst geschickt zu ‚manövrieren', wie ihre Bindung an den Vatikan diese auf einen aufrecht6n Deutschen geradezu erschütternd wirkende Handlungsweise nicht nur voll und ganz rechtfertigt, sondern sie trotz offenbarer Versündigung gegen das heilige achte Gebot Jehovas unbedingt fordert." A. M., Hamburg. "Mir hat dieser Vorgang - keineswegs besonders kraß, aber doch wieder einmal deutlich - bewiesen, daß in Adenauers Wortschatz das Wort demokratisch' ebenso wie das Wort christlich' den Rang von Phrasen haben. Die weithin unerschütterliche Hinnahme der ganzen Angelegenheit durch die überwiegende Mehrheit der Bundesbürger beweist - und das ist viel schlimmer -, daß der Nachholbedarf an lce-cream und Kino offenbar noch lange nicht gedeckt ist - und ich beginne nachgerade zu zweifeln, ob wir Deutsche in großer Zahl überhaupt noch einmal zu einer anderen politischen Haltung finden werden als zum ‚Schimpfen und doch Gehorchen'." Dr. W., Frankfurt. "Ohne Zweifel hat auch die Verleumdung der SPD - Geldannahme vom Osten - durch den Bundeskanzler, zum Wahlsieg beigetragen, da der Anschein erweckt wurde, daß die SPD mit der Kommunistischen Partei und mit dem Osten zusammenarbeitet. Da das Volk den Kommunismus/Bolschewismus keinesfalls will, hat sich ein großer Teil der Wählerschaft gesagt, lieber, die CSU als den Kommunismus'." H. B., Bronn. "Mir imponiert in der Art des Kampfes, wie ihn die SPD führt, vor allem die Sauberkeit und der Anstand, mit denen man auch dem Gegner begegnet. M. E. konnten die übrigen politischen Parteien in der Bundesrepublik davon noch manches lernen. Ferner erkenne Ich aus Ihrem Schrifttum den ehrlichen Willen, in der schweren Lage unseres Volkes das Ihnen mögliche Beste zu tun, um zu helfen, und die ernste Verantwortungsbereitschaft, die dazu nötig ist, mit möglichster Ausschaltung parteiegoistischer Interessen." H. K., Hamburg. "Daß Herr Bundeskanzler gerade vor der Wohl Ihre Partei dadurch schlechtmachte, ist darauf zurückzuführen, daß sie unheimlich Angst hatten, daß Ihre Partei, wenn gerade nicht an der Spitze, so doch eine große Anzahl Sitze im Bundestag bekommen könnte." K. L., Schweinfurt. "Nach meiner Ansicht ist die ganze Wahl hinfällig und ebenso alle Beschlüsse, die vom Bundestag mit Zweidrittelmehrheit gefaßt wurden, wie z. B. EVG usw., da sich die Wahlpropaganda der CDU falscher Informationen bedient hat und dadurch höchstwahrscheinlich mehr Stimmen erhielt, als sie sonst bekommen hatte." K. L., Bremen. "Nachdem sich die gleiche Methode der Verächtlichmachung eines politischen Gegners bei der Oberbürgermeisterwahl in Hamburg wiederholte, die ja ebenso entscheidend unser völkisches Geschick bestimmen mußte, erkennt man klar, daß es System, und sogar ein sehr böses, ist, wie Dr. Adenauer und seine Partei ihre Mittel anwenden, um leichtgläubige Wählermassen zu beeinflussen und zu gewinnen." Frau G. L., Kiel. ,Das sagt der Mann auf der Straße dazu.' Und was sagen Sie? Herausgeber: Vorstand der SPD., Bonn, 9. 54 [] Druck: Hannoversche Druck- u Verlagsgesellschaft m. b. Hannover, Georgstr. 33
Published:1954