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BERLIN/ BRANDENBURG [] - Region Berlin-Brandenburg: 400000 Arbeitslose, Kahlschlag in der Landwirtschaft, Abwanderung und Kulturabbau [] - Fusionsvertrag schreibt Abbau Zehntausender Stellen im Öffentlichen Dienst vor [] - Frage einer neuen gemeinsamen Verfassung steht noch in den Sternen [] Ein klares Nein zum Fusionsvertrag! [] Am 5. Mai dieses Jahres sollen rund 5,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger Berlins und Brandenburgs über die Fusion beider Länder entscheiden - also auch Sie! [] Berlin und Brandenburg haben viele Probleme. 400000 Arbeitslose in der Region, Abwanderung junger Leute, Kahlschlag in der Landwirtschaft, Kulturabbau. Sicher haben Sie sich schon oft die Frage gestellt, ob eine Fusion beider Bundesländer wenigstens einen Teil dieser Probleme lösen würde. Wir sagen nein. Berlins Verschuldung kann weder mit Hilfe noch auf Kosten Brandenburgs geschmälert werden. Blühende Landschaften werden nicht entstehen. Selbst Fusionsbefürworter sprechen - befragt man sie genauer - nur von "indirekten Vorteilen" der Fusion, die erst später zum Tragen kommen werden. [] Am 5. Mai 1996 wird nicht über die Fusion als schöne Idee abgestimmt, es wird nicht über ein Reformprojekt abgestimmt, sondern über einen ganz konkreten Vertrag. Und spätestens seit dem Einigungsvertrag wissen wir, wie wichtig es ist, Verträge und ihre Auswirkungen vorher genau zu bedenken. Sicher hinkt jeder Vergleich. Aber erinnern sollte man sich trotzdem dürfen. Und sollte es uns nicht zu denken geben, wie warm Helmut Kohl, Theo Waigel und Wolfgang Schäuble dieses Projekt befürworten?! [] Bei der Volksabstimmung geht es nicht nur um die Frage, ob Berlin und Brandenburg ein gemeinsames Land bilden sollen. Sie entscheiden zugleich darüber, auf welchem Weg eine Vereinigung vollzogen werden und wie das gemeinsame Land später verfaßt sein soll. [] Zur Abstimmung steht der von beiden Landesregierungen hinter verschlossenen Türen ausgehandelte und durch die Landesparlamente mehrheitlich abgesegnete "Fusionsstaatsvertrag". Die PDS in Berlin und Brandenburg hat gegen das Vertragswerk votiert - aus guten Gründen. [] SPD und CDU werben für die Fusion, weil die Region nur vereint im europäischen Konkurrenzkampf bestehen könne. Nicht ein europäisches Haus, in dem es sozial und solidarisch zugeht, ist das Ziel der Befürworter, sondern Macht und Einfluß. [] "Ein Boot fährt besser mit einem Steuerrad", meint Ministerpräsident Stolpe. Der Regierende Bürgermeister Diepgen erwartet von der Fusion mehr Berliner "Mitspracherecht in der uns umgebenden Region" und einen "Reformationstag", der "dann sicher auch in Berlin zum gesetzlichen Feiertag" wird. [] Wir fragen, wohin das gemeinsame "Boot" gesteuert werden soll und was am Fusionsvertrag wirklich den Namen "Reform" verdient? Und wir fragen, warum beide Landesregierungen nicht längst in Angriff genommen haben, was angeblich und auch tatsächlich nur gemeinsam zu lösen ist? [] Beide Landesregierungen versprechen ihren Bürgerinnen und Bürgern mehr kommunale Selbstverwaltung und Demokratie. Für Berlin sieht der Fusionsvertrag allerdings die Zusammenlegung von Bezirken und die Einsetzung eines Magistrats mit zentralistischen Vollmachten vor. [] Beide Landesregierungen versprechen ihren Bürgerinnen und Bürgern mehr Arbeitsplätze. Der Fusionsvertrag aber schreibt lediglich den Abbau Zehntausender Stellen im Öffentlichen Dienst vor. Daß allein durch die Fusion Industrie- oder gewerbliche Arbeitsplätze entstehen würden, ist nichts als ein frommer Wunsch. [] Beide Landesregierungen lassen hoffen, daß ein gemeinsames Land von einer der modernsten Verfassungen geprägt sein wird. Zur Volksabstimmung wird den Bürgerinnen und Bürgern aber eine Blankovollmacht abverlangt, erst danach steht die Verfassungsfrage mit sehr ungewissem Ausgang auf der Tagesordnung. [] Beide Landesregierungen suggerieren, daß sie mit gebündelter Kraft ihren "Dienst am Bürger" effektiver leisten können. Der Fusionsvertrag aber gebietet eine weitere Privatisierung Öffentlicher Dienste, ohne daß damit die Finanznöte Berlins und Brandenburgs gelöst würden. [] Das sind einige der Gründe, aus denen heraus die PDS in beiden Landesparlamenten mit NEIN gestimmt hat. Deswegen empfehlen wir auch Ihnen, "genau zu prüfen, ehe Sie sich ewig binden!" [] PDS Berlin [] Fraktion im Abgeordnetenhaus [] Januar 1996 [] V.i.S.d.P.: Katharina Grell [] Niederkirchnerstr. 5, 10111 Berlin
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