Liebe Wählerin, lieber Wähler, Angestellte des öffentlichen Dienstes!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; GÜNTER MARKSCHEFFEL [] Chefredakteur [] Kandidat der SPD für die Bundestagswahl 1953 im Wahlkreis Mainz - Bingen [] MAINZ, August 1953 [] Untere Zahlbacher Straße 28 [] Tel..- Priv.: 4985 - Dienstl.- 4576 [] Liebe Wählerin, lieber Wähler, []...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Markscheffel, Günter
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/AF79AB24-B128-484E-815F-F0B99D97B137
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; GÜNTER MARKSCHEFFEL [] Chefredakteur [] Kandidat der SPD für die Bundestagswahl 1953 im Wahlkreis Mainz - Bingen [] MAINZ, August 1953 [] Untere Zahlbacher Straße 28 [] Tel..- Priv.: 4985 - Dienstl.- 4576 [] Liebe Wählerin, lieber Wähler, [] Angestellte des öffentlichen Dienstes! [] Die Zusammensetzung des Deutschen Bundestages entscheidet nicht nur über das Schicksal des deutschen Volkes im gesamten, der Deutsche Bundestag und die von ihm zu wählende Bundesregierung bestimmen in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber auch weitgehend das persönliche Schicksal der im öffentlichen Dienst des Bundes, der Länder und der Kommunen beschäftigten Arbeiter, Angestellten und Beamten. [] Ich weiß, daß Sie als Angestellter des öffentlichen Dienstes schon auf Grund der aus Ihrer beruflichen und gesellschaftlichen Aufgabe geschöpften Erfahrungen um die Bedeutung der bevorstehenden Entscheidung auch hinsichtlich der Entwicklung des Dienstrechtes der Angestellten in den öffentlichen Betrieben und Verwaltungen im Sinne einer freiheitlichen, demokratischen Staatsordnung unter Wahrung von Persönlichkeitsrecht und Menschenwürde wissen. [] Gestatten Sie mir als Kandidat der SPD für die Bundestagswahl im Wahlkreis Mainz-Bingen einige Gedanken zu Ihren speziellen Forderungen an Parlament und Regierung darzulegen, die ich Sie bitte, in Ihre Überlegungen vor der Wahl einzubeziehen. Der alte Bundestag und die jetzige Bundesregierung haben vieles versäumt, was Ihnen und den gleich Ihnen als Angestellte im öffentlichen Dienst beschäftigten Damen und Herren die Überzeugung hatte geben können, daß Ihre verantwortungsvolle - zum Nutzen von Staat und Gesellschaft geleistete - Tätigkeit voll anerkannt und gerecht bewertet wird. Sie sind mit mir sicherlich der Überzeugung, daß der Staat die ihm obliegende Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten nur sehr ungenügend erfüllt. [] Jahren der Pflichterfüllung unter den erschwerten Bedingungen der ersten Nachkriegszeit folgten nach der Währungsreform - nicht wie Sie erwarten durften - die Würdigung Ihrer geleisteten Aufbauarbeit durch entsprechende Gehaltsregelungen, sondern eine Reihe harter Auseinandersetzungen, um Ihre Vergütung den gestiegenen Lebenshaltungskosten einigermaßen anzupassen. Sie erheben mit Recht Anspruch auf die ausreichende Sicherung einer angemessenen Lebenshaltung und Ihres Arbeitsplatzes durch den endgültigen Abschluß eines neuen Bundesangestelltentarifs, der die alte und nicht mehr zeitgemäße TOA ablösen soll. Sie erwarten mit Recht, begründet durch die weitergehenden Bindungen an Ihre staatlichen oder kommunalen Arbeitgeber im Vergleich zu den Arbeitnehmern der privaten Wirtschaft, beamtenähnliche Regelung Ihrer Versorgung im Falle des Ausscheidens aus dem Dienst wegen Überschreitung der Altersgrenze oder Berufsunfähigkeit durch Ausbau der Leistungen der Angestelltenversicherung und der Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst. Sie erhoffen die endgültige Anerkennung des Leistungsprinzips in der Bezahlung durch alleinige Berücksichtigung der Tätigkeitsmerkmale bei der Eingruppierung ohne Rücksicht auf die vorhandenen Stellenpläne bezw. deren Anpassung an die tatsächlichen Verhältnisse. [] Bitte wenden! [] Ich werde als Abgeordneter nicht nur für diese berechtigten Forderungen sondern auch dafür eintreten, daß die Bestrebungen bestimmter Kreise verhindert werden, den Angestellten im öffentlichen Dienst ausschließlich in die Funktion der "nachgeordneten Hilfskraft" zurückzudrängen und werde bemüht sein, mitzuhelfen, die vorhandenen Aufstiegsmöglichkeiten in Beamtenstellen außerhalb der Laufbahnrichtlinien für Angestellte mit entsprechender Lebens- und Berufserfahrung auszubauen. [] In der Frage des Betriebsverfassungsrechts bin ich der Meinung, daß die von der Mehrheit des bisherigen Bundestages vertretene Auffassung, für den Bereich des öffentlichen Dienstes ein Sonderrecht das ein minderes Recht ist in Form des Personalvertretungsgesetzes zu schaffen, falsch ist, da hiermit keine ausreichende Grundlage für die Tätigkeit der Betriebsräte in den öffentlichen Betrieben und Versammlungen gegeben ist. [] Gemeinsam mit der Fraktion der sozialdemokratischen Partei werde ich dafür eintreten, daß die Rechte der Betriebsvertretungen im öffentlichen Dienst nicht nur nicht verschlechtert, sondern den Notwendigkeiten entsprechend ausgebaut und verbessert werden. [] Zu Abschluß dieses Briefes, in dem ich nur kurz auf Ihre Nöte und Sorgen eingehen konnte, lenke ich Ihre Aufmerksamkeit auf den beigefügten Wählerbrief. Sie finden darin meine Auffassungen zu den brennenden Fragen der deutschen Innen- und Außenpolitik dargelegt. [] Hochachtungsvoll! [] G. Markscheffel
Published:06.09.1953