SPD gegen Not und Elend

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; SPD GEGEN NOT UND ELEND [] Die sozialdemokratische Fraktion an die Landes-Regierung [] In tiefster Sorge um das Schicksal der notleidenden Bevölkerung wendet sich die sozialdemokratische Landtagsfraktion an die Landesregierung, weil die brenn...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bezirksverband Kassel, Hessische Nachrichten
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1946
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/4BCCAFA3-2EF2-4B58-BD01-DF4C5B50CB29
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; SPD GEGEN NOT UND ELEND [] Die sozialdemokratische Fraktion an die Landes-Regierung [] In tiefster Sorge um das Schicksal der notleidenden Bevölkerung wendet sich die sozialdemokratische Landtagsfraktion an die Landesregierung, weil die brennende Not in Stadt und Land neben langfristigen und weitsichtigen Plänen, wie zum Beispiel denen der Währungsreform, vor allen Dingen eine Reihe von Sofortmaßnahmen verlangt, damit Volk und Wirtschaft nicht noch tiefer in das Elend gerissen und damit wohl unentrinnbar dem allgemeinen Chaos ausgeliefert werden. [] Es müssen Sofortmaßnahmen getroffen werden, die zwar keine endgültige Heilung der schweren Krankheit von Volk und Wirtschaft bedeuten, aber eine Beseitigung der jetzt bestehenden gröbsten Mißstände herbeiführen müssen. [] Schon einmal ist in unserer Generation die junge Demokratie entscheidend durch die verheerenden und verderblichen Auswirkungen der wirtschaftlichen Katastrophe in den Jahren nach 1918 so sehr geschwächt worden, daß damit der Keim ihrer Vernichtung gelegt wurde. Es ist von geschichtlicher Bedeutung, daß nicht zum ersten Male der Versuch eines demokratischen Aufbaues im sozialistischen Geiste an der mangelnden Tatkraft der Regierungen scheiterte. Die Sozialdemokratie hat aus der Vergangenheit gelernt und sie ist nicht gewillt, wieder solche Zustände einreißen zu lassen. [] Wir Sozialdemokraten erwarten daher von der Regierung unverzügliche Eingriffe auf folgenden Gebieten, die ohne zeitraubende Ermittlungen und Untersuchungen unternommen werden können und begründen das mit der keines weiteren Beweises bedürftigen Feststellung, daß bei sinkendem Normallohn die Lebenshaltungskosten von Monat zu Monat steigen. Nach Feststellung des statistischen Landesamtes für Großhessen beträgt die Steigung der Lebenshaltungskosten allein in der Zeit von Januar bis Mai ds. Js. bis zu 6 3/10 Prozent. [] 1. Fahrpreise Die Erhöhung der Fahrpreise für Wochen- und Monatskarten trifft die breitesten Schichten der arbeitenden Bevölkerung in einschneidender Weise. Eine zweckmäßige Durchschnittszahl liefert hierfür ein deutliches Bild. Die Belastung geht in unzähligen Fällen weit über das erträgliche Maß hinaus. Die Aufhebung der Fahrpreiserhöhung ist dringend geboten. [] Verantwortlich: Bezirksverband Kassel der SPD, Weis. [] Druck: Hessische Nachrichten 50000 10 46 [] 2. Steuern Die starke Erhöhung der direkten und indirekten Steuern haben die Einkommenslage des ärmsten Teiles der Bevölkerung weiterhin empfindlich getroffen. Die Tabaksteuer, die den gering bezahlten Arbeitern und Angestellten eine der letzten, ohnedies schon kärglich bemessenen Daseinsfreuden beschneidet, muß in diesem Zusammenhang als besonders unsozial empfunden werden. Das gesamte Gebiet der steuerlichen Gesetzgebung bedarf einer gründlichen Revision. [] 3. Löhne u. Gehälter die in zahlreichen Fällen durch den Uebergang von Qualitätsarbeit zu geringer bewerteter Arbeit schon im Stundensatz gesunken sind, wurden häufig durch die Einführung der Vierzig-Stunden-Woche um ein weiteres Sechstel gekürzt. So lange der arbeitenden Bevölkerung eine Erhöhung der Arbeitszeit auf 48 Stunden wöchentlich wegen des Verfalls der Körperkräfte nicht zugemutet werden kann, ist es ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, einen Lohnausgleich für die ausfallenden acht Wochenstunden vorzunehmen. In diesem Zusammenhang gilt als vornehmlichstes Problem die seit langem notwendige Lohnerhöhung für Bau- und Bergarbeiter, nicht nur, um diesen körperlich schwer arbeitenden Menschen einen gerechten Lohn zu verschaffen, sondern auch, um zwei wichtigen Aufbauberufen die notwendigen Arbeitskräfte zuzuführen. [] 4. Preissteigerungen haben in erschreckendem Maße allmählich jedes Gebiet ergriffen. Wir wissen, daß die schematische Festlegung eines Stichtages für einen allgemeinen Preisstop keine Lösung bedeutet, weil dann doch in einer Fülle von Sonderfällen einmalige Regelungen getroffen werden müssen. Um so mehr fordern wir eine Preiskontrolle, die schlagkräftig und rasch arbeitet und sich der Mitarbeit aller Sachverständigen, also auch der Hausfrauen und Arbeitnehmer, bedienen. Allen Versuchen, das Kriegsschädenproblem individuell zu lösen, in dem die Aufwendungen für Wiederaufbauarbeiten Kosten-Elemente der Kalkulation liefern und zur Begründung von Preissteigerungen führen, ist entschieden entgegenzutreten. [] Alle Maßnahmen in dieser Hinsicht dienen dem Ziel, daß die arbeitende Bevölkerung einen Sinn in ihrer Arbeit erblicken kann und nicht hoffnungslos der Verzweiflung anheimfällt. Es ist aus diesem Grunde ebenfalls wichtig, daß die äußersten Anstrengungen gemacht werden, um für die Gegenwart und Zukunft eine ausreichende Ernährung der arbeitenden ebenso der nicht mehr arbeitsfähigen Bevölkerung sicherzustellen und alle Vorkehrungen in treffen, damit ein Mindestmaß an Heizungsvorräten für den kommenden Winter geschaffen wird. [] Als weitere Aufgabe fordern wir eine Verdoppelung der Anstrengungen, die Kriegsgefangenen in die Heimat zurückzuführen. Neben der materiellen Not bedrückt jetzt viele Menschen die Trennung von ihren Angehörigen, und es leidet überall der Aufbau durch die Abwesenheit vieler Fachkräfte, die sich noch in Kriegsgefangenschaft befinden. [] Die sozialdemokratische Fraktion richtet deshalb an die Regierung die Anfrage, was sie unternommen hat, um die von uns angeführten Mißstände zu beseitigen und welche Schritte sie zu ihrer Lösung weiterhin zu tun gedenkt. [] Die Sozialdemokratische Partei ist unablässig bemüht, den arbeitenden Menschen zu helfen. Ihre Stellung zu den wirtschaftlichen Bestimmungen über die Rechte der arbeitenden Bevölkerung und ihr erfolgreicher Kampf für die Sozialisierung des Bergbaues (Kohle, Kali, Erze), der Betriebe der Eisen. und Stahlerzeugung, bei der Beratung der hessischen Verfassung ist der beste Beweis für ihre Hilfe, die sie in diesen Notzeiten dem schaffenden Volke angedeihen läßt. [] Darum schenkt auch die hessische Bevölkerung für die Zukunft der Sozialdemokratie ihr Vertrauen und wählt die Kandidaten der SPD
Published:1946