Summary: | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Dieses Geleitwort bezieht sich auf das unter der Signatur 6/FLBL005526 abgelegte Flugblatt
Geleitwort zu den Briefen aus Deutschland [] Woher kommen diese Briefe? Von unseren Feinden kommen sie, von unseren spottenden und triumphierenden Feinden. Aus ihren Händen sind sie aus der Luft in unsere Schützengräben, in unsere Stellungen geflattert, darin unsere Väter, Söhne und Brüder unter Einsetzung ihres Lebens und unter den größten Mühen und Entbehrungen unser teures Vaterland gegen das Eindringen und die mörderischen Waffen unserer Gegner schützen. Und woher haben unsere Feinde diese Briefe? Aus den Taschen gefangener und gefallener deutscher Helden haben sie sie gezogen, und nun jubeln und spotten sie über die Schwachheit und Verzagtheit der deutschen Frauen, die sie schwarz auf weiß bestätigt vor sich haben. Und zwar nicht nur in den vorliegend abgedruckten Briefen, sondern sie besitzen dergleichen Briefe in so großer Anzahl, daß sie alle paar Wochen eine neue Auflage davon herausbringen. Sie jubeln und spotten, daß Deutschland nun bald wirklich ausgehungert ist, dass Deutschland nun bald durch Schwierigkeiten im Innern, durch Mangel an Nahrungsmitteln, durch sich vorbereitende Revolutionen vernichtet wird. Jenes stolze Deutschland, dessen scharfe, schneidige Waffen so viele wuchtige Schläge ausgeteilt haben und das mit Waffengewalt nicht zu bezwingen ist, nun haben sie es bald - so denken sie - durch Hunger auf die Knie gezwungen. Und ihren eigenen, ob der ungeheuren Menschenopfer und der gleichen Kriegsnot schier verzweifelnden Landsleuten halten sie diese Briefe deutscher Frauen entgegen und rufen ihnen zu: Nur noch ein wenig Geduld! Ertragt nur noch kurze Zeit die Mühen und Nöte des Krieges, und unser gehaßter Gegner, jenes stolze Deutschland, liegt am Boden und muß um Gnade betteln. Hier steht es schwarz auf weiß! Hier lest nur! Und wer hat nun diese Brief e geschrieben? Stellen sie eine Fälschung dar, wie man auf den ersten Blick glauben möchte? Nein, deutsche Frauen, Mütter und Schwestern waren es, die den Feinden diese Briefe in die Hände gaben, die ihren Mut und ihre Hoffnung neu belebten, ihre Tatkraft stärkten. Unsere eigenen Frauen, Mütter und Schwestern waren es, die in törichter Unüberlegtheit, in sträflicher Selbstsucht diese Jammerbriefe ins Feld oder ins Gefangenenlager schickten. Sie dachten nicht daran, daß sie dadurch ihren Lieben, die wahrlich genug zu tragen haben an dem schweren Los der Gefangenschaft und die ihnen doch nicht helfen können, nur das Herz noch schwerer machen. Sie dachten auch nicht daran, daß sie den Tapferen an der Front, die täglich, stündlich ihr Leben freudig einsetzen für das Leben ihrer Lieben daheim, die Waffen stumpf und den Blick trübe machen. Nein, sie dachten nicht an all dies, sie dachten nur an sich, an die eigene Not, die doch keinem in diesem grausamen Kriege erspart ist. Seht Ihr sie nicht triumphieren, seht Ihr sie nicht lachen und spotten, diese Feinde! Wie sie sich freuen über dieses prächtige Mittel, das geeignet ist, das längst erloschene Vertrauen ihrer Landsleute neu aufflackern zu lassen! Und dies Mittel haben deutsche Frauen ihnen in die Hand gegeben! Unwürdig ist das einer echt deutschen Frau! Wer leidet wohl mehr unter der Last dieses Krieges: Wir Daheimgebliebenen oder jene, die mit ihren Leibern, mit Leben und Blut unsere Heimat vor dem mörderischen Feinde schützen? Wir oder jene, die unter weit größeren Entbehrungen als wir jede Stunde und Minute dem Tod ins Auge sehen? Wir oder jene, die in weiter Ferne Familie und Heim in dem ständigen Gedanken eines Nimmerwiedersehens entbehren müssen? Muß nicht jedes echte deutsche Frauenherz ein unaufhörliches Sehnen empfinden, das Los unserer Helden so viel wie möglich zu erleichtern? Muß uns der Gedanke, daß wir mit ihnen und für sie leiden, nicht eine Genugtuung und ein Trost sein, ein Ansporn, auch unsererseits Mühe und Not ebenso tapfer zu ertragen? Darum keine Jammerbriefe mehr! Denn welche deutsche Frau, welche deutsche Mutter und welches deutsche Mädchen möchte noch weiter der Sache des Feindes dienen, nachdem ihr nunmehr die Augen aufgegangen sind über ihr gefährliches Treiben! Welches echt deutsche Frauenherz möchte sich nicht schämen, je so verzagt und kleinmütig gewesen zu sein! Und welche deutsche Frau wird nun nicht den Vorsatz fassen, alles von unseren Lieben draußen fernzuhalten, was ihre Sorgen, ihre schweren Stunden noch vermehren und ihre Zuversicht lähmen könnte! Meiden müssen wir alles unnütze Jammern, Schimpfen und Klagen. Es nutzt nichts, es bessert nichts, es schadet nur! Es dient dem Feinde, es entmutigt die Freunde, es kann zum schlimmsten Vaterlandsverrat werden! Darum alle, die Ihr diese Briefe zu Gesicht bekommt, sagt's Euren Schwestern und sagt's Euch selbst. Fort für die Zukunft mit den Jammerbriefen, die solches Unheil stiften! Die Heimat soll und wird sich würdig zeigen derer, die sie mit ihrem Herzblut schirmen und schützen. Kriegspresseamt Berlin. Otto Elsner A.-G., Berlin
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