"Passierschein ins Leben ..."

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; "Passierschein ins Leben ..." [] Die Verheißung [] In den letzten Jahren des Krieges wurden von sowjetrussischen Flugzeugen Millionen von "Passierscheinen" hinter den deutschen Linien abgeworfen, und in den letzten Monaten...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Parteivorstand, Hannoversche Presse
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: ca. 1948
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/98F43E22-43E8-4C34-B46B-E15850C9772B
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; "Passierschein ins Leben ..." [] Die Verheißung [] In den letzten Jahren des Krieges wurden von sowjetrussischen Flugzeugen Millionen von "Passierscheinen" hinter den deutschen Linien abgeworfen, und in den letzten Monaten des Krieges geschah diesüber den vor der unmittelbaren Eroberung stehenden deutschen Ostgebieten. In deutscher und russischer Sprache wurde den Findern dieser Scheine versichert, daß sie ein "Passierschein ins Leben" wären. Die Inhaber dieser Scheine hätten nur diesen Passierschein vorzuweisen, um - erlöst von der Nazityrannei, erlöst auch von den Schrecken des Krieges - von der für die Demokratie, für die Freiheit aller Völker kämpfenden ruhmvollen Roten Armee in gutes Gewahrsam genommen zu werden. Würdige Behandlung sowie ausreichende Verpflegung wurden feierlich zugesichert - und sofortige Entlassung nach Kriegsende! [] Die Heimkehrer [] Bilder tiefsten menschlichen Elends - darunter solche, die aus dem Kz-Dokumentarfilm "Todesmühlen" geschnitten sein können. - Heimkehrer aus dem Osten! [] Lumpen und Fetzen am Leibe, gebrochen an Körper und Seele, Menschen, deren Körper buchstäblich nur aus Haut und Knochen besteht: Heimkehrer ...! Heimkehrer aus einem von den Nazis angezettelten verbrecherischen und erbarmungslosen Kriege, Heimkehrer, die lebende Dokumente der Erbarmungslosigkeit sind. [] Da indes in den deutschen Ostgebieten nach Abschluß der Kampfhandlungen fast alle männlichen Zivilpersonen - Greise, Halbwüchsige und auch Kinder unter ihnen - interniert und ein Teil von ihnen nach Rußland übergeführt wurde, sind unter den Heimkehrern nicht nur ehemalige Soldaten. Und da auch eine nicht kleine Zahl von Frauen und Mädchen aus der deutschen Zivilbevölkerung nach Rußland gebracht wurden, sind unter den weiblichen Heimkehrern nicht nur Wehrmachtshelferinnen. [] Einen besonderen, offenem Hohn gleichkommenden Gruß hat die sogenannte Sozialistische Einheitspartei für diese von unbarmherzigen Gewalten dieses Lebens gefolterten Heimkehrer bereit: eine Broschüre mit Propaganda und Witzen! In dieser Broschüre, die einen ausgezeichnet ernährten, gesundheitsstrotzenden und gutgekleideten Heimkehrer auf der Titelseite zeigt, findet sich demgemäß auch nicht der berühmt gewordene Ausspruch des Vaters der SEP, Wilhelm Pieck, daß die Sowjetunion die Kriegsgefangenen in dem Zustand zurückgäbe, in dem sie ihre eigenen Soldaten von Hitler erhalten hätte. [] Auch die von allen Alliierten unterschriebene Anklage gegen die Nazi-Hauptkriegsverbrecher fehlt in diesem Buch. In dieser Anklage heißt es: "Die Angeklagten ermordeten und mißhandelten Kriegsgefangene, indem sie ihnen angemessene Verpflegung, Behausung, Kleidung, ärztliche Versorgung und Betreuung versagten, indem sie sie zur Arbeit unter unmenschlichsten Bedingungen zwangen ..." [] Es fehlt in dieser Broschüre auch ein Hinweis auf den Kernsatz der Völkermoral, daß es - zwar ungeschriebene, aber dennoch von allen Kulturstaaten der Welt anerkannte und beachtete - Gesetze der Menschlichkeit auch gegenüber wehrlosen Kriegs- und Zivilgefangenen gibt. [] Es fehlt in diesem Begrüßungs-Buchgeschenk der Sepisten an die Heimkehrer demgemäß auch eine Bildreihe abgezehrter Kindergestalten, ausgemergelter Männer und Frauen: diese, in jedem Heimkehrer-Lager sich darbietende Revue unbarmherzig zerbrochener Menschen. [] Es ist der Geist von gestern, der solches Massenelend verschweigt, weil er es verschweigen möchte. [] Sind das noch Menschen? [] Viele Menschen haben entsetzt diese Frage gestellt, als sie zum ersten Male in einem Heimkehrerlager diese Manifestation furchtbarsten Leides sahen. Und Aerzte, verantwortungsbewußte Diener der medizinischen Wissenschaft, haben bei dem Anblick dieses verkörperten Jammers diese Frage von Tausenden und aber Tausenden zu einer Anklage gegen das 20. Jahrhundert und bestimmte seiner Repräsentanten erhoben: [] Sind das noch Menschen? [] Herausgeber: Parteivorstand der SPD - Presse und Propaganda - Druck: Hannoversche Presse, Hannover.
Published:ca. 1948