Summary: | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals;
Arnsberg, August 1953 [] JOHANN HEIDE [] Wählerinnen und Wähler! [] Am 6. September ist Bundestagswahl. Die zu treffenden Entscheidungen für die nächsten Jahre sind von schicksalhafter Bedeutung für das deutsche Volk. Auch Du wirst Dich entscheiden müssen, denn Politik ist die Summe allen Geschehens im täglichen Leben; niemand kann sich ihrer entziehen. [] Die Sozialdemokratische Partei des Wahlkreises Arnsberg-Soest hat mich zu ihrem Kandidaten auserwählt. Die Wählerschaft wird bestimmt daran interessiert sein, mich näher kennenzulernen. [] Ich bin geboren am 20. Juni 1897 zu Itzehoe, Kr. Steinburg (Holstein). Entstamme einer Arbeiterfamilie mit 13 Kindern. Nach dem Verlassen der Volksschule erlernte ich das Handwerk als Tapetendrucker. Mit 17 Jahren nahm ich am ersten Weltkrieg teil. Meine Tätigkeit nach der Rückkehr war sehr wechselvoll als Metallfacharbeiter, Bezirksleiter, Büroangestellter und Parteisekretär. [] Im Dezember 1918 wurde ich Miglied [!][Mitglied] der Sozialdemokratischen Partei und der Freien Gewerkschaft, jetzt IG Metall. Beiden Organisationen habe ich bis heute die Treue gehalten und mich darin aktiv betätigt. Der "Deutschen Friedensgesellschaft" gehörte ich seit 1924 an, und 1930 wurde ich aktives Mitglied im Reichsbanner. Im Jahre 1932 wurde ich erstmalig nominiert als sozialdemokratischer Kandidat für den Preußischen Landag [!][Landtag], zur gleichen Zeit war ich Mitglied der Amtsvertretung in Werl. [] Nach meiner Rückkehr aus der Emigration 1933-1945 übernahm ich sofort meine politische Tätigkeit im Sauerland. Die Partei entsandte mich in den ernannten Provinzialrat Westfalen und späteren Landtag von Nordrhein-Westfalen, in dem ich auch jetzt als Abgeordneter meine Tätigkeit ausübe. Gleichzeitig gehöre ich dem Kreistag Arnsberg als Mitglied an. [] Als gewählter Parlamentarier habe ich nicht nur versucht, nach bestem Wissen und Gewissen meine Aufgabe im Parlament und in der Öffentlichkeit zu erfüllen; ein Großteil meiner Arbeit erscheint unsichtbar in meinem Arbeitszimmer und an der Schreibmaschine. [] In vielen schriftlichen Eingaben und mündlichen Aussprachen an die zuständigen Instanzen und Behördenstellen habe ich versucht, im Sinne der Interpellanten und ihrer Wünsche zu handeln. Sei es in Wohnungssachen oder Kreditgestaltung, [] Wohlfahrtsfragen und Rentenangelegenheiten und deren beschleunigter Sachbearbeitung, kommunalpolitischen Dingen von dringender Bedeutung oder sonstigen Fragen des öffentlichen Lebens, immer und überall war mein aufmerksames Ohr. [] Ganz gleich, mit wem ich es zu tun hatte, ob Behördenvertreter oder Vertreter einer Organisation, aus welchem Beruf oder Stand er kommen mochte und welcher Konfession er auch angehörte, ja selbst wenn er einstmals mein schärfster Gegner war, allen gab ich meine bereitwillige Hand, sofern er gelernt und eingesehen hatte und selbst als Mensch dachte und handelte. Für mich gilt im Leben der Grundsatz: Ob arm oder reich, bei mir ist jeder gleich. [] Ich bekenne mich zu den geistigen Grundlagen der Sozialdemokratischen Partei und der von ihr geführten Politik. Sie gewährleistet nicht nur die Geistes- und Gewissensfreiheit, sondern auch die Menschenwürde in einem geordneten Rechtsstaat. [] Innenpolitisch erstrebt die Partei den Neuaufbau Deutschlands auf wahrhaft demokratischer und sozialer Grundlage. Deshalb wendet sie sich scharf gegen die sogenannte "soziale Marktwirtschaft" Erhardscher Prägung, die die Reichen wieder reicher und die Armen ärmer werden ließ, das Sozialprodukt ungleich verteilte und durch einen reaktionären Wirtschaftskurs wirtschaftliche und politische Macht in die Hände früherer Schuldiger und Verantwortlicher spielte. [] Außenpolitisch bekennt sich die Sozialdemokratie zu den Ideen der freien Welt und für den Westen. In internationaler Zusammenarbeit erstrebt sie die Gleichberechtigung Deutschlands mit den anderen Nationen und die Sicherung des Friedens durch Gleichheit im Opfer, im Risiko und in der Chance für alle Beteiligten. [] Aus dieser Erkenntnis heraus erstrebt sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit und Frieden und mißbilligt die Politik der einseitigen Vorausleistung des Bundeskanzlers Dr. Adenauer gegenüber dem Westen. Der Wiedervereinigung Deutschlands gebührt die Priorität, wobei die Bundesregierung die Initiative zu ergreifen hat mit geeigneten Vorschlägen für die Alliierten. Nur unter dem Druck der sozialdemokratischen Opposition und dem Zwang der geschichtlichen Ereignisse in der Ostzone hat sich die Bundesregierung in der letzten Zeit zu diesem Schritt bequemt. [] Ich bin Sozialist, da ich Mensch bin und im Sozialismus den Dienst am Menschen sehe. So habe ich versucht, in meinem Leben sozial zu denken und menschlich gerecht zu handeln, und ich will versuchen, es auch ferner zu tun. [] Und nun, liebe Wählerin, lieber Wähler, überprüfe und urteile, und so Du Dich entschieden hast, darf ich Dich vielleicht bitten, mir Dein Vertrauen und Deine Stimme zu geben, ich werde dieses Vertrauen zu würdigen wissen. Wenn ja, dann gib Deine Stimme dem Kandidaten der [] Sozialdemokratischen Partei. [] Johann Heide [] Kandidat der SPD [] Herausgeber: SPD, Westliches Westfalen [] Druck: Westfalendruck, Dortmund
|