Lieber Rentner!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; vgl. auch Signatur 6/FLBL004110; textgleiches Flugblatt aber ohne Illustrationen Liebe Rentner! [] [] Sie werden sich sicherlich noch daran erinnern können: an die letzten Augusttage 1953, kurz vor den Bundestagswahlen. Als Sie damals zu Ih...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bundesvorstand, Bonn-Druck Storbeck & Co. KG., Bonn
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: ca. 1954
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/34434688-C0ED-46B1-B671-AF5E49046F45
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; vgl. auch Signatur 6/FLBL004110; textgleiches Flugblatt aber ohne Illustrationen Liebe Rentner! [] [] Sie werden sich sicherlich noch daran erinnern können: an die letzten Augusttage 1953, kurz vor den Bundestagswahlen. Als Sie damals zu Ihrer Rentenzahlstelle kamen, wurde Ihnen ein Flugblatt der CDU in die Hand gedrückt, das Sie aufforderte, am 6. September diese Partei zu wählen. Erinnern Sie sich noch, was man Ihnen dafür versprach? Ja, Sie wissen es noch, man versprach Ihnen eine Erhöhung der Renten, die auch Sie endlich in den Stand setzen sollte, ein Leben ohne ständige Geldsorgen führen zu können. Man versprach Ihnen eine Rentenerhöhung, die es auch Ihnen gestatten sollte, nicht nur Margarine, sondern auch Butter kaufen zu können. [] Sie wurden enttäuscht. [] Der 6. September 1953 brachte der CDU, der Partei, die Ihnen Rentenerhöhungen versprochen hatte, die absolute Mehrheit im Deutschen Bundestag. Der Bundeskanzler gab in seiner Regierungserklärung vom 20. Oktober 1953 die Notlage der Rentner zu und auch er versprach Ihnen die Rentenerhöhung. Der Bundesarbeitsminister Storch sagte sogar am 6. November 1953 in Frankfurt, daß die Bundesregierung die Renten innerhalb eines halben Jahres um durchschnittlich 30,- DM erhöhen wolle. [] Nun, Sie wissen es, bisher haben Sie noch keinen Pfennig mehr Rente erhalten. Die Bundesregierung hat an viele gedacht, die es nicht nötig haben, die Rentner aber hat sie lange Monate ganz vergessen. [] Und die Not wurde immer größer. [] Da die Bundesregierung versagte, entschloß sich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, zu handeln. Sie brachte einen Gesetzentwurf ein, der Ihnen eine Sonderzulage in Höhe eines Rentenmonatsbetrages gewähren sollte. Diese Sonderzulage sollte allen Rentnern der Invalidenversicherung, der Angestelltenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung gewährt werden. - Alle Parteien der Regierungskoalition (CDU/CSU, FDP, BHE und DP) haben diesen Gesetzentwurf der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion abgelehnt. Und was bietet man Ihnen? [] Nur einen Tropfen auf den heißen Stein. [] Die Regierungsparteien haben diese Ablehnung damit begründet, daß am 1. Dezember ohnehin das vom Bundestage beschlossene Rentenmehrbetragsgesetz in Kraft tritt. Es stimmt, dieses Gesetz wird Ihnen im Dezember bei der Rentenzahlung einige kleine Vorteile bringen, aber damit ist nicht die Zeit abgegolten, für die Sie eine Rentenerhöhung nicht nur versprochen bekamen, sondern auch dringend benötigten. Und dann, dieses Rentenmehrbetragsgesetz erfüllt nur einen ganz kleinen Teil der Forderungen, die Sie zu stellen haben und die die Sozialdemokratie in Anträgen versucht hat, für Sie durchzusetzen. [] Wenn am 1. Dezember die Hälfte der Rentner nicht leer ausgeht, so haben sie das dem Antrag der SPD zu verdanken, der die von der Regierung vorgesehene Begrenzung der Rentenzulagen auf Versicherte über 65 Jahre und Witwen über 60 Jahre vorsah. Hätte die Sozialdemokratie nicht mit Leidenschaft gegen dieses Vorhaben der Regierung gekämpft, über drei Millionen Rentner hätten am 1. Dezember überhaupt nichts erhalten. [] [] Dieses Gesetz kann aber Sie und uns nicht zufriedenstellen: [] 1. Weil über eine Million Waisenkinder keinen Pfennig mehr erhalten werden. Die SPD hat mehrfach eine Beseitigung dieser Ungerechtigkeit verlangt, die Parteien der Regierung aber haben immer und immer wieder diese Anträge der SPD abgelehnt. [] 2. Ungefähr 700000 Alte, Invaliden und Witwen werden nach diesem Gesetz nur Rentenzulagen in Höhe von 1 oder 2 DM erhalten. Leider hat man einen Antrag der SPD, der Mindesterhöhungsbeträge vorsah, abgelehnt. [] 3. Eine Verhöhnung der Rentner aber ist es geradezu, daß die gewährten Rentenzulagen auf andere Sozialleistungen angerechnet werden. So wird es beispielsweise jetzt einem Kriegsbeschädigten oder Kriegshinterbliebenen passieren, daß man ihm bei der Ausgleichsrente genau den gleichen Betrag wieder abzieht, den er als Angestellten- oder Invalidenrentner durch das Rentenmehrbetragsgesetz zugelegt erhält. Ohne Herz nimmt man mit der linken Hand, was man mit der rechten gibt. [] Die SPD hat nicht nur versucht, diese groben Ungerechtigkeiten zu beseitigen, sie hat sich auch bemüht, die Grundbeträge der Arbeiterrenten zu erhöhen, die heute im Durchschnitt 30,- DM niedriger als die Angestelltenrenten liegen. Sie hat versucht, die Einführung der sogenannten Höchstbeträge, um die sich die Renten steigern dürften, abzuschaffen, und sie ist schließlich Sturm gelaufen, daß man den Rentnern eine Rentenerhöhung von jährlich 800 Millionen DM verspricht, aber nur zwei Drittel dieser Summe tatsächlich ausgibt. [] Sie wissen, [] daß die SPD nicht im Bundestage die Mehrheit hat. Sie konnte darum nicht das erreichen, was sie im Interesse der Rentner für dringend notwendig hält. Sie wird trotzdem ihre Bemühungen nicht aufgeben, um Ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. [] Erinnern Sie sich, [] was Ihnen die Regierungsparteien, der Bundeskanzler und der Bundesarbeitsminister vor dem 6. September 1953 versprochen haben? Es waren viele schöne Worte und wenige gute Taten. [] [] Wir Sozialdemokraten versprechen keine Wunder, aber wir halten unser Wort! [] [] Herausgeber: Vorstand der SPD, Bonn [] Druck: Bonn-Druck Storbeck & Co. KG, Bonn
Published:ca. 1954