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BÜRGERMEISTER [] MAX BRAUER [] Hamburg, im Oktober 1953 [] Meine lieben Hamburger! [] Vor einigen Tagen ist unsere Internationale Gartenbau-Ausstellung in "Planten un Blomen" geschlossen worden. Sie war ein großer Erfolg. Sie hat Hamburg viele neue Freunde gebracht und das Ansehen unserer Hansestadt im In- und Ausland weiter gesteigert. [] Vor allem aber Ihr, liebe Hamburger Mitbürger, Ihr Frauen und Männer, Ihr jungen Leute und auch Ihr, liebe Kinder, habt in diesem Sommer den herrlichen Ausstellungspark "Planten un Blomen" immer und immer wieder besucht. Ich bin überzeugt, daß Ihr an der Pracht der Blumen und Pflanzen, an den Spitzenleistungen des Obstbaues und der Gemüsezucht, an den herrlichen Anlagen, dem Philipsturm und der Leuchtfontäne, dem Kinderspielplatz, der Rollschuhbahn und was es sonst noch alles gab, Eure Freude hattet. Über 4,5 Millionen Besucher hat die Ausstellung insgesamt gezählt; das bedeutet, daß neben den zahlreichen auswärtigen Gästen Hunderttausende unserer Hamburger Mitbürger die Ausstellung mehrere Male besucht haben. Aus vielen Briefen und persönlichen Äußerungen weiß ich, einen wie tiefen Eindruck die Landsleute aus der Bundesrepublik und der sowjetischen Zone von unserem Hamburg mit nach Hause genommen haben. [] Ich glaube, wir alle können uns darüber herzlich freuen. Für den Senat und alle an den Veranstaltungen Beteiligten ist dieses Ergebnis eine Genugtuung und innere Befriedigung. [] Wenn ich als Bürgermeister unserer Freien und Hansestadt auf den zahlreichen Kongressen und Veranstaltungen der Ausstellung stets ein für unsere Stadt und unsere Arbeit ehrenvolles Echo fand, dann sind meine Gedanken oft zurückgeschweift auf die Zeit vor sieben Jahren, da mir, gestützt auf das Vertrauen der Bevölkerung, das Amt des Ersten Bürgermeisters angetragen wurde. Ich habe in jener schrecklichen Notzeit das Amt in dem Bewußtsein angenommen, daß es gelte, zunächst vor allem den Kampf gegen den Hunger und das Hungersiechtum, gegen die Kälte und den Brennstoffmangel, gegen die Verelendung der Menschenmassen durch die ungeheure Wohnungsnot aufzunehmen. In engster Zusammenarbeit haben Senat und Bürgerschaft mit allen Teilen der Verwaltung, besonders aber auch mit der dankenswerten Unterstützung aus allen Kreisen unserer Bevölkerung, diesen Kampf mit sichtbarem Erfolg führen können. [] Wenn ich zurückdenke an den entsetzlichen Winter 1946/47, der bereits in den ersten Dezembertagen mit ganz ungewöhnlich strenger Kälte einsetzte, wenn ich mich erinnere, wie wir monatelang in der Gefahr schwebten, die ohnehin nur kümmerliche Gas- und Elektrizitätsversorgung aus Mangel an Kohle völlig einstellen zu müssen, wenn ich daran denke, wie die frierenden Menschen in ihrer Verzweiflung selbst unsere Straßenbäume fällten, wenn ich mir weiter vorstelle, wie in den nur notdürftig mit Holz und Pappe verkleideten, völlig heruntergewirtschafteten Straßenbahnen und Vorortzügen sich die Fahrgäste preßten, wie die noch mit Trümmern besäten Straßen und Wege unbeleuchtet blieben und ausgebrannte Ruinen kilometerweit ein Bild des Grauens vermittelten - wenn ich mir das alles wieder in die Erinnerung rufe und dann den Weg überschaue, den wir seitdem zurückgelegt haben, dann darf ich wohl - ich glaube, mit Ihrer aller Zustimmung - feststellen, daß wir ein sehr gutes Stück vorwärtsgekommen sind! [] Wer wäre in jenen Jahren des Grauens so vermessen gewesen, zu glauben, daß dieses so zerschundene und leidende Hamburg bereits im Jahre 1953 als Krönung einer so umfassenden Aufbauarbeit eine Internationale Gartenbau-Ausstellung größten Ausmaßes und eine fast unübersehbare Fülle festlicher Veranstaltungen in seinen Mauern werde haben können? Wessen Phantasie hätte ausgereicht, sich vorzustellen, daß Besucher aus anderen, vom Kriege längst nicht so mitgenommenen Teilen der Welt voller Bewunderung das jetzt schon wieder so herrliche Bild unserer Stadt in sich hätten aufnehmen können? [] Gewiß, es hat viele Mühe gekostet. Oft haben wir uns auch rechtschaffen gestritten über den bestmöglichen Weg des Aufbaues. Aber wir haben die Hände nicht in den Schoß gelegt. Wir haben nicht gejammert, sondern sind an die Arbeit gegangen und haben gemeinsam diese uns so liebe Stadt wieder neu aufgebaut. [] Es ist mir darum ein herzliches Bedürfnis, allen meinen Mitbürgern für ihren Opfergeist, für ihren guten Willen und für ihre Mitarbeit zu danken. [] Für den Senat aber darf ich in Anspruch nehmen, daß die von ihm aufgestellten Grundsätze und die von ihm verfolgte Politik dieser Gemeinsamkeit eine gute Basis schufen. Da war keinerlei parteidogmatische Begrenztheit und keine politische Voreingenommenheit, da brauchte sich kein auf anderem politischen Boden stehender Bürger in seiner Mitarbeit gehemmt fühlen. Geistig, kulturell, religiös und politisch frei und verantwortungsvoll soll der Bürger dieser Stadt sein und bleiben, das ist der Leitfaden unseres Handelns. [] Am 1. November nun sollen die Hamburger Wählerinnen und Wähler entscheiden, ob diese Politik sinnvoll fortgesetzt oder ob der Aufbau unterbrochen und Hamburg in politische Zerrissenheit und sich innerlich zermürbende Auseinandersetzungen gestürzt werden soll. [] Die während meiner bisherigen Amtszeit durchgeführte Aufbaupolitik und ihre Erfolge auf allen Gebieten unserer Stadt, im Wohnungswesen, in der Hafenwirtschaft und im Schiffbau, im Verkehrswesen, in der Schaffung neuer Schulen, neuer Grünanlagen und Erholungsgebiete, in der Förderung des Handels, Handwerks und vielen anderen Dingen, stehen sichtbar vor den Augen aller Hamburger. [] Wer diesen Aufbau fortgeführt und so entwickelt wissen will, daß unsere Freie und Hansestadt die Stadt der Zukunft werden soll, den bitte ich, sein Vertrauen den Frauen und Männern zu schenken, die in der Bürgerschaft mit mir die politische Verantwortung für diese Politik zu tragen bereit sind. [] Wählen Sie darum am 1. November die Kandidaten der Sozialdemokratischen Partei, geben Sie Ihre Stimme der Liste 1. [] Mit freundlichen Grüßen [] Ihr Max Brauer [] Die Kandidaten Ihres Wahlkreises [] Dr. Walter Bolbrinker Stationsarzt geb. 23. 10. 23 Wahlkr. Nr. 52 Walddörfer [] Herbert Dau Kaufmann geb. 8.12. 11 Wahlkr. Nr. 53 P'bütt., H'bütt. [] Hedwig Günther Hausfrau geb. 14. 6. 96 Wahlkr. Nr. 54 Sasel, Wellingsb. [] Georg Raloff Angestellter geb. 9. 4. 02 Wahlkr. Nr. 55 Steilsh., Bramf. [] Karl Riecken Angestellter geb. 28. 5. 11 Wahlkr. Nr. 56 Bramf., Wandsb. [] Edmund Herbst Bankangestellter geb. 18. 2. 96 Wkr. 57 Farms., Berne, Oldenf. [] AuguSt Ahrens Geschäftsführer geb. 10. 8. 96 Wahlkr. Nr. 58 Rahlstedt [] Friedrich Mellmann Geschäftsführer geb. 11. 3. 97 Wahlkr. Nr. 59 Jenfeld, Tonnd. [] Heinrich Wichelmann Redakteur geb. 1. 1. 93 Wahlkr. Nr. 60 Wandsbek [] Walter Beyn Architekt geb. 26. 6. 12 Wahlkr. Nr. 61 Eilbek, Wandsb. [] WÄHLEN SIE LISTE 1 [] Herausgeber: Max Brauer. - Druck: Auerdruck G. m. b. H., Hamburg 1
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