Summary: | Lieber Berufskollege! Die Zeit ist nun wieder gekommen, wo Sie Ihre Pflicht als Staatsbürger ruft vor die Wahlurne zu treten. Sie stehen vor einer Gewissensentscheidung, mit der Sie für weitere 4 Jahre über Ihr eigenes Wohl und Wehe mit entscheiden. Und wenn Sie nun wählen, so wollen Sie doch sicher das Beste wählen. Damit erhebt sich aber zugleich die Frage, was soll ich nun eigentlich wählen? Und gerade dies ist gar nicht so einfach. Wenn ich Ihnen nun empfehle, wählen Sie die SPD, so werden Sie doch wahrscheinlich sofort der Meinung sein, das ist doch keine Partei für mich, das ist doch nur eine Partei für die Arbeiter. Aber denken Sie doch einmal nach, sind wir Bauern denn nicht auch nur Arbeiter, die im Schweisse ihres Angesichtes ihr Brot essen. Wir gehören doch nicht zu jener Gruppe von Menschen, die ohne einen Finger zu rühren, von Zinsen und Dividenden leben können. Auf der anderen Seite: Ist es denn wirklich so, daß ein Bauer, der mehr Äcker hat als ein anderer, deswegen ein besserer und der andere darum ein schlechterer Mensch ist? Fragen wir uns einmal ehrlich: Bedeutet uns Bauern das Land vielleicht mehr, als dem Maurer die Kelle und dem Schlosser die Drehbank? Sehen Sie, darum ist es richtig, wenn ich sage, daß der Acker und Wingert unser Werkzeug ist, mit dem wir unser Brot verdienen müssen. Aus diesem Grunde ist es auch völlig falsch, einen Bauern nach der Größe seines Grundbesitzes zu schätzen, es ist vielmehr richtig, ihn nach seinem Können zu bewerten, und dazu muß man kein reicher Bauer sein, sondern nur ein fortschrittlicher Bauer, mit anderen Worten, wir müssen endlich einmal mit dem Althergebrachten Schluß machen und uns neuen und modernen Wirtschafts- und Denkformen zuwenden, wenn wir nicht vom Rad der Zeit überfahren werden wollen. Warum wollen wir uns als Bauer nicht neben einen Arbeiter stellen? Hat denn diese Haltung wirklich eine Berechtigung? Betrachten wir es geschichtlich, so müssen wir uns dieser Meinung schämen, denn noch vor etwa 150 Jahren bekam immer nur der jüngste Sohn den Hof und die andern mußten gehen und wurden so zum Arbeiter. Es sind also unsere Brüder. Was uns heute eigentlich von den Arbeitern trennt, ist nur eine veraltete Weltanschauung, nach der wir uns immer noch als die Herren betrachten. Wer aber sind in Wirklichkeit die Herren? Und wohin hat uns bis heute diese Denkweise gebracht? Die Arbeiter haben sich schon sehr frühzeitig zu einer Partei, der SPD zusammengefunden. Sie haben ihre Forderungen auf soziale Sicherheit und besseren Lebensstandart durchgesetzt. Sie arbeiten heute nur noch 45 Stunden in der Woche. Was dagegen haben wir Bauern in dieser Zeit erreicht? Wievile [!] Stunden arbeiten wir noch in der Woche? Was verdienen wir im Verhältnis zu einem Facharbeiter? Und warum? Die Fragen möchte ich Ihnen nun benatworten [!]. Im Bauernstand zeigen sich schon lange Bestrebungen zu einem sozialen Zusammenschluß. Ich denke da besonders an die Genossenschaften, wie der Konsum, die Milchgenossenschaften, die Winzergenossenschaften usw. Aber warum sind wir auf diesem Wege noch nicht viel weiter gekommen? Der Grund ist ganz einfach! Sie wählen ja immer nur diejenigen, die selbst ein großes Interesse daran haben, die Genossenschaften nicht zu groß werden zu lassen, weil sie dann selbst nicht mehr genug und so leicht verdienen würden. Und wenn diese Leute dann sagen die Sozialdemokraten wollen den Bauernstand kaputt machen, so ist das eine Lüge. Denn das ganze Wirtschaftsgefüge ist ein sogenannter Kreislauf. Das, was die Arbeiter in der Fabrik erzeugen, kaufen die Bauern, und das was der Bauer erzeugt, kauft der Arbeiter. Daß der Bauer billiger leben will, das stimmt, daß aber auch der Bauer teurer verkaufen und billiger einkaufen muß, das stimmt doch auch. Zwischen Bauer und Arbeiter scheint hier eine unüberwindliche Kluft zu sein, die aber in Wirklichkeit gar nicht besteht. Denkt nur daran, was wir für unsere Erzeugnisse bekommen und was die Arbeiter dafür bezahlen müssen. Denkt aber auch daran was wir für eine Maschine oder einen Traktor bezahlen müssen und was die Händler einstecken. Daran müssen wir Bauern denken, wenn wir zur Wahl gehen. Darum geben wir Bauern unsere Stimme der SPD und helfen mit, die Partei stark zu machen und ihren Kampf für soziale Gerechtigkeit für jeden unterstützen. Wenn wir nun zur Wahlurne gehen, wählen wir die SPD in den Bezirkstag, in den Kreistag und erst recht in den Gemeinderat. Jedem das Seine! Gez. Kuntz Gustav Georg
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