An die Erwerbslosen

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [?] = vermutete Leseart An die [] Erwerbslosen [] Das berechtigte Verlangen der Erwerbslosen, zur Linderung ihrer großen Not von der Stadt eine Winterbeihilfe zu erhalten, war in der letzten Stadtverordneten-Versammlung wieder Gegenstand von...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund (ADGB), Ortsausschuss Frankfurt a.M., Union-Druckerei und Verlagsanstalt G.m.b.H., Frankfurt a.M.
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 19.12.1930
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/EAA64AF9-05F3-4207-8F80-1C725CA77D37
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [?] = vermutete Leseart An die [] Erwerbslosen [] Das berechtigte Verlangen der Erwerbslosen, zur Linderung ihrer großen Not von der Stadt eine Winterbeihilfe zu erhalten, war in der letzten Stadtverordneten-Versammlung wieder Gegenstand von heftigen Kämpfen. [] Trotzdem erfolgte durch eine nicht sehr große Mehrheit die Zustimmung zu dem Antrag des Haupt- und Sozialpolitischen Ausschusses, der den Vorschlag des Fürsorgeamtes wesentlich erweiterte. [] Obgleich die Kommunisten und die Nazis wußten, daß die bürgerlichen Parteien weitergehende Anträge ablehnen und auch der Magistrat alles weitere von sich wies, stimmten beide Parteien dagegen. [] Sie hätten damit erreicht, daß überhaupt nichts bewilligt worden wäre. Sie wußten, die Sozialdemokraten stimmen mit Ja, da war die Annahme sicher. Nun können diese Heuchler schimpfen. Aber kein Erwerbsloser wird auf dieses Theater hineinfallen. [] Die Gewerkschaften hatten angeregt, den Antrag wenigstens dahin zu erweitern, den Kindern je fünf Mark Unterstützung zu geben, die Notstandsarbeiter einzubeziehen und die Karenzzeit auf 13 Wochen herabzusetzen. Die sozialdemokratische Fraktion vertrat diese Anträge in der Ausschußberatung, sie vertrat sie auch im Plenum, weil sie glaubte, damit doch einige weitergehende Wünsche zu erfüllen. Die Stadtverordneten-Versammlung stimmte zu, aber nur deshalb, weil die Gewerkschaften und die sozialdemokratische Fraktion schon vorher alles getan hatten, um die Zustimmung der anderen Parteien zu erlangen, soweit sie nicht, wie die Kommunisten und Nazis, bloß Agitationsreden halten wollen. Also nicht unter dem Druck der Straße, wie die Kommunisten bewußt lügen, kam der Beschluß zustande. [] Wider Erwarten hat der Magistrat den Beschluß nicht ausgeführt; er läßt bekanntgeben, daß eine Winterbeihilfe nur die [] Wohlfahrtserwerbslosen, [] Krisenunterstützungsempfänger [] und die Schützlinge des Wohlfahrtsamtes [] erhalten. Nach 26wöchiger Arbeitslosigkeit sollen folgende Sätze bezahlt werden: [] Ledige 10.-Mark, [] Verheiratete, 15 [?].-Mark, [] jedes Kind 2.50 Mark. [] Gegen die Ablehnung seitens des Magistrats protestieren auch wir; die Gewerkschaften werden erneut mit dem Magistrat deswegen Fühlung nehmen. Er setzt sich bewußt mit allen in Widerspruch, die sozial denken. Er setzt sich mit der Vertretung der Frankfurter Bürgerschaft in dieser für 48 000 brotlose Bürger wichtigen Frage in schärfsten Gegensatz. Das Verhalten des Magistrats ist geradezu unverständlich. [] Was aber wollen die Kommunisten? [] Sie wollten Unterstützungen von sechzig Mark pro Kopf, mit allen Nebenzuschlägen hätte ihr Antrag über 2 Millionen Mark gekostet. Dieser Antrag hatte nur den Wert, den Arbeitslosen Sand in die Augen zu werfen. Um Hilfe ist es den Kommunisten nicht zu tun, sondern sie brauchen Unzufriedene. Das ist KPD.-Politik. [] Die mißliche Finanzlage der Stadt verhindert eine so weitgehende Unterstützung aller Erwerbslosen und Hilfsbedürftigen, die obige Gesamtsumme erfordert. [] Uns kam es darauf an, die Auszahlung so zu beschleunigen, daß sie noch vor Weihnachten erledigt wurde. Auf alle anderen Parteien ist kein Verlaß. [] Bitte wenden! [] Und wie sich die Nazis im Ernstfalle verhalten, wenn es gilt, Geldmittel für soziale Zwecke zu beschaffen, das haben sie vor einigen Tagen im Reichstag bewiesen, als sie am 9. [?] Dezember gegen eine scharfe Besteuerung [] der Vermögen über 500 000 Mark, [] der Dividenden, [] der Aufsichtsrats-Tantiemen, [] der Einkommen über 50 000 Mark [] stimmten, und damit die Ablehnung der Anträge erzielten. Sie stimmten auch gegen die Kürzung der Pensionen auf 12 000 Mark, trotzdem sie vorher aus Agitationsgründen Anträge einreichten. [] Den Arbeitslosen, den Notleidenden ist mit solcher Politik nicht gedient. Die organisierten Arbeitslosen werden das zum Ausdruck bringen in der [] Versammlung [] am Freitag, den 19. Dezember 1930, vormittags 10 Uhr, [] im großen Saale des Gewerkschaftshauses. [] Mitgliedsbuch der Sozialdemokratischen Partei und Gewerkschaftsmitgliedsbuch legitimiert. [] Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund, Ortsausschuß Frankfurt a.M. [] Sozialistische Fraktion der Stadtverordneten-Versammlung. [] Verantwortlich: Otto Misbach, Frankfurt a.M. - Druck: Union-Druckerei und Verlagsanstalt, GmbH., Frankfurt a.M.
Published:19.12.1930