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SPD Schnelldienst [] Landtagswahl 1970 [] Die sichere Hand für unser Land [] Alles einsetzen! [] Vor dem Parteitag des SPD-Bezirks Niederrhein hat Heinz Kühn am vergangenen Wochenende die Mitglieder der Partei aufgerufen, "alles einzusetzen". Der Ministerpräsident warnte vor leichtfertigem Optimismus angesichts günstiger Meinungsforschungsergebnisse. Chance und Risiko der Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen könnten am 14. Juni "zwischen minus zwei und plus zwei Prozent" liegen. [] Köpplers Märchenstunde [] Die CDU hat erklärt, sie wolle sich im Landtagswahlkampf vor allem auch gegen die "verfehlte Strukturpolitik" und die Benachteiligung der ländlichen Gebiete durch die SPD/FDP-Landesregierung wenden. Immer wieder kommt die Union mit der Legende, die Landesregierung kümmere sich nur um das Ruhrgebiet. Die folgenden Zahlen, die diese Propaganda-Behauptungen eindeutig ins Land der Märchen verbannen, sprechen für sich selbst, Finanzminister Hans Wertz nannte sie in einer Plenarsitzung des Landtages am 3. Februar: 1968 flossen aus dem Fonds für Wasserwirtschaft, Straßenbau, Krankenhausbau und Schulbau 717,2 Millionen Mark in die Landkreise, 299,4 Millionen in den Bereich des Ruhrsiedlungsverbandes. Das sind in den Landkreisen 81,96 Mark pro Einwohner, im Revier 47,92 Mark pro Einwohner. [] Knickelmann hat's nötig [] Für den Wahlkreis 93 hat die CDU einen gewissen Franz Josef Knickelmann als Kandidaten aufgeboten. Er muß wirklich das letzte Aufgebot gewesen sein. Wie die "Halterner Zeitung" am 24. April berichtete, hat dieser merkwürdige Herr Knickelmann in einer öffentlichen Versammlung des CDU-Ortsvereins mitgeteilt, daß Ministerpräsident Heinz Kühn als SPD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl seine Kandidatur zwar aufrechterhalte, "obwohl hinreichend bekannt ist, daß er so krank ist, daß er im Fall eines entsprechenden Wahlergebnisses sein Amt als Ministerpräsident gar nicht erst antreten kann". Man muß das mindestens zweimal lesen, weil man sonst glaubt, man hätte sich verlesen. Märchentante Knickelmann hält die Halterner Bürger (und möglicherweise alle Wähler im Wahlkreis 93) offenbar für Hinterwäldler, denen er auch die dicksten Lügen als die reine Wahrheit auftischen kann. [] Nun, der Knickelmann hat' s nötig. Seine Methode wird noch durch eine andere Stelle des Berichts über seine Versammlung gekennzeichnet. Er hat verkündet: "Wir (wen meint er wohl damit?) unterscheiden uns von der SPD, weil wir eine lebendige, dynamische Demokratie beibehalten wollen. Die SPD aber will pseudodemokratische Einrichtungen und strebt statt einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung eine sozialistische an." - Im Wahlkreis 93 ist die CDU ganz offensichtlich auf den Hund, sprich: Knickelmann gekommen. [] CDU-Anträge: Fehlanzeige [] Übrigens ist der CDU die "verfehlte Strukturpolitik" offenbar erst spät aufgefallen, als sie dringend Munition für den Wahlkampf brauchte. Zu der zweiten Lesung des Einzelplans 08 (Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr) in der Etat-Debatte des Landtags am 3. Februar 1970 hatte die CDU-Fraktion jedenfalls nicht einen einzigen Abänderungsantrag gestellt. Dieser für Strukturfragen des Landes zuständige Etat wurde in zweiter Lesung fast einstimmig mit nur wenigen Stimmenthaltungen angenommen. [] Eindeutige Zahlen [] Aus einer anderen Aufstellung der Regierung geht hervor, daß 1969 im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs 142 Mark pro Einwohner an die Landkreise, 129 Mark pro Einwohner an die Gemeinden des Ruhrgebiets an frei verfügbaren Schlüsselzuweisungen überwiesen wurden. Aus den Mitteln des Schulbauprogramms erhielten die Kreise 28 Mark pro Einwohner, die Ruhrgebietsgemeinden 18,45 Mark. Für den Krankenhausbau flossen an die Landkreise 16,13 Mark pro Einwohner, an die Gemeinden im Revier 13 Mark pro Einwohner. Für den Straßenbau gab es pro Einwohner in den ländlichen Gebieten 17,35 Mark, im Ruhrgebiet 12,50 Mark. Für die Wasserwirtschaft schließlich erhielten pro Einwohner die Landkreise 27,91 Mark, die Ruhrgebietsgemeinden 7,72 Mark. [] Auf dem Gebiet der Wirtschaftsförderung mußten zwar infolge der Rezession von 1966 im Ruhrgebiet die Mittel zunächst besonders konzentriert werden, aber auch die übrigen Gebiete kamen nicht zu kurz. So wurden von 1967 bis 1969 im Steinkohlenbergbaugebiet, das von der Rezession besonders stark betroffen war, allein durch Beihilfen innerhalb der regionalen Strukturpolitik 37500 neue Arbeitsplätze geschaffen, außerhalb des Reviers aber weitere 17500. [] Antriebsmotor für das ganze Land [] Es war die erklärte Politik der Landesregierung, ihre Förderungsmöglichkeiten und -maßnahmen in den Jahren 1967 und 1968 zunächst dort zu konzentrieren, wo es darum ging, die größte Gefahr für das ganze Land abzuwehren: im Steinkohlengebiet an der Ruhr. Die Landesregierung handelte dabei in der Gewißheit, daß ein krankes industrielles Herzstück unseres Landes seine Krankheitskeime in alle übrigen Gebiete Nordrhein-Westfalens weitergeben würde. Hier mußte zuerst entschlossen gehandelt werden. Inzwischen hat der Erfolg längst die Richtigkeit dieser Politik bestätigt. Das Entwicklungsprogramm Ruhr hat geplanten Wandel geschaffen. Das industrielle Ballungsgebiet an Rhein und Ruhr hat die Folgen der Krise überwunden und wirkt heute als Antriebsmotor für das ganze Land. Es ist übrigens außerordentlich interessant, die von CDU-Sprechern an der Ruhr verkündeten Parolen mit solchen zu vergleichen, die im Münsterland, in der Eifel oder an der Weser zu hören sind. An der Ruhr wird forsch gefordert, es müsse noch viel stärker konzentrierte Förderung betrieben werden (und natürlich habe die Landesregierung dabei völlig versagt) und außerhalb des Reviers wird fleißig - oft genug von den gleichen Sprechern - die Legende verbreitet, die Landesregierung sei allein auf das Ruhrgebiet eingeschworen. [] Kampfmaßnahmen der Studienräte [] Der nordrhein-westfälische Philologenverband, dem der größte Teil der nordrhein-westfälischen Gymnasiallehrer angehört, hat seine Mitglieder aufgerufen, den bisher erteilten nebenamtlichen Unterricht niederzulegen. Begründet wird diese Maßnahme mit dem Hinweis, daß durch die von der Landesregierung geplante Anhebung der Besoldung der Grund- und Hauptschullehrer und der Realschullehrer der bisherige Besoldungsabstand zu diesen Lehrergruppen nicht mehr gegeben sei. [] Die Philologen fordern vor allem eine Verbesserung der Eingangsstufe für Studienräte und eine Erhöhung der Vergütung für eine nebenamtlich erteilte Unterrichtsstunde von bisher 17,- DM auf 40,- DM. Der Vorsitzende des Philologenverbandes, der Hammer CDU-Ratsherr Christians, rief die Philologen des Landes zu einer Großkundgebung am 27. April 1970 in Essen zusammen. [] Aktionen gegen beste Lehrerbesoldung der Bundesrepublik [] Auf dieser Kundgebung demonstrierten 5000 Mitglieder des nordrhein-westfälischen Philologenverbandes gegen die Besoldungspolitik einer Landesregierung, die für ihre Philologen die beste Besoldung in der Bundesrepublik zahlen will. Eine entsprechende Aktion der zum Teil weitaus schlechter bezahlten Philologen anderer Bundesländer ist bisher nicht erfolgt. [] Durch einen Kabinettsbeschluß war den nordrhein-westfälischen Gymnasiallehrern ausdrücklich zugesichert worden, daß auch die Philologen wie "alle anderen Lehrergruppen und deren Beförderungsämter mit der zur Zeit höchsten Lehrerbesoldung in der Bundesrepublik ausgestattet werden sollen". Noch bei der Einbringung des 7. Besoldungsänderungsgesetzes im Landtag hat Ministerpräsident Heinz Kühn diesen Willen der Landesregierung ausdrücklich bekundet. Die Landesregierung hat jedoch die einzelnen Positionen dieser neuen Besoldung nicht mehr in ihren Entwurf einarbeiten können, da sonst das 7. Besoldungsänderungsgesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr hätte verabschiedet werden können. Der Ministerpräsident hat sich deshalb an den Landtag gewandt mit der Bitte, die Einarbeitung der von der Landesregierung gewünschten Verbesserungen im einzelnen vorzunehmen. [] Ohne dem Landtag vorzugreifen, kann gesagt werden, daß ein Teil der Studienräte und Oberstudienräte für besondere Funktionen eine Amtszulage erhalten wird. Auf bereits vier Klassen wird in Zukunft eine Studiendirektorstelle entfallen. [] Schließlich wird der Oberstudiendirektor einer Schule mit 18 oder mehr Klassen in die Besoldungsgruppe der Ministerialräte (A 16) kommen. Diese Verbesserungen würden bedeuten, daß zum Beispiel ein Studienrat einschließlich der beamtenrechtlichen Vorteile (Beihilfen, Weihnachtsgeld, usw.) (27 Jahre, verheiratet, 1 Kind) ein Jahreseinkommen von 24142,- DM plus einer eventuellen Amtszulage von 1000 bis 2000 DM erhalten wird. Durch nebenamtlichen Unterricht wird er in vielen Fällen sein Jahreseinkommen um weitere 3000,- DM verbessern können. Für den Studiendirektor sehen die entsprechenden Zahlen so aus: (49 Jahre, verheiratet, 2 Kinder) 40292,- DM plus gegebenenfalls etwa 3000 DM für nebenamtlichen Unterricht. [] Gleichzeitig beabsichtigt die Landesregierung, die Vergütung für den nebenamtlichen Unterricht in Zukunft am Bundesangestelltentarif zu orientieren. Das bedeutet für den Gymnasiallehrer eine Anhebung der Vergütung für eine nebenamtliche Unterrichtsstunde von 17,- DM auf 22,- DM. [] Zahl der Lehrerstudenten in 3 Jahren um 25 Prozent gestiegen [] Nicht zuletzt hat die in Nordrhein-Westfalen betriebene Kulturpolitik und das im Vergleich zu anderen Ländern gezeigte Bestreben, den Lehrern in unserer modernen Gesellschaft einen angemessenen Platz zukommen zu lassen, zu einem sichtbaren Erfolg geführt. Die steigenden Zahlen der Lehramtsanwärter an den Universitäten des Landes sprechen hier eine deutliche Sprache. [] Lehramtsstudenten [] 1966 1969 [] Grund- u. Hauptschule 15374 20044 + 30,4 v.H. [] Realschule 4320 6640 + 53,7 v.H. [] Gymnasium 8812 13289 + 50,8 v.H. [] Berufsbild. Schulen 1178 1291 + 9,6 v.H. [] Lehramtsstudenten 29684 41264 + 39,0 v.H. [] Studenten an wissen- [] schaftl. Hochschulen 72636 91184 + 25,5 v.H. [] Studienanfänger in Mathematik für das Lehramt am Gymnasium: [] 1966: 785 1969: 2050 [] Damit hat sich während der Amtszeit der Regierung Kühn die Zahl der Lehrerstudenten allein für das Lehramt am Gymnasium mehr als verdoppelt und die Zahl der Studenten für das Fach Mathematik sogar fast verdreifacht. [] Angesichts dieser Zahlen und der genannten Leistungen erscheint die Aktion des Philologenverbandes zwielichtig. Die geforderte Einstufung der Studienräte nach A 14 im Eingangsamt ist bundesrahmenrechtlich nicht möglich. Eine Aktion gegen die Landesregierung wendet sich hier an den falschen Adressaten. Das 2. Bundesbesoldungsgesetz legt ausdrücklich die Eingangsstufe für Studienräte einheitlich für alle Bundesländer auf A 13 fest. Diese Fixierung gilt zum Beispiel ebenso für den Regierungsrat, den Baurat oder den Medizinalrat. Eine höhere Eingangsstufe kann nur im Kompetenzbereich der Bundesregierung festgelegt werden. Deshalb hat sich Ministerpräsident Kühn an den Bundeskanzler gewandt mit der Bitte, zu erwägen, ob bei der kommenden einheitlichen Besoldungsgesetzgebung des Bundes die Lehrerbesoldung in einer gesonderten Besoldungsordnung erfaßt werden könne und hat dabei die Neufestlegung der Eingangsbesoldung für Studienräte und für die anderen Beamten des höheren Dienstes nach A 14 angeregt. [] Kampfmaßnahmen und Beamtenrecht [] Sollten die Philologen trotz der Bemühungen der Landesregierung den nebenamtlichen Unterricht niederlegen, so müßten an den Gymnasien des Landes wöchentlich 83177 Stunden ausfallen. Der Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Philologenverbandes räumte ein, daß es durch diese Kampfmaßnahmen für die Schüler zu Ausfällen kommen würde, die in diesem Jahr nicht mehr "zu reparieren seien". Er regte an, daß ein entsprechender Vermerk auf die Versetzungszeugnisse gesetzt werden solle. [] Die Schüler sind die Leidtragenden [] In einem Schreiben an die Lehrer der Gymnasien hat Kultusminister Professor Holthoff noch einmal auf die Rechtslage hingewiesen. Danach können die Gymnasiallehrer den nebenamtlichen Unterricht nicht ohne weiteres niederlegen. Die übernommene Aufgabe begründet Rechte, aber auch Pflichten, das gilt in einem besonderen Maße für einen Beamten. Nach beamtenrechtlichen Vorschriften können die Philologen ihr Nebenamt, das sie in der Regel für das laufende Schuljahr übernommen haben, nur vorzeitig aufgeben, wenn sie auf ihren Antrag aus dem Nebenamt entlassen werden. [] Herausgegeben vom SPD-Landesvorstand Nordrhein-Westfalen, 4 Düsseldorf, Elisabethstraße 3
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