Ernst Thälmann hinter den Gittern

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Ernst Thälmann hinter den Gittern [] des Hitler-Gefängnisses hatte 1939 nur eine Hoffnung: [] "Jetzt wird uns die Freiheit gegeben, denn die russischen Genossen verlassen uns nicht", [] sagte er zu seinen Mitgefangenen, als er im Ge...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Parteivorstand, Hannoversche Presse, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Hannover
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1947 - 1948
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/0D1703A2-C51C-4016-8938-CDA3E9625B85
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Ernst Thälmann hinter den Gittern [] des Hitler-Gefängnisses hatte 1939 nur eine Hoffnung: [] "Jetzt wird uns die Freiheit gegeben, denn die russischen Genossen verlassen uns nicht", [] sagte er zu seinen Mitgefangenen, als er im Gefängnis von dem Nichtangriffspakt und Freundschaftsabkommen Kunde erhielt, das zwischen Hitler und Stalin im August 1939 abgeschlossen wurde. [] "Jetzt wird uns die Freiheit gegeben, denn die russischen Genossen verlassen uns nicht", wiederholte er, "hat man doch Matthias Rakosi*) 1919 gegen ein paar Nationalfahnen ausgetauscht und aus ungarischen Gefängnissen befreit." [] Thälmann täuschte sich! [] Sein Parteifreund Stalin, der gerade jenen herzlichen Händedruck mit Hitlers Außenminister Ribbentrop gewechselt hatte, den die "Westfälische Landeszeitung" vom 27. September 1939, aus der auch dieses Bild stammt, "den Wendepunkt in der Geschichte Deutschlands und Rußlands" nennt, dachte gar nicht daran, sich für ihn einzusetzen. Seine Politik hatte er schon 1934 auf dem 17. Parteitag der Kommunisten Rußlands verkündet: [] *) Matthias Rakosi, jetzt stellv. Ministerpräsident in Ungarn. [] "Wir haben keine Orientierung auf Deutschland, ebensowenig wie wir uns auf Polen oder Frankreich orientieren. Wir orientieren uns in Gegenwart und Zukunft nur auf die Sowjetunion, nur auf die Sowjetunion!" [] Der Vorsitzende der Kommunistischen Partei in Deutschland, Ernst Thälmann, wurde den Interessen der Diktatoren in Rußland geopfert. Er wurde nicht entlassen. Er wurde nach sechsjähriger Gefängnis- und Konzentrationslagerhaft unter erschwerten Bedingungen weiter in Haft behalten, bis er 1943 zusammen mit dem Vorsitzenden der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion, Dr. Rudolf Breitscheid, im Konzentrationslager Buchenwald zu Tode kam. [] Es wäre für die russischen Machthaber ein leichtes gewesen, in den Freundschaftspakt mit Hitler im August 1939 eine Vertragsklausel einzubringen, die eine sofortige Freilassung Ernst Thälmanns und aller anderen kommunistischen und sozialdemokratischen Gefangenen Hitler-Deutschlands gebracht hätte. Die Nazis hatten ein außerordentlich großes Interesse am Abschluß des Vertrages und waren bereit, ganz andere, für sie viel schwerwiegendere Konzessionen zu machen, als die Freigabe einiger Tausend deutscher Antifaschisten. [] Nichts dergleichen geschah. Keinerlei Anstrengungen dieser Art wurden gemacht. Im Gegenteil, Hunderte von deutschen Kommunisten, und anderen Antifaschisten, die im Vertrauen auf die angeblich sozialistische Führung Rußlands während der Nazizeit nach Rußland geflohen waren, wurden 1939 bis 1940 von der russischen geheimen Staatspolizei an die deutsche Grenze überstellt, den deutschen Nazis und damit Konzentrationslager und in vielen Fällen dem Tode ausgeliefert. Das war der Dank der russischen Kommunistischen Partei für die illegale Arbeit, die Hunderte von Kommunisten, im Glauben für den Sozialismus zu kämpfen, geleistet hatten. [] Sie waren ebenso wie Ernst Thälmann, der Führer der deutschen Kommunisten, Schachfiguren im politischen Spiel der russischen Diktatoren, die weggeworfen wurden, als sie nicht mehr nützlich schienen. Zur Zeit werden überall in Europa neue Schachfiguren gesucht, instinktlose Bürgerliche, die wie geduldige Schafe der "Volksdemokratie" in die Fänge trotten sollen, und ahnungslose Arbeiter, die man an ihrer Sehnsucht nach sozialer Gerechtigkeit mit den ehrwürdigen Parolen der Arbeiterbewegung ködern möchte. [] Während in Rußland Millionen Arbeiter und Bauern seit Jahrzehnten weit unter jedem europäischen Lebensstandard fronen und von jedem freien Geistesleben abgeschlossen sind, weitere Millionen im Osten Europas in der Gefahr schweben, auf den gleichen Tiefstand gedrückt zu werden, sucht man hier bei uns gutgläubige und willenlose Marionetten, die auf Befehl Moskaus SEP/KP-Arbeit leisten sollen und die man bedenkenlos beiseite wirft, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben. [] Uns braucht weder ein Söldling Moskaus noch irgendein politisch mißbrauchter Spießer die Einheit Deutschlands zu predigen, sie ist uns Selbstverständlichkeit. Sie ist ebenso selbstverständlich wie die europäische Zusammenarbeit. [] Zur Einheit aber wünschen wir ebenso leidenschaftlich [] die Freiheit, [] die Meinungs- und Gewissensfreiheit, und die Menschenrechte freier Männer und Frauen in einer echten Demokratie der sozialen Gerechtigkeit. [] Der schaffende Deutsche läßt sich nicht für die durchsichtigen Ziele totalitärer Machthaber, einspannen, er kämpft, mit allen seinen Kräften [] für ein einiges sozialistisches und demokratisches Deutschland in einem freien Europa. [] Herausgeber: Vorstand der SPD. Druck: Hannoversche-Presse Druck- und Verlagsgesellschaft m. b. H., Hannover.
Published:1947 - 1948