Ein persönliches Wort richtet an Sie Prof. Dr. Ludwig Preller

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Ein persönliches Wort richtet an Sie [] Prof. Dr. Ludwig Preller [] Liebe Wählerin, lieber Wähler! [] Ich hoffe, daß Sie mich kennen: Ich bin der bisherige Bundestagsabgeordnete für Kassel Stadt und Land, der vor zwei Jahren mit großer Mehrh...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/6CBE8104-2B71-4FD2-9165-C05EC8745398
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Ein persönliches Wort richtet an Sie [] Prof. Dr. Ludwig Preller [] Liebe Wählerin, lieber Wähler! [] Ich hoffe, daß Sie mich kennen: Ich bin der bisherige Bundestagsabgeordnete für Kassel Stadt und Land, der vor zwei Jahren mit großer Mehrheit gewählt worden ist. [] Trotzdem darf ich mich Ihnen noch einmal vorstellen: [] Dr. Ludwig Preller, Sozialpolitiker; als Professor und Dozent an der Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt arbeite ich vor allem mit jungen Menschen zusammen, die als Arbeiter, Angestellte oder Beamte ihr Wissen ein Jahr lang an der Akademie erweitern wollen. Auch im übrigen habe ich in meinem Leben die Welt der praktischen Arbeit von Grund auf kennen gelernt, schon als Werkstudent, dann als Bergmann unter Tage, als Gewerbeaufsichtsbeamter und während der NS-Zeit in einem großen süddeutschen Textilbetriebe. [] Meine wissenschaftliche Tätigkeit wie meine sozialistische Überzeugung haben mich früh in die sozialpolitische Arbeit gebracht; im letzten Jahre habe ich mit sachverständigen Freunden vor allem am sozialdemokratischen Sozialplan gearbeitet, der endlich Ordnung in das Gewirr der Bestimmungen über Sozialversicherung, Versorgung und Fürsorge bringen soll, außerdem ausreichende Renten aus einer Hand, für alle Deutschen eine bessere Gesundheitshilfe und vor allem Vorsorge vor den großen Volkskrankheiten. [] Wir Sozialdemokraten meinen, daß, trotz mancher Lebensverbesserungen in den letzten Jahren, doch noch unzählig Viele kaum wissen, wie sie leben sollen, Rentner, Arbeitslose, Alte, Kranke. Vor allem muß endlich einmal die Hausfrauenarbeit als eine notwendige Leistung für das gesamte Volk eingeschätzt und deshalb z. B. auch den Hausfrauen eine soziale Sicherung für ihr Alter gegeben werden. [] Aber auch diejenigen, die Arbeit haben, als Arbeiter, Angestellte oder Beamte, können vielfach bei weitem nicht so leben, wie sie es verdienten. Die Bundesregierung Dr. Adenauers glaubt an einigen Industriefacharbeitern nachweisen zu können, daß diese mit ihrem Lohn heute mehr kaufen können, als etwa zur Zeit der Währungsreform. Gibt es aber nicht unzählige andere Arbeitnehmer, darunter vor allem viele arbeitende Frauen, die mit ihrem Einkommen kaum auskommen, weil alles, besonders die Lebensmittel, so unerhört teuer geworden ist. Es ist einfach nicht wahr, daß das Realeinkommen der breiten Massen gestiegen sei. Es gibt neben der glänzenden Fassade der vollen Schaufenster übergenug Elend und Sorge in Deutschland. Wir meinen, daß die Regierung Adenauers sich darum zu wenig gekümmert hat; mußten doch alle Verbesserungen der Sozialversicherung und des Lastenausgleichs den Regierungsparteien, also der FDP, der CDU und der DP, von den Sozialdemokraten abgetrotzt, mußten doch die meisten Lohnerhöhungen den Unternehmern von den Gewerkschaften abgerungen werden. [] Aber auch für den Mittelstand hätte mehr geleistet werden können. Die sogenannte "soziale" Marktwirtschaft hat doch nur den Großverdienern geholfen. Die mittleren und erst recht die kleinen Einkommen im Handwerk, im Handel und unter den Selbständigen haben an den Steuerermäßigungen der letzten Jahre nur geringen Anteil. Wir wissen doch, wie auch in diesen Kreisen häufig mit dem Pfennig gerechnet werden muß, wenn das Einkommen nicht höher liegt als etwa bei einem Facharbeiter. [] Um Änderung zu schaffen, brauchen wir aber eine Übersicht über die wirtschaftspolitischen Absichten der Regierung, wie sie in den skandinavischen Ländern, in England und in den USA jedes Jahr von den dortigen Regierungen vorgelegt werden. Die SPD verlangt deshalb, auch um Vollbeschäftigung erreichen zu können, für Deutschland ebenfalls ein solches "Nationalbudget", einen "Volkswirtschaftshaushalt", der unserer Wirtschaft Richtung geben kann. Gerade das ist bisher von der Bundesregierung und ihrem Wirtschaftsminister Prof. Erhard abgelehnt worden. Für die notleidenden Grenzgebiete ist es aber dringend erforderlich, daß das Kapital aus den mehr begünstigten Gebieten, wie dem Ruhrgebiet, hierher gelenkt wird, damit die Arbeitslosigkeit beseitigt und vor allem auch in der Lokomotivbau- und der Waggonbau-Industrie und anderen hiesigen Gewerbezweigen wieder stetige Arbeit möglich wird. [] Ich habe mich als Bundestagsabgeordneter für diese Fragen stark eingesetzt und freue mich, dies in Anerkennungsschreiben der Industrie- und Handelskammer, der Handwerks- und der Landwirtschaftskammer und der Gewerkschaften bestätigt zu finden. [] Sie dürfen überzeugt sein, daß ich meine ganze Kraft und mein ganzes Wissen zum Wohle des Kasseler Raumes und der großen deutschen sozialen und wirtschaftlichen Schicksalsfragen einsetzen werde, wenn Sie mir und der SPD die Stimme geben. [] Schenken Sie mir erneut Ihr Vertrauen, das Vertrauen in einen Mann, der seine Aufgabe darin sieht, nicht mit Phrasen, sondern mit Leistungen seine politische Arbeit zu rechtfertigen. [] Mit freundlichem Gruß [] Ihr Dr. Ludwig Preller [] Und Ihre Zweitstimme [] der Liste 1 SPD
Published:06.09.1953