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FRITZ HEINEMANN [] Oberbürgermeister der Stadt Bochum [] Bochum, im September 1961 [] An alle wahlberechtigten Frauen und Männer [] in Bochum [] Liebe Bochumer Mitbürger! [] Sie stehen in diesen Tagen vor einer schwerwiegenden Entscheidung. Die Bundesrepublik wählt einen neuen Bundestag. Ich bin sicher, daß niemand sich seine persönliche Entscheidung leicht machen wird. Zuviel steht auf dem Spiel. Wir brauchen Frauen und Männer im Bundestag, die mit heißem Herzen die Verwirklichung des demokratischen und sozialen Bundesstaates anstreben, wie ihn das Grundgesetz vorschreibt. [] Es kann uns auch aus unserer lokalen Bochumer Sicht nicht gleichgültig sein, welche politische Gruppe in den nächsten vier Jahren den Kurs bestimmen wird. Wir alle wissen, wie eng die Bundespolitik mit der Kommunalpolitik verzahnt ist. Die jetzige Mehrheit des Bundestages ist den Gemeinden nicht freundlich gesonnen gewesen. Die großen Gemeinschaftsaufgaben sind vernachlässigt worden. Das muß anders werden und es kann anders werden. Auch Ihre Entscheidung am 17. September spielt eine wichtige Rolle. [] Ein neuer Geist muß endlich durch unsere Lande gehen, ein Geist der Achtung vor dem Nächsten und der Aussöhnung der Generationen. So steht es im Regierungsprogramm der Sozialdemokratie. Wir Deutsche sind trotz allem eine Familie, Glieder einer Schicksalsgemeinschaft. Wir brauchen einen Staat, den jeder Bürger als seine wirkliche Heimstätte betrachten kann. [] Für diese Grundsätze triff mein Freund Dr. Heinrich Deist ein. Sie alle kennen ihn nicht nur als einen hervorragenden Wirtschaftsexperten, wir Bochumer schätzen auch seine vornehme menschliche Haltung. Ihm gehört meine Stimme. [] Jeder Bürger unserer Bundesrepublik trägt Verantwortung. Keiner kann sich dieser Verantwortung entziehen. Alle müssen aufgerüttelt werden, um in ihnen den Funken der Selbstverantwortung zu entzünden. Ich möchte mich an alle Arbeiter und Angestellte, an Bauern und Handwerker, an den Geschäftsmann und den Techniker wenden, an jene Frauen und Männer, die ihre Heimat verloren haben, an alle, die aus der Katastrophe des letzten Krieges gelernt haben, gemeinsam mit der Sozialdemokratie eine bessere und gerechtere Ordnung zu schaffen, eine Ordnung, die des Menschen würdig ist. [] Hinter Dr. Heinrich Deist und Willy Brandt steht eine Partei, die bereit ist, die Verantwortung für den Weg in die Zukunft zu übernehmen. [] Mit freundlichem Gruß [] Ihr Fritz Heinemann
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