Die sozialdemokratische Wiedervereinigungspolitk

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Die sozialdemokratische Wiedervereinigungspolitik [] 1. Die Grundlagen für das wiedervereinigte Deutschland entstehen im Kampf um die Wiedervereinigung. Die Initiativen, die eine weitere Vertiefung der Spaltung Deutschlands verhindern und ein...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bundesvorstand, Bonn-Druck, Bonn
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 29.04.1955
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/49D8D2A4-6C99-4CE7-B53B-074DC866DEAD
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Die sozialdemokratische Wiedervereinigungspolitik [] 1. Die Grundlagen für das wiedervereinigte Deutschland entstehen im Kampf um die Wiedervereinigung. Die Initiativen, die eine weitere Vertiefung der Spaltung Deutschlands verhindern und eine Annäherung der Teile Deutschlands aneinander zur Folge haben, sind von ausschlaggebender Bedeutung für die Verwirklichung der Einheit Deutschlands in Freiheit. 2. Die Sozialdemokratie bemüht sich um weitestgehende Initiativen des Westens im Kampf um die Wiedervereinigung auf dem Gebiete der Außenpolitik. Sie betrachtet es als ihre Aufgabe, innerdeutsche Voraussetzungen für die Wiedervereinigung zu schaffen und lebendig zu erhalten. 3. Die Sozialdemokratie erachtet ein Maximum von Beziehungen zwischen den Deutschen aller Teile des gespaltenen Landes als Voraussetzung für die Wiedervereinigung. In der Zeit bis zur Wiedervereinigung müssen alle innen- und außenpolitischen Maßnahmen im Hinblick auf die Förderung der Beziehungen der Deutschen untereinander getroffen und ausgeführt werden. Erleichterungen an der Zonengrenze [] 4. Solange die von den Besatzungsmächten errichtete Demarkationslinie (Zonengrenze) aufrechterhalten wird, ist es das Bestreben der Sozialdemokratie, den Verkehrüber diese Grenze so normal wie möglich zu gestalten. Erstrebenswert ist eine Rahmenvereinbarung der vier Besatzungsmächte, durch die sie, gemäß ihrer gemeinsamen Verpflichtung gegenüber Deutschland als Ganzes die deutschen Behörden ermächtigen, den Verkehr über die Zonengrenze und entlang der Zonengrenze zu regeln. Die Besatzungsmächte würden sich danach bis zur Aufhebung der Zonengrenze durch ein Viermächteabkommen lediglich vorbehalten, den Verlauf der Zonengrenze zu überwachen. 5. Die Regelung der entlang der Zonengrenze sich ergebenden Probleme (Wasserversorgung, Energieversorgung, Flußregulierungen, Straßen- und Wegeverbindungen, kleiner Grenzverkehr usw.) soll den Gemeinden und Kreisen obliegen. In Streitfällen muß versucht werden, durch die übergeordneten Behörden beider Seiten die bestmögliche Regelung zu erzielen. Die Sozialdemokratische Partei setzt sich, ungeachtet ihrer Gegnerschaft gegen das undemokratische Sowjetzonenregime, für normalen Verkehr zwischen diesen Stellen ein. 6. Der Interzonenhandel soll in der Richtung weiterer Ausweitung gefördert werden. Die Sicherung von Arbeitsplätzen und Existenzgrundlagen auf beiden Seiten soll im Interzonenhandelsverkehr ihre Berücksichtigung finden. Der Interzonen-Personenreiseverkehr soll soweit wie möglich nach dem Grundsatz der Freizügigkeit entwickelt werden. Die technischen und finanziellen Erleichterungen, die Reisende innerhalb eines Teiles Deutschlands in Anspruch nehmen können (Rückfahrkarten, Sonntags- und Urlaubsfahrkarten zu ermäßigten Preisen), sollen auf das Gesamtgebiet erstreckt werden. Austausch und Annäherung [] 7. Soviel wie möglich Sachgebiete menschlicher Beziehungen und Tätigkeiten sollen nach dem Grundsatz größtmöglicher Freizügigkeit für den gesamtdeutschen Verkehr und Austausch freigegeben werden. Die Grenzen für Verkehr und Austausch auf diesen Gebieten ergeben sich aus der Übereinkunft, daß beide Seiten darauf verzichten, diese Beziehungen zu politischer Propaganda und militärischer oder industrieller Spionagetätigkeit auszunutzen. Die berufliche und wissenschaftliche Fachausbildung und Weiterbildung soll in diesem Rahmen ebenfalls gefördert werden. Auch auf solchen Sachgebieten, die infolge der in der sowjetisch besetzten Zone herrschenden Ordnung besonders straff reglementiert sind, muß der Austausch gefördert werden, selbst wenn dabei in Kauf genommen werden muß, daß von sowjetzonaler Seite vorwiegend ausgewählte Gruppen von Personen entsandt werden. Die dabei unerläßliche Auseinandersetzung mit kommunistischen Doktrinen und Anschauungen darf kein Hindernis für solche Beziehungen bilden. [] 8. Auf den Gebieten der Rechtspflege, der Sozialleistungen, des Gesundheitswesens, der Schulbildung sollen beide Seiten dazu beitragen, zentrale Sammelstellen mit Statistiken und einschlägigen Unterlagen zu versorgen, damit die Entwicklung verfolgt, Vergleiche angestellt und womöglich Übereinstimmungen oder Annäherungen erwirkt werden können. 9. Zur Überwindung von Kriegs- und Kriegsfolgeschäden, zur Wiedergutmachung erlittenen Unrechts, zur Aufklärung des Schicksals von Vermißten und Kriegsgefangenen oder Deportierten muß eine Koordinierung der Suchdienst- und Ermittlungsarbeiten angestrebt werden. Die zuständigen Behörden oder einschlägigen Organisationen und Institutionen der Teile Deutschlands sollen weitgehend zusammenarbeiten, um eine Anpassung der Maßnahmen zugunsten größtmöglicher Einheitlichkeit zu erzielen. [] Grundsätze zur Regelung der Beziehungen zwischen den Teilen Deutschlands [] 10. Infolge der gegensätzlichen Auffassungen über Grundbegriffe der demokratischen Ordnung, die in den verschiedenen Teilen Deutschlands herrschen, ist es nicht möglich, Organisationen oder parlamentarische Körperschaften der verschiedenen Teile miteinander zu verschmelzen oder zu vermengen. Angesichts der fundamentalen Gegensätze, die bezüglich der Legitimation parlamentarischer Körperschaften oder Organisationsleitungen bestehen, ist es auch nicht möglich, zu einer regulären Zusammenarbeit der entsprechenden Organe oder Körperschaften zu kommen. Diese Tatbestände dürfen nicht verwischt werden. Die Sozialdemokratie, die sich zur freiheitlich demokratischen Ordnung bekennt, würde in jedem Versuch, diese Grenzen zu verwischen, nur einen Versuch sehen, diktatorische oder sogenannte volksdemokratische Methoden einzuschmuggeln und durchzusetzen. Hingegen erblickt sie in jedem Schritt zur Regelung normaler Beziehungen zwischen den Deutschen der Teile des gespaltenen Landes einen Ansatz zur Überwindung der Spaltung und somit eine Voraussetzung zur friedlichen Wiedervereinigung in Freiheit. Vorstehendes Arbeitsprogramm wurde nach vorhergehenden eingehenden Kommissionsberatungen vom Vorstand der SPD auf seiner Sitzung am 29. April 1955 beschlossen. Herausgeber: Vorstand der SPD, Bonn [] Druck: Bonn-Druck, Bonn
Published:29.04.1955