Summary: | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals<NZ>Entwurf zu einem Flugblatt, Veröffentlichung fraglich
Professor Dr. Pannwitz [] Sprechstunden: 10-12, 2-4 [] Fernsprecher: 3. 11937 [] Telegramme: Prof. Pannwitz, Berlin. [] Bankstelle: Deutsche Bank, Berlin. [] Entwurf. [] Berlin N.W. 7, den 2. November 1918. [] Charlottenstraße 41, pt. [] Sammlung der Volkskraft Herbst 1918. [] (Kriegers Heimkehr.) [] Leitsätze von Geheimrat Prof. Dr. Pannwitz, Hohenlychen. [] 1. Die Ereignisse der ersten Oktoberwoche haben das Volk überrascht und vorübergehend erschüttert. Es gleicht einem eingespannten edlen Traber, der ausgeglitten und auf die Knie gefallen ist. Ein aufmerksamer fähiger Lenker reißt den Gaul wieder auf. [] 2. Das Volk muß sich auf die durch den 5. Oktober gegebene Grundlinie einstellen. Es steht einmütig hinter der Volksregierung, jederzeit bereit, auf ihren Ruf die äußersten Kräfte einzusetzen. [] 3. Unterernährung macht mürbe und führt zur Ausschaltung von Hemmungen, wenn Bildung und sittliche Kraft nicht ausreichen, Einflüsterungen, die wie die Grippe um sich greifen, zu widerstehen. [] 4. Die einmal infizierte Stimmung läßt sich - namentlich durch planmäßige Agitation - in der urteilslosen Menge leicht bis zu bolschewistischen Gedankengängen niederdrücken. Dringend nötig ist, die Stimmung mit allen Mitteln zu heben. [] 5. Bei der aufrichtenden Beeinflussung der Öffentlichkeit muß man unterscheiden zwischen Stadt und Land, zwischen industrieller und landwirtschaftlicher Bevölkerung. Die erstere ist organisiert und hört auf ihre Führer; die letztere ist noch an rein obrigkeitliche Führung gewöhnt. Diese hat namentlich durch die Maßnahmen der Ernährungspolitik in den letzten Jahren viel an Autorität eingebüßt. [] 6. Rein staatliche und rein private Maßnahmen führen in der Praxis nicht zum Erfolg. Selbst primitiven Gehirnen ist durch den Krieg das Verständnis für die Notwendigkeit sozialen Denkens und genossenschaftlichen Handelns aufgegangen. Für gemeinnütziges Zusammenfassen ist auch die ländliche Bevölkerung empfänglich; nur müssen einwandfreie, unbefangene Persönlichkeiten die Sache in die Hand nehmen. [] Dazu gehört jetzt sachverständige Aufklärung über die Lage, über das neue Deutschland, über die Gefahr zersetzender Einflüsse, über die Vorbereitung für Kriegers Heimkehr. [] 7. Die Wahl des Redners, der zum Volke spricht, ist ausschlaggebend. Wir reden in Deutschland meistens an einander vorbei, weil jeder seine eigene Sprache spricht, die für die Masse unverständlich ist. Wer nicht hochgebildet ist, bleibt bei Aufklärungen im Juristen-Deutsch, Mediziner-Deutsch, Intellektuellen-Deutsch so klug wie zuvor. Das Wort "Demobilisierung" versteht der Bauer erst, wenn es ihm übersetzt wird. Berufsredner aus den Städten werden vielfach auf dem Lande nicht verstanden. [] 8. Zwecks Beeinflussung der Öffentlichkeit muß die Verbindung zwischen der Zentralstelle und den ausführenden Organen so hergestellt werden, wie sie beim menschlichen Körper zwischen Gehirn und Endorganen besteht. Eine neunte Symphonie kommt erst zustande, wenn Gehirn, Nervenbahn, Muskel und Musikinstrument durch Schulung und Übung in vollendete Beziehung gesetzt sind. Jede Maßnahme der Zentrale muß richtige Fernwirkung draußen im Lande finden. [] 9. Wir brauchen zur Unterstützung der Regierung bei der Sammlung der Volkskraft einen freiwilligen Volksausschuß (Vergl. Organisierte freiwillige Krankenpflege, Tuberkulose-Bekämpfung usw.) Unter Leitung der Reichsregierung stehend, muß er an allen Orten freiwillige Organe haben, in denen die örtlichen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Organisationen vertreten sind. Wiederstrebende Meinungen stellen sich bei gescheiter Führung auf die Mittellinie ein. - Die Aufklärung und Hilfe für Kriegers Heimkehr betrifft: Ordnung, Arbeit, Hausung, Ernährung, Kleidung, Frauendienst. [] 10. Zur Sammlung der Volkskraft ist allerorts an einem bestimmten Tage aufzurufen. Das ganze Volk muß zu gleicher Zeit von den Führern über die neue Zeit, die neue Ordnung, die neuen Pflichten belehrt und dadurch zur Mitarbeit gewonnen werden. [] Aufruf! [] Friede! Heimkehr! Friede! [] Heimkehr nach vier Jahren unmenschlichen Völkerkrieges! Heim zu den - ach - so lang entbehrten Lieben! Hocherhobenen Hauptes, weil unbesiegt! Versöhnten Herzens, weil die sonnige Zukunft im neuen Deutschland erkämpft! [] Vorbei der Haß! Vorbei der Drang, dem Gegner, der doch ein Menschenbruder war und ist, an's Leben zu gehen! Nach wüstem Traum fort den Alp von der Brust! Auf zu friedlicher Arbeit im neugeborenen Vaterland! [] Da heißt es nun vorbereiten des Kriegers Heimkehr, daß die Heimkehrenden ihren Platz an der heimatlichen Sonne finden: Ordnung und Arbeit, Hausung und Nahrung und Kleidung - und vieles andere. [] Alle Herzen sind weit. Alle Hände öffnen und regen sich. Jetzt gilt es, Ordnung und Plan in die Sache zu bringen. Jeder will helfen. Aber keine Hilfe darf absplittern. []Zahlreiche organisierte Verbände und Vereinigungen, politischer, wirtschaftlicher, kultureller usw. Art, haben sich zwecks Sammlung, Stärkung und Ordnung der hilfsbereiten Volkskräfte vereinigt. Die Leitung hat der freiwillige Volksausschuß. Er bittet um Vertrauen und Mitarbeit. (Folgen organisatorische Weisungen.) [] Der freiwillige Volksausschuß für Kriegers Heimkehr 1918.
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