SEP-Opposition

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; SEP-Opposition [] Wilhelm Buch, bisheriges Vorstandsmitglied der SEP, seit 1919 Mitglied der USPD, bei Verschmelzung Mitglied der KP geworden, 1923 zur Emigration nach Moskau gezwungen, von 1930 bis 1933 wieder in der SPD, bis September 1934...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Parteivorstand, Hannoversche Presse, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Hannover
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 04.1948
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/029EC3F9-C971-4439-BB8F-19D4166F87AA
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; SEP-Opposition [] Wilhelm Buch, bisheriges Vorstandsmitglied der SEP, seit 1919 Mitglied der USPD, bei Verschmelzung Mitglied der KP geworden, 1923 zur Emigration nach Moskau gezwungen, von 1930 bis 1933 wieder in der SPD, bis September 1934 illegal, dann verhaftet und nach Freilassung in verschiedenen Betrieben illegal tätig, nach 1945 an der Gründung der SPD Niederbayern-Oberpfalz beteiligt, dann an der Gründung der SEP teilgenommen, Generaldirektor der Provinzialbetriebe in Sachsen, ist aus der SEP ausgetreten und in die Westzonen geflüchtet. In einem offenen Brief hat er die Gründe des Austritts und der Flucht dargelegt. Wir geben seine Ausführungen ungekürzt wieder. [] Zutreiber für KP-Politik [] Ich habe bereits an meine zuständige Ortsgruppe der SEP, deren Mitglied ich bis zum April 1948 war, geschrieben, daß ich meinen Austritt aus der SEP erkläre, weil ich es mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren kann, noch länger Mitglied einer Partei zu sein, die grundsatz- und prinzipienlos ist, keine sozialistische Politik betreibt und vor allem keine deutschen, sondern ausschließlich rein russische Interessen vertritt. [] Es ist nicht meine Absicht, das Bett, in dem ich bisher geschlafen habe, nachträglich zu beschmutzen, andererseits fühle ich mich gegenüber meinen Freunden und bisherigen Gesinnungsgenossen verpflichtet, meine Stellungnahme näher zu begründen. [] Alle, die mich und meine politische Tätigkeit kennen, wissen, daß ich als leidenschaftlicher Verfechter des Einheitsgedankens stets und immer - schon vor 1933 - den Kampf um diese Einheit geführt habe. Aber eine Einheit, bei der nicht der eine versucht, den anderen zu verschlucken. Als deshalb nach dem Zusammenbruch 1945 der Berliner "Zentralausschuß der SPD" im Sinne der Einheit wirkte, da war es für mich selbstverständlich, wieder in den vordersten Reihen den Kampf für die sozialistische Bewegung aufzunehmen. Obwohl ich die KP kannte, wollte ich es nicht glauben, daß nicht auch diese Partei die Lehren aus ihrer Vergangenheit zog, die mit zur Katastrophe von 1933 geführt hat. Ich wollte es einfach nicht glauben, daß es sich hier lediglich um ein taktisches Manöver handelte, weil die Folgen der katastrophalen Politik vor 1933 zu grauenhaft und blutig waren. [] Es würde zu weit führen, die Entwicklung von 1945 bis heute im einzelnen zu analysieren, aber die zweijährige Tätigkeit in der Ostzone hat mir gezeigt, daß das, was ich nicht glauben konnte, bittere Wahrheit geworden ist. [] Die KP hat im Auftrage Moskaus, im Interesse der russischen Außenpolitik, den ehrlichen Willen der deutschen Arbeiterschaft zur Zusammenarbeit benutzt, um in einem großangelegten Betrug und mit der wohlwollenden Unterstützung der sowjetischen Besatzungsmacht diesen Willen und die Hoffnung der deutschen Arbeiterschaft für ihre eigenen Zwecke auszunützen. [] Schritt für Schritt wurden die unmittelbar vor der Vereinigung aus taktischen Ueberlegungen den Sozialdemokratenüberlassenen Positionen wieder von Mitgliedern der früheren KP besetzt. Den Sozialdemokraten wurden die sogenannten Repräsentations-Funktionen überlassen. Ich selbst und auch andere führende Genossen haben wiederholt Grotewohl Beweise für diese Behauptung übergeben. In der Praxis hat sich aber nichts geändert. Im Gegenteil, die Genossen, die Beweise für die Fraktionsarbeit der KP innerhalb der SEP erbrachten, wurden kaltgestellt und isoliert. [] Die früheren SPD-Genossen wurden praktisch zu Zutreibern für eine KP-Politik degradiert. [] Vor der "Vereinigung" der SPD angehört zu haben, ist heute in der Ostzone schlimmer, als SA-Sturmführer, Ritterkreuzträger usw. gewesen zu sein. [] Und hier setzt die Tragik ein. Wenn ein jahrzehntelanger Sozialdemokrat heute auch nur den geringsten Kontakt mit alten politischen Freunden in Berlin oder in den Westzonen aufnimmt, dann wird er als "Schumacher-Agent", als "Spion des amerikanischen Imperialismus" verfolgt, bespitzelt und eingekerkert. [] Hieraus erklärt sich auch die gesamte katastrophale Politik der SEP in den zwei Jahren ihres Bestehens. Die "Grundsätze und Ziele" der Partei wurden aufgestellt, nicht, um danach zu handeln, sondern um als Aushängeschild für eine einheitsfeindliche Politik zu dienen. Bestimmt, [] gelenkt und geleitet wird diese Politik nicht ausschlaggebend vom Parteivorstand der SEP, sondern von einer Besatzungsmacht, die in ihrem Bestreben, die Sowjetzone völlig zu beherrschen, sich dieser SEP bedient. [] Mein Weg zurück zur Sozialdemokratischen Partei, den ich jetzt beschreite, ist mir nicht leicht gefallen, [] In der Ostzone weiter zu wirken und sich offen zur SPD zu bekennen, bedeutet heute, mit den Konzentrationslagern der NKWD (GPU) Bekanntschaft zu machen. Deshalb zog ich den Weg in die Freiheit vor, die Flucht in die Westzonen, obwohl ich dadurch große materielle Verluste erleide, und weiß, daß meine bisherigen Freunde in der SEP auf Kommando der Russen und der KP mich jetzt verleumden und mit Schmutz bewerfen werden. [] Herausgeber: Vorstand der SPD. Druck: Hannoversche Presse, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Hannover.
Published:04.1948