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Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Wahrheit und Verleumdung [] Zur Bundestagswahl am 6. September hatte der Herr BundeskanzIer Dr. Konrad Adenauer die Behauptung auf gestellt, daß die beiden Sozialdemokraten Schroth und Scharley je 10 000 DM aus der Ostzone angenommen hätten. Diese Behauptung nahm Adenauer erst fünf Monate nach der Bundestagswahl mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Der Glaube an die Wahrheit eines Kanzlerwortes aber hatte Millionen von Wählern bewogen, der CDU ihre Stimme zu geben. Damit hatte Herr Adenauer den Zweck seiner verleumderischen Behauptungen erreicht. Am Ende der Bundestagsdebatte erklärte der Herr Bundeskanzler im vergangenen Monat aber diese Angelegenheit: ,,Wenn Sie (die SPD) dieses Auftreten und diese meine Reden einige Millionen Stimmen gekostet hat, dann bin ich sehr froh darüber." Nach diesen Worten war und ist wenig Hoffnung daß der jetzige Wahlkampf mit anderen Methoden geführt würde; denn Adenauer meinte vor dem Bundestag weiter: ‚Also, meine Herren, es ist sehr gut, wenn Sie meine Methoden kennenlernen. Lernen Sie doch etwas davon!" Nach unwidersprochenen Zeitungsberichten erklärte Adenauer am 2. 6. 1954 in Duisburg in der Werkshalle der Hütte Phoenix, Ruhrort: ,,Wenn es nach der Sozialdemokratie gegangen wäre, dann wäre die Demontage weitergegangen. Weiß oder wußte Adenauer wirklich nichts von dem unermüdlichen und schweren Kampf des verstorbenen Vorsitzenden der SPD gegen die Demontage? Wußte er nichts von dem persönlichen Auftreten Schumachers in Hamborn, um die August-Thyssen-Hütte vor der gänzlichen Demontage zu retten? Wußte er wirklich nichts von der Tätigkeit unseres verstorbenen Freundes Prof. Erik Nölting, dem Mensch ,von edler und guter Gesinnung-, wie der CDU-Ministerpräsident Arnold unseren verstorbenen Erik Nölting nannte. Hat Adenauer vergessen, daß, bevor es eine Bundesregierung gab und bevor er selbst Bundeskanzler war, Erik Nölting am 7. Juni 1949 in seiner großen Rede, die von heißer Liebe zu der arbeitenden Bevölkerung des Rhein- und Ruhrgebietes getragen war, wörtlich sagte: "Ich setze meine letzte Karte nicht auf ein schmerzloses Hinscheiden der Werke an Rhein und Ruhr, sondem auf ihre Erhaltung." - ,,Die Demontage ist der Grenzwall, der uns von Europa aussperrt. Das Demontagegespräch ist die knarrende und störende Begleitmusik bei allen europäischen Verbrüderungsfesten, ist der Eisblock, der auf dem Wege zu einer ehrlichen und aufrichtigen Verständigung mit Europa liegt. Die Stunde ist gekommen, die psychologische, die politische und die wirtschaftliche Situation ist überreif." Dieser Sozialdemokrat hat sich mit seiner ganzen Persönlichkeit gegen den Widersinn der Demontage gestemmt; ja er hat betriebsweise seinen zähen Kampf um die Erhaltung jedes einzelnen Betriebes geführt bis zu seinem Tode. Diese Tatsache läßt sich weder leugnen noch dadurch verwischen, wenn heute der überlebende CDU-Führer Konrad Adenauer nachträglich den Erfolg dieses tragigischen [!] Kampfes um die Erhaltung der Industrien an Rhein und Ruhr nur für sich in Anspruch nimmt. Der Parteifreund des Bundeskanzlers, Ministerpräsident Karl Arnold, dessen Bild jetzt an allen Plakattafeln neben dem Adenauers prangt, sprach in seiner Gedächtnisrede anläßlich der Beisetzungsfeierlichkeiten des verstorbenen Wirtschaftsministers Erik Nölting (SPD) am 20. Juli 1953 folgende anerkennenden Worte über Prof. Dr. Nölting: "In dem Verstorbenen beklagt die Landesregierung einen aufrichtigen und erfolgreichen Mitarbeiter. In den schwersten Jahren der wirtschaftlichen Krise hat er in unserem Land eine schier übermenschliche Verantwortung übernommen. Aus ungezählten amtlichen Gesprächen mit Nölfing weiß ich, mit welch innerer Bewegtheit, mit welcher inneren Sorge Nölting die Entwicklung des wirtschaftlichen und politischen Lebens verfolgt hat; wieß ich, welch inneres Anliegen es ihm war, die furchtbare Gefahr der Demontagen von der deutschen Arbeiterschaft abzuwenden, um damit die materielle und geistige Existenz zahlreicher deutscher Arbeiterfamilien zu sichern. Für diese Arbeit, für diese Aufopferung und für die Hingabe gebührt ihm unser aufrichtiger und herzlicher Dank!" Bewußt schweigt Adenauer von idem aktiven Einsatz des verstorbenen Vorsitzenden der SPD, Dr. Kurt Schumacher, schweigt Adenauer von dem verstorbenen früheren Wirtschaftsminister, Erik Nölting. Adenauer behauptet sogar wider besseres Wissen, daß, wenn es nach der SPD gegangen wäre, die Demontagen fortgeführt worden wären. Wollen Sie diese maßlosen Unterstellungen und Verleumdungen widerspruchslos entgegennehmen? Wollt auch Ihr vergessen, was diese Männer, Schumacher und Nölting, was diese Sozialdemokraten in einer Zeit für die Erhaltung unserer Industrie und unseserer Betriebe in Duisburg getan, haben, getan haben zu einer Zeit, als Konrad Adenauer noch nicht daran dachte, Bundeskanzler oder Außenminister der Bundesrepublik zu werden? Wir glauben und hoffen, daß Sie aus den Versprechungen vom 6. September die Lehren gezogen haben und sich nunmehr daran erinnern, inwieweit Versprechungen und Tatsachen in Einklang zu bringen sind. Denken Sie am 27. Juni daran: Wer Lügen haßt, die Wahrheit liebt, der SPD die Stimme gibt! Wir versprechen keine Wunder, aber wir halten unser Wort! Wählt deshalb: im Wahlkreis 69 Arthur Teich im Wahlkreis 70 Ernst Ermort im Wahlkreis 71 Jean v. Kossel im Wahlkreis 72 Emil Michel im Wahlkreis 73 Eberhard Brünen
Published:27.06.1954