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Die Sozialisten im Europäischen Parlament [] und die Rechte der Frauen in der EG [] Diskriminierung von Frauen ist nicht allein auf einzelne europäische Länder beschränkt: In allen EG-Mitgliedstaaten müssen sich Frauen - in dem einen mehr, in dem anderen weniger - mit Einschränkungen in ihrem privaten, öffentlichen und beruflichen Leben auseinandersetzen. Ein besonderes Problem stellt dabei die Frauenarbeitslosigkeit dar: Im Europa der Zehn sind über 12 Millionen Menschen ohne Arbeit. Dabei sind Frauen stärker von der Arbeitslosigkeit betroffen als Männer. Dies allein zeigt: Die Gleichstellung der Frau ist eine europapolitische Aufgabe. Umso wichtiger ist es, dass die EG auf diesem Gebiet Schrittmacherdienste geleistet hat, die es den EG-Mitgliedstaaten schwer machen, sich auf Dauer ihrer frauenpolitischen Verantwortung zu entziehen. So wurden europäische Rahmengesetze (Richtlinien) geschaffen, die von den Mitgliedstaaten verbindlich umgesetzt werden müssen - sonst droht ihnen ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. [] Rechtsgrundlagen [] Es gibt drei Richtlinien des Rates zur Gleichbehandlung von Frauen: [] Die erste Richtlinie des Rates vom 10.2.1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des gleichen Entgelts für Männer und Frauen (75/117/EWG). [] Unter Entgelt im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer mittelbar oder unmittelbar in bar oder in Sachleistung zahlt. [] Die zweite Richtlinie des Rates vom 9.2.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen. [] Die dritte Richtlinie des Rates vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (79/7/EWG). [] Diese Richtlinien sind noch längst nicht überall in den Mitgliedstaaten der EG verwirklicht. Deshalb ist die Gleichstellung der Frau seit der Direktwahl zum Europäischen Parlament 1979 einer der Schwerpunkte in der Arbeit der Sozialistischen Fraktion. Dabei haben die Sozialisten viele Erfolge zu verzeichnen. [] Frauenpolitik im Europäischen Parlament [] Die Wahl zum Europaparlament 1979 hat den Beweis erbracht: Wo ein Neuanfang gemacht wird, wo Frauen nicht in den Clinch mit den alteingesessenen "Besitzern" von Abgeordnetenmandaten gehen müssen wie bei der Nominierung zu den nationalen Parlamenten, da haben sie bessere Chancen. 17% aller Europaabgeordneten sind Frauen. Nur im dänischen Parlament sind mehr Frauen vertreten. Alle anderen Parlamente der EG-Mitgliedstaaten liegen weit darunter. [] Die relativ starke Vertretung von Frauen hat u.a. dazu geführt, dass im Europäischen Parlament ein Sonderausschuss "Rechte der Frauen" eingesetzt worden ist, der im Februar 1981 einen umfassenden Bericht über die Stellung der Frau in der Europäischen Gemeinschaft (Dok. 1-829/80-1) dem Parlament vorlegte. Dieser Sonderausschuss war auf Initiative der Sozialisten entstanden. Überein Jahr hat es gedauert, bis der Ausschuss (Vorsitzende war die französische Sozialistin Yvette Roud) seinen Bericht (Berichterstatterin war die holländische Christdemokratin Hanja Maij-Weggen) vorlegen konnte. Der sehr lange Entschliessungsantrag umfasst eine Anzahl von Themen wie zum Beispiel [] die Beteiligung der Frau am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben in der EG; [] die Stellung der Frau in Bildung und Ausbildung; [] die Situation einiger besonderer Gruppen von Frauen, so der Frauen von Wanderarbeitnehmern und mithelfenden Familienangehörigen in Kleinbetrieben und in der Landwirtschaft; [] der Einfluss der EG auf die Stellung der Frau in den Entwicklungsländern. [] Der Bericht fordert einen Katalog von Massnahmen, um die Situation der Frau in der EG massgeblich zu verbessern. Zu den wichtigsten Forderungen gehören dabei: [] dass die Kommission stärker als bisher auf die Verwirklichung der drei EG-Richtlinien zur Gleichbehandlung von Mann und Frau dringt; [] dass die tägliche Arbeitszeit verkürzt und die vorhandene Arbeit umfassend verteilt wird, um Partnern eine bessere Arbeitsteilung zu ermöglichen. Gleichzeitig soll Teilzeitarbeit rechtlich abgesichert werden und der Vollzeitarbeit zum Beispiel hinsichtlich der Ansprüche auf Lohnerhöhung gleichgestellt werden; [] dass Abtreibung - auch wenn sie als letzter Ausweg betrachtet wird - legalisiert werden muss, damit alle Frauen fachliche Hilfe erfahren und nicht auf Notreisen in andere EG-Länder angewiesen sind. [] Gegen den Widerstand der Konservativen und vieler Christdemokraten wurde der Bericht mit grosser Mehrheit (170 Ja, 101 Nein und 22 Enthaltungen) mit den Stimmen der Mehrheit der Sozialisten, Kommunisten (aber ohne die französichen [!] Kommunisten), der Liberalen, Radikalen und einiger Christdemokraten angenommen. [] Sozialistische Fraktion will weitergehen [] Um dem Ziel der Gleichstellung von Mann und Frau näherzukommen, hat die Sozialistische Fraktion die EG-Kommission aufgefordert, eine Richtlinie zur Gleichbehandlung von Mädchen und Jungen in der beruflichen Ausbildung zu erarbeiten. Im Plenum scheiterte diese konkrete Forderung allerdings an der konservativen Mehrheit. [] Neuer Untersuchungsausschuss [] Auf eine erneute Initiative der Sozialisten hin wurde ein Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments gebildet, der prüfen soll, wie sich die Situation der Frau verbessert hat und inwieweit die Kommission die ihr gestellten Aufgaben erfüllt hat. Die europäischen Parlamentarier beliessen es aber nicht bei den Forderungen nach aussen. Sie übten auch Kritik im eigenen Hause. So rügten sie die Mängel der Chancengleichheit bei der EG-Kommission. Unter den 41 Spitzenbeamten gab es 1981 nur eine Frau, unter den 126 zweithöchsten Beamten nur zwei und im dritthöchsten Rang arbeiteten nur vier Frauen. Dafür waren in der zweitniedrigst bezahlten Gruppe des einfachen Dienstes 2170 Frauen und nur 573 Männer beschäftigt. [] Reizthemen nicht ausklammern [] In der aktuellen Diskussion zur Situation der Frau vertritt die Sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament klare Positionen. So kritisierte sie unlängst ein von der EG-Kommission vorgelegtes Aktionsprogramm zur Förderung der Chancengleichheit der Frau in Europa, weil darin politisch brisante Themen wie der Schwangerschaftsabbruch nicht aufgenommen wurde. In dieser Frage bestehen die Sozialisten auf drei Grundpositionen: Die Frauen entscheiden selbst darüber; Abtreibung ist keine strafbare Handlung und darf daher auch in der Gesetzgebung nicht als solche behandelt werden; Abtreibungen müssen über nationale Krankenkassen nach Wunsch erstattungsfähig sein. [] Mit 125 Abgeordneten, die 15 Parteien aus allen zehn Ländern der Europäischen Gemeinschaft vertreten, ist die Sozialistische Fraktion die stärkste politische Kraft im Europäischen Parlament. In ihr haben sich die Europaabgeordneten aus den Sozialdemokratischen, Sozialistischen und Labour-Parteien der EG zusammengeschlossen. Die Fraktion stellt mit Piet Dankert (Niederlande) auch den Präsidenten des Parlaments. Vorsitzender der Fraktion ist Ernest Glinne (Belgien). [] Aus der Reihe "Die Sozialisten im Europäischen Parlament" sind folgende Faltblätter erhältlich: [] 1. Menschenrechte [] 2. Rechte der Frauen in der EG [] 3. Hunger in der Welt [] 4. Türkei [] 5. Rechte der Arbeitnehmer in multinationalen Konzernen [] 6. Regionalpolitik [] 7. Kohle und Stahl in der EG [] 8. EG-Haushalt [] Weitere Informationen und Broschüren sind unter folgender Adresse erhältlich: [] Europäisches Parlament [] Sozialistische Fraktion [] Pressedienst [] rue Belliard 97-113 [] 1040 Brüssel [] Belgien [] Tel.: (02) 234 21 11 [] Telex: 63988 SOCEP [] PRINT. ÉCLAIR - Brussels - 02/649.41.20
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