Für Deutsche Verständigung

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Stempelaufdruck: "Eigentum des Vorstandes der SPD"<NZ>Das Flugblatt hat einen farbigen Aufkleber in Form einer bundesdeutschen Fahne mit der Aufschrift: "Für den Frieden: Ost und West an einen Tisch!" Für []...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Geissen, Hermann
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 30.11.1950
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/F8E06910-D0C9-4824-A880-973750C8456D
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Stempelaufdruck: "Eigentum des Vorstandes der SPD"<NZ>Das Flugblatt hat einen farbigen Aufkleber in Form einer bundesdeutschen Fahne mit der Aufschrift: "Für den Frieden: Ost und West an einen Tisch!" Für [] DEUTSCHE VERSTÄNDIGUNG [] Am 30. Dezember 1950 wurde Herrn Bundeskanzler Dr. Adenauer ein Schreiben überreicht, in welchem sich zahlreiche Persönlichkeiten des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens an die verantwortlichen Politiker Westdeutschlands und an die deutsche Oeffentlichkeit wenden, um die sofortige Aufnahme von Besprechungen zwischen den Vertretern Ost- und Westdeutschlands zu erreichen. Die Erklärung hat folgenden Wortlaut: [] "In ernstester Stunde wenden wir uns an Sie, in einer Stunde, in der die Gefahr neuen Völkermordens in schrecklich greifbare Nähe gerückt ist. In einem Augenblick, da die Spalten der Presse erfüllt sind von der grauenvollen Drohung des Einsatzes von Atombomben, von den Meldungenüber die unmittelbar bevorstehende Aufstellung neuer Truppenkontingente, die Errichtung von Rekrutierungsbüros sowie dem Anlaufen der Rüstungsproduktion in größtem Ausmaße und angesichts der Tatsache, im Falle eines Krieges Deutschland als ersten Kriegsschauplatz zu sehen, wo auch Deutsche gegen Deutsche kämpfen müßten, halten wir uns verpflichtet, jede - aber auch jede - Möglichkeit eines friedlichen Auswegs wahrzunehmen. Aus diesem Grunde halten wir es für notwendig, von allem Trennenden abzusehen und angesichts des unbestreitbaren Friedenswillens, der alle Teile des deutschen Volkes beherrscht, den Weg einer deutschen Verständigung zur Wiederherstellung der deutschen Einheit zu suchen [] Wir sind überzeugt, daß trotz aller Gegensätze zwischen Ost- und Westdeutschland die Wurzel der Kriegsgefahr nicht im deutschen Volk selbst liegt. Darum muß es möglich sein, das Angebot des Ministerpräsidenten Otto Grotewohl an Bundeskanzler Dr. Adenauer zur Besprechung über die Wiederherstellung der deutschen Einheit sachlich zu erörtern und anzunehmen. In Anbetracht der unabsehbaren Folgen, die mit der Ablehnung der angebotenen Besprechung verbunden sind, glauben wir, nicht schweigen zu dürfen, sondern unsere Stimme für die Verständigung erheben und auch Ihre Zustimmung dafür erbitten zu müssen. [] Wir wenden uns mit diesem Ruf zur Verständigung an alle Deutschen, damit sie - wo immer sie stehen - gleich uns an die verantwortlichen Politiker Westdeutschlands die Forderung richten, die dargebotene Verhandlungsmöglichkeit nicht auszuschlagen. Wir hoffen, daß dieses Wort alle Organisationen unseres politischen und wirtschaftlichen, kirchlichen und kulturellen Lebens erreicht und dazu beiträgt, um von ihrer Seite mit weit größerem Gewicht aufgegriffen zu werden. [] Wir unternehmen diesen gemeinsamen Schritt nur aus der Verantwortung vor unserem Gewissen und unserem Volke. Möge es in dieser schicksalsschweren Stunde die Entscheidung treffen und so endlich den Weg zum Frieden finden!" [] Die Erklärung ist u. a. von folgenden Persönlichkeiten unterzeichnet: [] Paul Andrae, Geschäftsführer, Freiburg i. Breisgau Fritz Balduf, Betriebsleiter, Gemeinderat, Altlußheim Dr. jur. Wilhelm Bermann, Rechtsanwalt, Nürnberg Sergius v. Chrustschoff, Domänenverwalter, Weinheim Matthias Beckers, Pfarrer, Düsseldorf-Stockum Dr. Dammes, Augenarzt, Weinheim Albert Denecke, Oberbaurat a. D., Düsseldorf Kurt Desch, Verleger, München Dr. Ludwig Döderlein, Deutsche Friedensakademie, München Minnie Dörrenberg, Düsseldorf Konrad Drescher-Hausen, Musikdirektor, Nürnberg C. Eitel, Kaufmann, Nürnberg Wilhelm Elfes, Oberbürgermeister i. R., M. Gladbach Martin Erle, Gewerkschaftssekretär, Heidelberg Hedda Eulenberg, Düsseldorf-Kaiserswerth Friedrich I, Rechtsanwalt, Wiesbaden Günther Geisler, Kaufmann, Nürnberg Dr. phil. Hermann Geissen, Wuppertal Manfred Gräf, Student, Kaiserslautern Arthur Grüber, musikalischer Oberleiter der Staatsoper und des Philharmonischen Staatsorchesters, Hamburg Johannes von Günther, Schriftsteller, Kochel/Obb. Dr.-Ing. Willy Hartlapa, Unkel I. Wilhelm Hauer, Universitätsprofessor, Tübingen K.-H. von der Heim, ehem. HJ-Bannführer, Herne Karl Heinrich Hodes, Organist u. Dozent, Düsseldorf Ernst Hoferichter, Schriftsteller, München Klara Harnack, Kunstmalerin, Neckargemünd Dr. phil. et theol. Alois Hompf, Nürnberg Katharina von Kardorff-Oheimb., Düsseldorf Magda Keitel, Journalistin, Weinheim Cläre Kirschbaum, Duisburg Ernst Kreißig, Dir. d. Waggonfabrik, Krefeld-Uerd. Kuhn, Geschäftsführer, Frankfurt-Fechenheim Hans Kurth, Schriftleiter, Tübingen Martin Lenhard, Bürgermeister a. D., Heidelberg Georg Loske, Oberingenieur, Hannover Dr. Friedrich Maase, Notar, Düsseldorf Karl Niestrath, Bildhauer, Hagen Dipl.-Ing. Oskar Neumann, München Freiin Frau von Odenberg, Neckargemünd Ernst Penzoldt, Schriftsteller, München Ulrike Piper, Verlagslektorin, München Johann Preßl, Fabrikant, Nürnberg Wilhelm Puff, Rektor, Nürnberg-Unterferrieden Hella Ridder, Düsseldorf Albert Sahm, Bürgermeister, Altlußheim Dr. Pauline Schickert, Stadtschulrätin, Nürnberg Carl Christian Schmid, Staatssekr. a.D., Düsseldorf Christian Schmieder, Schauspieler, Frankfurt a. M. H. Schmitz v. Garssen, Krankenschwester, Düsseldorf Georg Schwarz, Schriftsteller, München Dr. Karl Stritzke, Rektor, Nürnberg Gustl Sturm, Jugendsekretär des DGB, München Friedrich Sydow, Oberingenieur, Kiel Christa Thomas, Düsseldorf Johannes Tralow, Schriftsteller, Gauting b. München E. Volz, Landesjugendpfarrer, Augsburg Dr. Hans Weiß, Direktor, Düsseldorf Willy Weismann, Verleger, München Hans Wilms, Student, Düsseldorf Hans Wöllje, cand. theol., Düsseldorf Tom Zahn, Lehrer, Nürnberg Dr. Manfred Zapp, Journalist, Düsseldorf [] Die Unterzeichner geben der Hoffnung Ausdruck, daß ihr Schritt nicht ohne Einfluß auf die Entscheidung der Staatsmänner bleiben wird und bitten zur Unterstützung ihrer Bemühungen um die Zusendung von Zustimmungserklärungen an Herrn Dr. Hermann Geissen, Düsseldorf, Postfach Postamt 4 4033 [] FÜR DEN FRIEDEN SPRECHEN: [] Herr Arthur Grüber, musikalischer Oberleiter der Staatsoper und des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg, schreibt: [] "... mit Bekanntwerden des Angebots (des Ministerpräsidenten Grotewohl) sah ich darin die Möglichkeit einer Entspannung. Um so größer ist meine Sorge über die bisherige Stellungnahme Westdeutschlands." [] Herr Emil Volz, Pfarrer in Augsburg, schreibt: [] "... jede Friedensresolution findet meine rückhaltlose Unterstützung und damit auch meine Unterschrift. Besonders begrüße ich es, wenn sich - über alle politischen und konfessionellen Differenzen hinweg Menschen zur Erhaltung des Friedens zusammenfinden. Es muß gelingen! ..." [] Herr Gustl Sturm, Jugendsekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes, München, schreibt: [] "... ich erkläre mich bereit, einem Arbeitsausschuß beizutreten, der die Voraussetzungen schafft für Verhandlungen der deutschen Bundesregierung und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik ..." [] Herr Ernst Rowohlt, Verleger, Hamburg, sagt: [] "... ich würde mich sehr freuen, wenn der Schritt Otto Grotewohls ein positives Resultat ergibt und gesamtdeutsche Verhandlungen im Rahmen der Vorschläge der Regierung der DDR zustande kommen." [] Herr Meyle, Oberbürgermeister der Stadt Heilbronn, sagte anläßlich einer Gedenkfeier für die Opfer des Luftangriffes auf Heilbronn: [] "... Noch sind die Schrecken des 4. Dezembers 1944 in unserem Gedächtnis und schon wieder droht ein ähnliches Unheil. Wir müssen alles daransetzen, um ein solches abzuwenden. Es muß uns gelingen, den Freund im Osten zu suchen, um zu einer Verständigung zu kommen ..." [] Herr Rudolf Baer, Betriebsratsvorsitzender der MAN-Werke, Nürnberg, erklärte: [] "Ich begrüße, wenn sich Deutsche aus Ost und West mit ehrlichem Willen zur Verständigung zusammensetzen, um alle Möglichkeiten zu erörtern, die zu einer Wiedervereinigung Deutschlands und durch gesamtdeutsche Wahlen zu einer einheitlichen Regierung führen können." [] Herr Walter von Molo, Schriftsteller, sagt zum Grotewohl-Brief: [] "... Soweit ich die Sachlage nach den mir vorliegenden Pressemitteilungen beurteilen kann, muß alles (es hätte bereits lange geschehen sollen!), aber auch alles für die friedliche Verständigung zwischen Ost und West getan werden. Dann werden Ost- und Westdeutschland auch endlich wieder die natürliche Einheit bilden, ohne die keines von ihnen auf Dauer zu bestehen vermag. Erst wenn Deutschland lebt, hat Europa Ruhe; das müßte, zumindest seit Versailles, bekannt sein. Jede längere künstliche Trennung von Ost- und Westdeutschland trägt zur allgemeinen Kriegsgefahr in höchstem Maße bei. Es muß daher sofort und mit aller Kraft und mit aller Ehrlichkeit von den übriggebliebenen Großmächten, die diese Verpflichtung feierlich übernahmen, ein Friede verhandelt und geschlossen werden, ebenso muß gleichzeitig das Gespräch zwischen West- und Ostdeutschland endlich in Gang gebracht und bis zu einem vernünftigen Ende fortgesetzt werden. [] Ein sogenannter Privatmann, einer, der sich einbildet, daß es so etwas gäbe, kann mit seinem wirklichen oder vermeintlichen Gegner vielleicht anders handeln, Politiker und Staatsmänner aber, die für viele Millionen von Menschen die Verantwortung tragen müssen, ohne jeden Zeitverlust selbstlos das Letzte aufbieten, um einen neuen Kriegsausbruch zu verhindern. Keiner vergesse, in seinem eigensten Interesse, heutzutage bedeutet unversöhnliche Gegnerschaft für jeden Selbstvernichtung! Diesmal geht es nicht nur endgültig um das Bestehen Deutschlands, sondern um das Leben aller Menschen auf der Erde, heute lassen sich Kriege nicht mehr wie früher "lokalisieren". [] Mögen Menschlichkeit und Vernunft bald durch eindeutige und offene Verhandlungen einen wahren Frieden schaffen, denn dieser sogenannte Friede, in dem wir angeblich leben, war nie ein Friede, ist kein Friede! Wie gerne verhandelten heute die vielen Millionen Toter miteinander, hätte sie nicht der Krieg, der nie Glück schaffen kann, dahingemordet." [] Verantwortlich: Dr. Hermann Geissen, W.-Elberfeld.
Published:30.11.1950