Zum Abkommen Fette-Adenauer

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Mit dem im Volltext genannten "Generalkriegsvertrag" ist der am 26.5.1952 unterzeichnete Deutschlandvertrag (Generalvertrag) gemeint, der das Besatzungsstatut der Bundesrepublik ablösen sollte und nur in Verbindung mit dem Vertrag ü...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Reimann, Max, Rheinisch-Westfälische Volksdruckerei Düsseldorf
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1952
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/79BB4407-FC36-42BB-91FA-028099288646
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Mit dem im Volltext genannten "Generalkriegsvertrag" ist der am 26.5.1952 unterzeichnete Deutschlandvertrag (Generalvertrag) gemeint, der das Besatzungsstatut der Bundesrepublik ablösen sollte und nur in Verbindung mit dem Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (unterzeichnet am 27.5.1952) gültig wurde. Die EVG scheiterte jedoch am 30. August 1954 in der französischen Nationalversammlung, da es Frankreich ablehnte, seine Armee einem europäischen Oberkommando zu unterstellen. Zum Abkommen [] Fette -Adenauer [] von Max Reimann [] Nach Pressemeldungen war Dr. Adenauer mit dem Ergebnis, seiner Besprechungen mit dem DGB-Vorsitzenden Christian Fette sehr zufrieden. In der Tat hat Adenauer hier alles erreicht, was er von diesen Besprechungen erhoffte. Der DGB-Vorsitzende hat das Versprechen gegeben, Kampfmaßnahmen gegen das reaktionäre Betriebsverfassungsgesetz in Zukunft nicht mehr durchzuführen. [] Gerade das wollte Adenauer. Denn er braucht Ruhe, um in aller Stille den Generalkriegsvertrag vom Bundestag ratifizieren zu lassen. Adenauer fürchtet die Kämpfe der Arbeiterklasse besonders jetzt, denn er kennt sehr genau das Unbehagen und den Unwillen, die durch seine Unterschrift unter den Generalkriegsvertrag in der Bevölkerung hervorgerufen wurden, Er weiß, daß selbst unter den Abgeordneten der Bonner Regierungsparteien die Bedenken gegen den Generalkriegsvertrag wachsen, und viele von ihnen haben erkannt, was der FDP-Abgeordnete Pfleiderer sagte: [] "Das Ja oder Nein wird jedem einzelnen nachgehen und anhängen bis ans Ende seines Lebens." [] Die Kämpfe der Arbeiterklasse und aller aufrechten Deutschen sind gerade das Mittel, mit dem Adenauers Generalkriegsvertrag zum Scheitern gebracht und Viermächteverhandlungen über den Abschluß eines Friedensvertrages und die Einheit Deutschlands erzwungen werden können. [] Wenn der Generalkriegsvertrag erst ratifiziert und endgültig unter Dach und Fach ist, glaubt Adenauer alle weiteren Maßnahmen gegen das Volk durchsetzen zu können, eventuell mit den Mitteln der militärischen Gewalt. [] Die Arbeiter haben von vornherein den Zusammenhang zwischen dem Betriebsverfassungsgesetz und dem Generalkriegsvertrag erkannt. Das zeigen die Beschlüsse vieler Gewerkschaftsorganisationen und Betriebe. Das zeigen die machtvollen Kundgebungen, die vor allem in München und Nürnberg im Zeichen des Kampfes gegen das Betriebsverfassungsgesetz und den Generalkriegsvertrag standen, die den Sturz Adenauers und den Abschluß eines Friedensvertrages forderten. [] Die Arbeiter haben vollkommen recht, wenn sie sagen, das Betriebsverfassungsgesetz ist nichts anderes als die Durchführungsverordnung des Generalkriegsvertrages in den Betrieben [] Die Arbeiter, die Betriebsräte und Gewerkschaften sollen damit in den Dienst der Adenauerschen Kriegspolitik gezwungen werden. [] Mit dem Betriebverfassungsgesetz sollen die Betriebe militarisiert, die Arbeiter zu Untertanen der Rüstungsfabrikanten gemacht werden, die die Befehle der Betriebsleitungen widerspruchslos durchzuführen haben. [] Dazu sollen die Rechte der Betriebsräte abgebaut, die Belegschaften selbst aufgesplittert und die Gewerkschaften unterdrückt werden. Schon arbeitet der Bonner Arbeitsminister Storch ein weiteres Gesetz aus, nach dem Streiks für ungesetzlich erklärt werden können, und droht Adenauers Blatt "Rheinischer Merkur" mit der Verhängung von Zuchthausstrafen gegen Streikende. [] Die Durchführung des Generalkriegsvertrages wird unmittelbar schwerste soziale Folgen für die Arbeiterklasse und alle Werktätigen haben. [] Die Kosten der Aufrüstung verursachen steigende Steuerlasten. Wenn die Rohstoffe in die Rüstungsindustrie wandern, bedeutet das wachsende Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit in der Verbrauchsgüterindustrie. Wenn die Devisen zur Einfuhr kriegswichtiger Rohstoffe verwandt werden, bedeutet das Drosselung der Einfuhr von Lebensmitteln und Gebrauchsgütern. Die Aufstellung von Söldnerverbänden, die Wiederaufrüstung hat unmittelbar steigende Preise und Steuern, sinkenden Reallohn und verschärfte Ausbeutung in der Rüstungsindustrie zur Folge. [] In der Durchführung des Generalvertrages soll das Wort Görings "Kanonen statt Butter" wieder zur Geltung kommen. [] Adenauer und die Kriegspolitiker wissen sehr gut, daß damit der Generalkriegsvertrag gewaltige soziale Spannungen auslösen wird. Um Kämpfe der Arbeiterklasse gegen Verelendung durch den Kriegskurs zu verhindern, wollen sie mit dem Betriebsverfassungsgesetz der Arbeiterklasse ihre Kampfinstrumente, die Betriebräte und Gewerkschaftsorganisationen, nehmen und sie zu Dienern der Aufrüstung machen. [] Vor der Arbeiterklasse steht somit eine große Gefahr. Wieder befinden wir uns in einer ähnlichen Lage wie 1932/33. Es darf keine Zeit versäumt werden [] Durch den Einsatz der Kampfmittel der Arbeiterklasse kann die verhängnisvolle Entwicklung, die mit dem Generalkriegsvertrag droht, aufgehalten werden, kann der Plan Adenauers, den Generalkriegsvertrag ratifizieren zu lassen, verhindert und Adenauer gestürzt werden. Machtvolle Kampfaktionen der Arbeiterklasse entscheiden heute alles. [] In dieser Situation hat Fette mit Adenauer verhandelt, und das Ergebnis? Die DGB-Führung, mit Christian Fette, Föcher, vom Hoff und Reuter, verpflichtete sich, Kampfmaßnahmen der Arbeiterklasse zu verhindern. Dafür wollen die Unternehmerparteien über unbedeutende Aenderungen des Betriebsverfassungsgesetzes mit der DGB-Führung neu verhandeln, d. h. Adenauer hat bei den Verhandlungen von Fette alles bekommen, was er wollte, und die Interessen der Gewerkschafter und der Arbeiter überhaupt wurden restlos preisgegeben. [] Adenauer willigte ein in die Bildung des Wirtschaftsrates. - Dieser Wirtschaftsrat aber wird der Arbeiterklasse nichts anderes bringen als der Produktivitätsrat. Er wird ebenso zur Aufgabe haben, die reibungslose Umstellung auf die Rüstungsproduktion und die Kriegswirtschaft zu garantieren. Der Wirtschaftsrat soll also die gleichen Aufgaben übernehmen wie der Hitlersche Rüstungsrat. [] Die Teilnahme der Gewerkschaften soll diese in den Dienst der Kriegspolitik stellen, sie somit ihren eigentlichen Aufgaben entfremden und sie auf einen Weg bringen, der zu einer Wiederholung des 2. Mai 1933 führt. [] (Am 2. Mai 1933 wurden die Gewerkschaften durch Hitler zerschlagen und die DAF geschaffen, nachdem vorher die ADGB-Führung vor Hitler kapituliert hatte.) [] Durch die Verhandlungen mit Adenauer haben Fette, vom Hoff, Föcher und Reuter abermals, wie bei ihrer Zustimmung zur Remilitarisierung und zum Schumanplan, die Interessen der Arbeiter verraten und die Prinzipien der Gewerkschaftsbewegung preisgegeben. Um sich der Verantwortung für ihre Politik zu entziehen, ordneten sie zugleich die Verschiebung des DGB-Kongresses an. [] In den Gewerkschaftsorganisationen und Betriebsbelegschaften muß nun die Haltung dieser Führer zum Gegenstand einer breiten Diskussion gemacht werden. Die Gewerkschaftsmitglieder dürfen nicht dulden, daß von einigen Führern aufs gröblichste gegen ihre Interessen verstoßen wird. [] Die Kommunisten haben die Pflicht, auch dem letzten Arbeiter den Zusammenhang zwischen dem Generalkriegsvertrag und dem Betriebsverfassungsgesetz zu zeigen. [] Dringender denn je ist nun die Schaffung einer einheitlichen Kampffront aller Arbeiter durch den gemeinsamen Kampf der Sozialdemokraten, Christen, Kommunisten und Parteilosen. [] Die gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen, wie Massenstreiks und Demonstrationen, dürfen nicht zum Stillstand kommen, sondern müssen verbreitert und verstärkt werden. Der Kampf gegen den Generalkriegsvertrag ist in den Betrieben zu führen, aufs engste verbunden mit dem Kampf gegen das Betriebsverfassungsgesetz und mit den wirtschaftlichen Forderungen, wie Lohnerhöhung, 40-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich usw. [] Die Arbeiter sind dem Ruf der Gewerkschaften gefolgt, nicht nur, um gegen das Betriebsverfassungsgesetz zu protestieren, sondern auch, um ihre Kampfbereitschaft gegen den Generalkriegsvertrag und zum Sturz der Adenauer-Regierung zu bekunden. Die sozialdemokratischen Arbeiter fordern immer stärker außerparlamentarische Aktionen, um den Rücktritt Adenauers zu erzwingen. [] Sorgen wir dafür, daß der Kampfwille der Arbeiter in Resolutionen, Kampfbeschlüssen und Aktionen noch mächtiger als bisher seinen Ausdruck findet. Dann wird die Arbeiterklasse immer stärker voranschreiten in der Volksentscheidung gegen den Generalkriegsvertrag, für einen Friedensvertrag, dann wird die Adenauer-Regierung vom Proteststurm des ganzen Volkes hinweggefegt werden [] Verantwortlich und Herausgeber: Max Reimann, M.d.B. Druck: Rheinisch-Westfälische Volksdruckerei, Düsseldorf
Published:1952