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Verehrte Wählerin, [] verehrter Wähler [] der Altstadt Köln-Süd [] auf ein Wort ... [] Das Vertrauen der Wähler berief mich vor 4 Jahren das Parlament unserer Stadt. Wenn ich Sie bitte, mir bei der Wahl der Stadtverordneten am 9. November 1952 wieder Ihre Stimme zu geben, dann bedauere ich, das auf diesem etwas unpersönlichen Wege tun zu müssen. Am liebsten wäre ich nämlich selbst zu Ihnen gekommen, um Ihnen Rede und Antwort zu stehen und mich einmal darüber mit Ihnen zu unterhalten, wie Sie die Situation unserer Stadt sehen, welche Wünsche und Sorgen Sie haben. [] Sie wohnen in der südlichen Altstadt Köln, jenem Teil der Stadt, der der kölnischste ist. Er liegt Ihnen und mir ganz besonders am Herzen. jetzt werden Sie sicher an die zurückliegende Zeit denken und überlegen, was hier, im nächsten Umkreis Ihrer Wohnung für Sie, Ihre Nachbarn, für die Bürger der Stadt getan wurde. Darf ich Ihrem Gedächtnis zu Hilfe kommen? Erinnern Sie sich des trostlosen Bildes, das damals dieser so überaus schwer vom Bombenkrieg betroffene Stadtteil zeigte? Fast hoffnungslos lagen die Trümmer der Häuser in dem einst dichtbevölkerten Viertel da. Trampelpfade führten durch eine Einöde, die lichtscheuen Elementen Unterschlupf bot. Abends ragten die Ruinen gespenstisch in den Himmel. Heute sind die Flächen fast entschuttet, Laternen erhellen die Wege und die Ordnung ist wiedergekehrt. Eine starke Bautätigkeit hat eingesetzt, die dem Stadtteil, in dem Sie wohnen, ein betontes Gesicht geben wird. Die City erweist sich nach wie vor als der geschäftliche Mittelpunkt unserer Stadt. [] Wir alle freuen uns dieser Bautätigkeit von Herzen. Aber - Hand aufs Herz! - haben wir nicht alle den Wunsch gehabt, gerade in der Altstadt müsse nun auch mit dem Bau vorbildlicher und preiswerter Wohnungen begonnen werden? Mich hat diese Frage besonders bewegt. Und schließlich haben meine Bemühungen zu den ersten Erfolgen geführt. Das Griechenmarktviertel zeigt an Beispielen, wie dort künftig die Wohnstraßen aussehen werden. Mein Bestreben, den Kern unserer Stadt mit neuem Leben zu erfüllen, setzte sich durch und führte zu dem Plan, die Häuser am Griechenmarkt zu bauen, die in diesen Tagen ihren Bewohnern übergeben werden. [] Sie meinen, es wären noch nicht genug Wohnungen gebaut worden? Dem stimme ich zu, denn die unerträgliche Wohnungsnot verlangt besondere Maßnahmen. Auch meine Freunde und ich hätten gern gesehen, wenn im gleichen Bauprogramm mehr Wohnhäuser erstellt worden wären. Aber der Wohnungsbau stößt in der Altstadt auf bedeutende Hindernisse. Hauptgrund: die einzelnen Grundstücke sind zu klein parzelliert, so daß sich mehrere Grundstückseigentümer zusammenfinden müssen, wenn sie bauen wollen. Sie wissen selbst, wie schwierig es ist, mehrere Leute unter einen Hut zu bringen. Neue Gesetze auf dem Gebiete des Bau- und Bodenrechtes, die den Wiederaufbau erleichtern sollen, sind vom Bundestag noch nicht verabschiedet worden. Deshalb werde ich mich dafür einsetzen, daß mit allen Mitteln weitere Wohnungen erstellt und alle Bestrebungen, ein Eigenheim zu erwerben, gefördert werden. [] Da ist noch ein anderes Problem, nicht weniger wichtig als die Wohnungsfragen: die Schulen. Wenn Sie selbst Kinder haben, werden sie Ihnen besonders am Herzen liegen. Die wiedererrichtete schöne Schule in der Trierer Straße kennen Sie sicher. Sie hat viele Eltern von einer großen Angst befreit, denn die Kinder können jetzt gefahrloser zur Schule gehen, weil sie die Ringstraße nicht mehr überqueren müssen. Daß der Wiederaufbau dieser Schule nicht zuletzt der Initiative der Rathausfraktion der SPD zu verdanken ist, wird Ihnen bekannt sein. [] Die Einplanung von Spielplätzen, Kindergärten und Horten ist gerade für die Altstadt ein dringendes Erfordernis. Mit dem Kindergarten in der Rheinaustraße, dessen Grundstein ich vor einiger Zeit legen durfte, wurde ein guter Anfang gemacht. Unsere Kinder wollen auch inmitten der Stadt Licht, Luft und Sonne zum Spiel haben. [] Der Straßenverkehr in Köln hat Formen angenommen, die Ihnen oft die Haare zu Berge stehen lassen. Wenn Sie mir jetzt sagen: Da muß etwas geschehen, muß ich Ihnen recht geben. In Ihrem Viertel ist es die Rheinufer-Straße, die uns allen das meiste Kopfzerbrechen macht. Nun, ich kann Ihnen verraten: Sie wird demnächst breiter werden. Und wir werden Möglichkeiten schaffen, die auch dem Fußgänger zu seinem Recht verhelfen. Denn hier ist ja doch die Gegend, in der man an schönen Abenden gern einmal am Ufer entlang promeniert, wie es schon die alten Kölner taten. Wir werden ungefährliche Fußgängerübergänge schaffen und es möglich machen, daß man in der Rheinpromenade ungestört spazieren gehen kann. [] Sind Sie, lieber Leser, Handwerker, Einzelhändler oder Gewerbetreibender des Severinsviertels, so werden Sie meine Anregungen verstehen, diesen Teil unserer Altstadt durch eine zweckmäßige Verkehrslenkung und eine sinnvolle Bildung von Schwerpunkten durch Großbauten zu beleben. [] Damit dürfte ein wirtschaftlicher Aufschwung Ihres Stadtteils erwartet werden können. [] Noch fehlt in der Innenstadt eine Badeanstalt und ein Hallenschwimmbad. Im Interesse der Volksgesundheit darf die Lösung dieser dringenden Aufgabe nicht länger hinausgezögert werden. Ich werde mich bemühen, sie mit der gleichen Sorgfalt wie den Wohnungs- und Schulbau zu betreiben. [] Für die kulturellen Belange, Pflege und Erhaltung der wertvollen kirchlichen und profanen Baudenkmäler dieses Viertels werde ich stets verständnisvoll eintreten. Denn diese Dinge gehören zu Köln, um ihretwillen lieben wir ja diese Stadt (wenn wir auch mit dem Wort "Liebe" in diesem Zusammenhang sehr zurückhaltend sind), Sie machen ja für uns die Stadt, das "Veedel", die engere Heimat aus. [] Sie, lieber Wähler, haben einen kurzen Überblick über einige Probleme Ihres Bezirks erhalten. Vieles bleibt ungesagt, weil ich Ihre Geduld nicht so sehr beanspruchen wollte, denn vielfältig ist das Leben in einer Stadt von der Bedeutung Kölns. Nicht alle Aufgaben lassen sich auf der Ebene der Kommunalpolitik lösen. Aber in jedem Falle ist es notwendig, einen festen Standpunkt zu den Problemen einzunehmen. Ich stehe seit 33 Jahren in der kommunalen Praxis unserer Stadt und kenne die Sorgen, Nöte und Wünsche aller Schichten. Mein Ziel ist das Wohl der Stadt und ihrer Bürger. [] Um dieses Ziel zu erreichen, sollten sich alle Wähler, besonders die Frauen und die Jungwähler, bewußt werden, daß sie unsere schwer zerstörte Stadt für die heranwachsende und für die künftige Generation zu gestalten haben. Die rheinische Metropole hat bewiesen, daß sie sich ihre innere Lebenskraft bewahrt hat. Wir haben manches geschaffen, noch mehr bleibt uns zu tun. Wir verlangen zu dem Aufbau unserer Stadt eine gerechte Unterstützung der Landes- und der Bundesregierung, aber vor allem die rückhaltlose Unterstützung unserere [!] Mitbürger. Wahlrecht bedeutet Wahlpflicht! [] Die SPD und ihre Vertreter im Rathaus haben bewiesen, daß sie sich in ihrer Liebe zu ihrer Stadt von niemandem übertreffen lassen. Sie schätzen die kulturellen Werte Kölns, aber sie wollen die Stadt bei aller Ehrfurcht vor den überkommenen Gütern für alle Bürger neugestalten. Insbesondere sollen die Mitbürger, die bisher auf der Schattenseite des Lebens standen, sich mit ihrer Stadt verbunden fühlen. [] Sie, lieber Wähler, haben sich am g. November zu entscheiden. In Ihrer Hand liegt die Entwicklung der Stadt Köln für die nächsten 4 Jahre. "In Ihrer Hand" - das bedeutet: Sie bestimmen das Schicksal Kölns. Sie und Ihre Familie, Ihre Nachbarn, Ihre Freunde, die Bürger dieser Stadt. Sie haben zu wählen. Nicht nur Ihre Beauftragten, die Stadtverordneten, sondern Sie haben zu wählen, ob Köln noch schöner, ob alles noch besser, bequemer, angenehmer werden soll bei uns. Ich bin bereit, Ihnen - und damit Köln - zu helfen. Darum bitte ich Sie, mir Ihre Stimme zu geben und mich zu beauftragen, für Sie und die ganze Stadt als Stadtverordneter tätig zu sein. Ihr [] R. Görlinger [] Wählen Sie Nr. 4 der Liste: Robert Görlinger
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