Summary: | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Das am 6.3.1956 verabschiedete Soldatengesetz bildete die Grundlage für die am 21.6.1956 eingeführte Wehrpflicht; Siehe auch 6/FLBL006287
2 Entscheidungen! [] Am 6. März 1956 hat der Deutsche Bundestag zwei verschiedene Entscheidungen sehr ungleicher Art getroffen. [] Die eine Entscheidung ist: der Beschluß über das Soldatengesetz. [] Die andere Entscheidung ist die Änderungen des Grundgesetzes. [] Das Soldatengesetz ist durch die Mehrheit der Kanzlerparteien, gegen die Sozialdemokraten, beschlossen worden. Es ist ein Unglück für unser Volk. [] Die Grundgesetzänderungen dagegen sind durch die Sozialdemokraten gegen den Willen des Bundeskanzlers erreicht worden. Sie sind ein Schutz für den Staatsbürger und für die Demokratie. [] Das Soldatengesetz beruht auf der gegen die Sozialdemokrade beschlossenen Verfassungsänderung vom 26. März 1954. Es dient in Ausführung der Pariser Verträge der weiteren Aufrüstung, die ein Unglück für unser Volk ist. [] Dieser Beschluß über das Soldatengesetz bedeutet: [] - In Kürze werden wieder Hunderttausende Junge Deutsche in die Kasernen einrücken. [] - Zahllose Mütter und Väter werden wieder um das Leben Ihrer Söhne bangen. [] - Zwei deutsche Armeen werden sich auf deutschem Boden in zwei feindlichen Militärblöcken gegenüberstehen. [] - Die Aussichten für die Wiedervereinigung Deutschlands sind damit wesentlich verschlechtert. [] Dieses Soldatengesetz haben die Sozialdemokraten abgelehnt. [] Aber die Kanzlerparteien haben es durchgedrückt. [] Anders steht es mit den Änderungen des Grundgesetzes. [] Weil die Mehrheit - gegen die Sozialdemokraten - die Aufrüstung beschlossen hat, [] weil die Aufrüstung durch die Pariser Verträge Tatsache geworden ist, [] deshalb haben die Sozialdemokraten in monatelanger, zäher Arbeit und gegen die Absichten des Bundeskanzlers Änderungen des Grundgesetzes beantragt und erreicht. [] Diese Änderungen des Grundgesetzes bedeuten: [] - Frauen sind von jeglicher Wehrdienstpflicht befreit. [] - Zum Schutz der Grundrechte der Soldaten und zur parlamentarischen Kontrolle der Bundeswehr wird ein besonderer Wehrbeauftragter des Bundestages berufen. [] - Die Soldaten sind berechtigt sich bei diesem Parlaments-Wehrbeauftragten zu beschweren. [] - Die Soldaten bleiben berechtigt Petitionen direkt an den Bundestag zu richten. [] - Der Verteidigungsausschuß des Bundestages wird zum ständigen Untersuchungsausschuß für die Bundeswehr. [] - Der Vorrang der zivilen Gewalt vor der militärischen wird gesichert. [] - Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen können ihren Ersatzdienst außerhalb der Streitkräfte leisten. [] - Die Streitkräfte dürfen nicht bei innerdeutschen Notständen, etwa Generalstreik, eingesetzt werden. Spätere endgültige Regelung bedarf eines Verfassungsgesetzes mit Zweidrittelmehrheit des Bundestages. [] Mit diesen Grundgesetz-Änderungen wurde erreicht, daß die Bundeswehr nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung sprengt und daß auch die Soldaten als Menschen und Staatsbürger behandelt werden und gegen Willkürakte gesichert sind. [] Darum haben die Sozialdemokraten diese Grundgesetz-Änderungen erkämpft. [] SPD [] Herausgeber: Vorstand der SPD, Bonn - Druck: DRUCKHAUS DEUTZ
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