Summary: | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [?] = vermutete Leseart; siehe auch: 6/FLBKL005056
Kirchenglocken im neuen Deutschland. [] Am 19. Januar wird die Nationalversammlung gewählt. Sie wird darüber zu entscheiden haben, wie sich das Verhältnis von Kirche und Staat im neuen Deutschen Reich gestatten soll. Die bisherige Regierung hat uns Herrn [] Adolf Hoffmann [] als Kultusminister zugemutet. Dieser "Minister" verfügte sofort die [] Trennung von Kirche und Staat [] Welche Absicht leitet ihn? Die Religion sollte aus dem neuen Deutschland ausgewiesen werden, wie ein lästiger Ausländer. Der Staat sollte hinfort die großen Religionsgemeinschaften weder unterstützen noch schützen. Die Religion sollte hinfort keine Heimatsberechtigung in den Schulen haben. Aus solchen Verfügungen spricht nicht der Geist der Klugheit, der Mäßigung und der Gerechtigkeit! [] Die sonstigen Anordnungen der vorläufigen Regierung wurden von der Mehrheit des deutschen Volkes gebilligt oder schweigend hingenommen. Die Verfügungen des "Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung" aber riefen einen Sturm des Unwillens wach, der sich in lauten Protesten äußerte. Das deutsche Volk weithin empfand, daß eine frevelnde Hand das hehrste Heiligtum der Volksseele antasten wollte. Auch in den entbehrungsreichen Kriegsjahren hatte man es neu gelernt: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein! Darum riefen Evangelische und Katholische mit lauter Stimme der Regierung zu: Die Hände weg von unserm Heiligtum! [] Was tat nun die Regierung? Sie hielt zwar einen Augenblick in ihrem Reformeifer erschrocken inne; aber ihre Absichten hat sie nur aufgeschoben, nicht aufgehoben! [] Deutsche Volksgenossen! Mir erheben einmütig [] lauten Protest [] gegen derartige Maßnahmen und Absichten der Regierung! Für eine harte, schwere Zukunft erstreben wir die möglichst besten Lebensbedingungen für alle Glieder unseres deutschen Volkes [] Aber wir wünschen keine Politik, die nur an einen vollen Geldbeutel denkt, dabei aber die Schatzkammer des deutschen Gemütes entleert. [] Religion ist eine persönliche Angelegenheil des einzelnen Menschen. Gewiß! Aber sie ist auch eine wichtige Angelegenheit des ganzen Volkes! Religiosität gehört zu dem wichtigsten Bestand der deutschen Kultur. Jeder Schlag gegen die Religion ist ein Schlag gegen die deutsche Volksseele! Wer die Religion schützt, arbeitet für das Heil des deutschen Volkes! Niemand darf ungestraft unsere Religion antasten! Wir treten schützend vor unsere Altäre! Wir verlangen mit aller Entschiedenheit [] Sicherung und Schutz für die Ausübung der Religion! [] Mit einer Neuordnung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat sind auch wir einverstanden. [] Aber es ist durchaus nicht gleichgültig, in welchem Geiste diese Neuregelung erfolgt! Nicht der blinde Haß gegen die Religion darf dabei das große Wort führen. Wir fordern den Geist des Verständnisses für die tiefsten Bedürfnisse der deutschen Volksseele. Nicht Uebelwollen, sondern Wohlwollen! Nicht läppischen Unverstand, sondern klare Einsicht! Nicht hastige Ueberstürzung, sondern planmäßiges Vorgehen! [] Wer da meint, für sich persönlich die Religion entbehren zu können, der wandle ungehindert seinen einsamen Pfad! Die Freiheit der Ueberzeugung sei ihm gewährleistet! [] Wer sich außerhalb der kirchlichen Gemeinschaft stellen will, dem werde kein Hindernis in den Weg gestellt! [] Aber das Recht der vielen Millionen, die eine große religiöse Gemeinschaft bilden wollen, verlangt vollen Respekt! Die hohe Würde der Kirche muß gewahrt bleiben, ihre materiellen Grundlagen müssen sichergestellt werden. [] Wir verlangen, daß die Beamten und Lehrer der bestehenden Religionsgemeinschaften in ihrer Ausbildung und in der Ausübung ihres Berufes den staatlichen Schutz genießen. [] Statt der laufenden staatlichen Geldunterstützungen eine gerechte finanzielle Abfindung! Für die finanzielle Verwaltung der Kirchen das Recht der Steuererhebung! Für die Ausübung des Kultus staatlichen Schutz! Im Lehrplan der Schule einen Platz für Religionsunterricht! Im Schulgebäude einen Raum für Religionsstunde! In keiner Lehrstunde darf in die Kindesseele Haß gegen die Religion gesät werden! Auf den Universitäten weiterhin die Möglichkeit für wissenschaftlich-theologische Studien! [] Wer anders will, der versündigt sich an unserem Volke! Eine Partei, die diese Forderungen nicht erhebt, hätte keinen Anspruch darauf, sich deutsch zu nennen. [] Die Deutsche demokratische Partei erhebt mit Nachdruck diese Forderungen. [] Ihr Wahlaufruf sagt: "Wir verlangen die Freiheit des Gewissens und der Religionsübung. Eine Trennung von Staat und Kirche ist nur denkbar unter voller Wahrung der Würde und unter Sicherung der finanziellen Selbständigkeit der Kirche." [] Deutsche Männer und Frauen! Freiheit des Gewissens und Freiheit des Glaubens! Wer diese Forderung nachdrücklich im neuen deutschen Staat erheben will, der werde Mitglied der Deutschen demokratischen Partei! Denkt daran, was euch selbst heilig ist, und was ihr euren Kindern sichern wollt, und tretet vertrauensvoll ein in die Deutsche demokratische Partei. [] Im neuen Deutschland sollen weiterhin die Kirchenglocken läuten! [] Das Wahlbüro der Deutschen demokratischen Partei [] für Teltow-Beeskow-Storkow-Charlottenburg (Potsdam X) [] Charlottenburg, Kantstraße 134 (Amt Steinplatz 1306). [] Druck: "Neue Zeit", Charlottenburg, Berlinerstr. 123 [?] [] Lesen und an Männer und Frauen weitergeben!
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