Sehr geehrter Herr Kollege!; So wird gewählt!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Sehr geehrter Herr Kollege! [] Die am Sonntag, den 30. Mai 1948, stattfindende Stadtratswahl in Aschaffenburg gibt mir Veranlassung, mich persönlich an Sie zu wenden. [] Als ich am 14. April 1945 auf Befehl der Militärregierung die Geschicke d...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 30.05.1948
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/6276229D-C4CB-44CA-B659-BF8DCB50BC33
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Sehr geehrter Herr Kollege! [] Die am Sonntag, den 30. Mai 1948, stattfindende Stadtratswahl in Aschaffenburg gibt mir Veranlassung, mich persönlich an Sie zu wenden. [] Als ich am 14. April 1945 auf Befehl der Militärregierung die Geschicke der Stadt Aschaffenburg übertragen bekam, war es meine vornehmste Aufgabe, neben der Schutträumung und Instandsetzung der Wohnungen und Geschäfte, Sicherstellung der Ernährung, Aufbau der zerstörten Brücken, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Vollkommen auf mich selbst angewiesen - es war weder eine Regierung noch ein Ministerium vorhanden - habe, ich als Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg und Landrat der Kreise Aschaffenburg und Alzenau eine kleine Regierung improvisiert. Nicht nur die kommunalen Behörden waren mir gemäß Weisung der Militärregierung unterstellt, sondern auch Reichsbahn, Reichspost, Neubauamt, Straßen- und Flußbauamt usw. [] Daraus mögen Sie ersehen, welch vielseitige Aufgaben mir als Oberbürgermeister gestellt waren. Es war mir aber klar, daß ich diese umfassenden Aufgaben nur dadurch lösen konnte, daß ich vor allem die Kräfte des Handwerks, Handels, Gewerbes und Industrie für den Neuaufbau Aschaffenburgs vordringlichst einsetze. Dieser meiner Argumentation bei der Militärregierung ist es zu verdanken, daß Aschaffenburg die erste Stadt in der US-Zone war, in der durch Erteilung von Lizenzen den Betrieben die Möglichkeit gegeben worden ist, ihre Arbeit zu beginnen. Auf meine mehrmaligen Hinweise, daß die Ingangsetzung der Wirtschaft ohne Eröffnung der Banken unmöglich ist, konnten dieselben sogar gegen noch bestehende höhere Weisungen sich in die Wirtschaft einschalten. Wie schwierig damals die Durchsetzung dieser heute als selbstverständlich geltenden Errungenschaften war, dürfte noch in eines jeden Erinnerung sein. Denken Sie bitte auch daran, daß im Juli 1945 auf höhere Weisungen sämtliche Betriebe, deren Inhaber zu irgendeiner Zeit mit der Nazipartei oder deren Gliederungen zu tun hatten, geschlossen werden sollten. Meiner dringenden intervention war es zu verdanken, daß diese Weisung in Aschaffenburg nicht durchgeführt wurde, da ich den Direktor der Militärregierung, Herrn Major Emerick davon überzeugen konnte, daß durch diese Maßnahmen die gesamte Wirtschaft zusammenbrechen und ein Neuaufbau schon von vornherein verzögert würde. Bei dieser Aussprache vertrat ich die Ansicht, daß nicht jedes Karteimitglied ein Parteimitglied und nicht jedes Parteimitglied ein Verbrecher ist, was ich ja auch in meiner ersten öffentlichen Versammlung im August 1945 im Schloßhof Aschaffenburg zum Ausdruck brachte. [] Durch das Vertrauen meiner Partei und weiter Kreise Aschaffenburgs bin ich als Oberbürgermeister-Kandidat für Aschaffenburg bestimmt. Da der Landtag mit 79 gegen 76 Stimmen leider abgelehnt hat den Oberbürgermeister von der Gesamteinwohnerschaft direkt wählen zu lassen, wird dieser wieder von den am 30. Mai 1948 zu wählenden Stadträten berufen. Es kommt daher darauf an diejenige Partei durch Ihre Stimme zu stärken, die einen Mann der wirtschaftlichen Praxis einen Mann mit der nötigen Verwaltungserfahrung zum Oberbürgermeister zu berufen beabsichtigt. [] So liegt es auch an Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege, ob dem neuen Stadtrat die Möglichkeit gegeben wird, mich zum Oberbürgermeister zu berufen und mir so zu ermöglichen, das im Jahre 1945 erfolgreich begonnene Werk fortzusetzen. [] Ich sehe den Schlüssel zur wirtschaftlichen Hebung unserer Stadt vor allem in der Belebung und Förderung des Baugewerbes, weil auf diese Weise die gesamte Wirtschaft neue Auftriebe erhält. [] Aus diesem Grund ist es notwendig, wenn auch Sie der Auffassung sind, daß ein Wirtschaftler, der schon seit 1918 mit den Verhältnissen Aschaffenburgs bestens vertraut ist, Oberbürgermeister in Aschaffenburg werden soll, daß Sie am 30. Mai 1948 Ihre Stimme der Liste 2 (Sozialdemokratischen Partei), deren Spitzenkandidat ich bin, geben. [] Sollte ich durch Ihre Stimme Oberbürgermeister von Aschaffenburg werden, so wird es meine vornehmste Aufgabe sein, mein damals angefangenes Werk fortzusetzen. [] Erforderlich ist: Erhöhte Einschaltung des gesamten Baugewerbes. Dadurch wird erreicht: [] Erstellung von Wohnungen und Betrieben, Ankurbelung aller Handwerks-, Gewerbe-, Handels- und Industriebetriebe, da das Baugewerbe die Schlüsselindustrie schlechthin ist. [] Die heutige Ueberbeschäftigung im Baugewerbe wird sich nach der Währungsreform in eine Krise umwandeln. Nur die engste Zusammenarbeit zwischen den Vertretern der Aschaffenburger Wirtschaft und der Stadtverwaltung kann hier regulierend eingreifen. [] Wollen Sie diese Aufgaben mit mir vollbringen, dann können Sie nach reiflicher Ueberlegung am 30. Mai 1948 nur die Liste 2, Sozialdemokratische Partei, Spitzen-Kandidat Jean Stock, wählen. [] Mit kollegialem Gruß. [] gez. [] Jean Stock [] So wird gewählt! [] Wahlvorschlag 1 [] CSU [] Dr. Schwind [] Hugo Karpf [] Dr. Leeb [] Wahlvorschlag 2 [] SPD [] 1. Stock Jean, Buchdruckereibesitzer [] 2. Junker Bernhard, Gew.-Sekretär [] 3. Dr. Koch Fritz, Landgerichts-Präs. [] 4. Keller Philipp, Reichsbahnschlosser [] 5. Büttner Johann, Milchhändler [] 6. Ruths Nanna, Hausfrau [] 7. Frenzel Kurt, Schriftsetzer [] 8. Ostheimer Eugen, Oberregierungsrat [] 9. Kahl Ernst, Einzelhändler [] 10. Wenzel Engelbert, Angestellter [] 11. Blöcher Otto, Angestellter [] 12. Becker Günther, Bauingenieur [] 11 Mehrer Hans, Dreher [] 14. Retzlaff Willi, Angestellter [] 15. Dr. Paul Alfons, Arzt [] 16. Schmidt Rosel, Hausfrau [] 17. Kunath Hans, Verwaltungs-Direktor [] 18. Oberle Karl, Ladeschaffner [] 19. Körzinger Willi, Schachtmeister [] 20. Hofmann Josef, Zahnarzt [] 21. Heeg Georg, Werkmeister [] 22. Dümpert Nikolaus, Schlosser [] 23. Lehmann Benno, Gew.-Sekretär [] 24. Bopp Theodor, Tünchermeister [] 25. Rollmann Sebastian, Schneidermeister [] 26. Schröder Konrad, Invalide [] 27. Klein Georg, Lockführer [] 28. Plischke Georg, Schreinermeister [] 29. Kaup Franz, Schlosser [] 30. Völker Leopold, Angestellter [] 31. Pfister Alfons, Angestellter [] 32. Arnold Josef, Schlosser [] Wahlvorschlag 3 [] KPD [] Reinh. Weigand [] Hans Zwickel [] Betty Fischer [] Wahlvorschlag 4 [] FDP [] Dr. Schneider [] Ostheimer [] Dr. Schürger [] Wahlvorschlag 5 [] Bayernpartei [] Bauernfeind [] Schuster [] Karl Huber [] Wahlvorschlag 6 [] Parteilose [] Dr. Reinthaler [] Maidhof [] Prinzbach [] Wahlvorschlag 7 [] Wählergruppe [] Andreas Sauer [] W. Schwind [] Eduard David
Published:30.05.1948