Frieda Nadig SPD

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Frieda Nadig SPD [] geb. 1897 zu Herford, Wohlfahrtspflegerin, Mitglied des Flüchtlingsausschusses, Bezirkssekretärin der Arbeiter-Wohlfahrt, Abgeordnete des Parlamentarischen Rates 1948/49. [] Ihre Meinung: Der Artikel im Bonner Grundgesetz:...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Nadig, Frieda, Zeitungsverlag für Westfalen GmbH, Bielefeld
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 14.08.1949
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/95560560-2B9C-444C-AF55-18485F5B603F
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Frieda Nadig SPD [] geb. 1897 zu Herford, Wohlfahrtspflegerin, Mitglied des Flüchtlingsausschusses, Bezirkssekretärin der Arbeiter-Wohlfahrt, Abgeordnete des Parlamentarischen Rates 1948/49. [] Ihre Meinung: Der Artikel im Bonner Grundgesetz: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" verlangt die politische Mitarbeit der Frau. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ohne Unterschied des Geschlechts ist eine alte Forderung, die endlich verwirklicht werden muß. [] Meine Arbeit im Bundesparlament gilt den Menschen, die besonders durch Krieg oder Kriegsfolgeschäden die größten Opfer für Deutschland gebracht haben. [] Frieda Nadig [] An die Wählerinnen und Wähler von Bielefeld! [] Im Bonner Grundgesetz ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau ausgesprochen. Gleichberechtigung für die Frau bedeutet auch gleiche Verantwortung. Zu den bevorstehenden Bundeswahlen bewerbe ich mich daher um Ihre Stimme. [] Am 11. Dezember 1897 bin ich in Herford geboren. (Volksschülerin, nach meiner Schulentlassung Verkäuferin). Schon in meiner Jugend interessierte ich mich für die soziale Arbeit und wurde Wohlfahrtspflegerin. Meine Prüfung bestand ich an der staatl. Akademie für Wohlfahrspflege in Berlin und war von 1922 bis 1933 als Jugendfürsorgerin in Bielefeld tätig. Die Erfahrungen in dieser Arbeit erweckten in mir den Wunsch, auf die soziale Gesetzgebung Einfluß zu gewinnen. Von 1929 bis zu seiner Auflösung im Jahre 1933 war ich Mitglied des Westfälischen Provinziallandtages. 1933 wurde ich aus politischen Gründen entlassen. Nach dreijähriger Arbeitslosigkeit gelang es mir endlich, Beschäftigung in meinem Beruf zu bekommen. 1946 wurde ich zur Bezirkssekretärin der Arbeiter-Wohlfahrt in Ost-Westfalen gewählt. [] Nach meiner Auffassung fehlte in der Vergangenheit im politischen Leben der fraulich-mütterliche Einfluß. Die Zeit von 1933 bis 1945 ist dafür das beste Beispiel. Darum muß im Bundesparlament die Frau stärker vertreten sein. Im Landtag von Nordrhein-Westfalen konnte ich an der Verbesserung der sozialen Gesetzgebung mitwirken, in dem Rahmen, wie Not und Militärregierung es zuließen. [] Der starke Frauenüberschuß beeinflußt auch den Arbeitsverdienst des Mannes ungünstig. Als Folgerung aus dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes muß daher für gleiche Arbeit gleicher Lohn gezahlt werden. [] Aus dem Landtag scheide ich nach meiner Wahl in das Bundesparlament aus. Ich trete ein für Gerechtigkeit gegenüber den Vertriebenen, für Linderung der ungeheuren Not aller Kriegsopfer, für die Schaffung einer ausreichenden Alters- und Invalidenversorgung, für die Ausgestaltung des Mutterschutzes und der Wochenhilfe, für gesunde Lebensverhältnisse unserer Jugend. [] Im Wirtschaftsleben muß der Schaffende gleichberechtigt sein und an Lohn und Gehalt soviel erhalten, wie es seiner Leistung entspricht. Wir müssen erkennen, den Krieg gemeinsam verloren zu haben, und gemeinsam muß auch die Not überwunden werden. Nur so läßt sich ein demokratisches Staatsleben gestalten. [] Die parlamentarische Arbeit fasse ich als Dienst am Menschen auf. Es ist mir als Frau unfaßbar, daß Politiker es verantworten können, immer noch deutsche Kriegsgefangene, darunter auch Frauen, als Sklaven in russischen Bergwerken zu beschäftigen. Gegen diese Kulturschande habe ich mich schon im Zonenbeirat im Jahre 1947 ausgesprochen. [] Die Schaffung einer wahrhaft religiösen Persönlichkeit, Achtung vor der Weltanschauung des Andersdenkenden und die Forderungen unserer Zeit. In der christlichen Gemeinschaftsschule kann diese gegenseitige Achtung in unseren Kindern entwickelt werden. Es ist nur ein kleiner Teil politischer Fragen, die ich in diesem Briefe aufzeigen konnte; wenn Sie aber damit einverstanden sind, dann bitte ich Sie, am Wahltag, dem 14. August, mir Ihre Stimme zu geben. [] Mit vorzüglicher Hochachtung [] Frieda Nadig [] Postwurfsendung [] An alle Haushaltungen [] Zeitungsverlag für Westfalen GmbH., Bielefeld. Nr. NRW/ 12/7D3/230/ 1809 - 50000 - 8.49/ Kl. C
Published:14.08.1949