Um den Pfennig des kleinen Mannes

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; zur Datierung dieses Flugblatts diente das Flugblatt mit der Signatur 6/FLBL004371 Um den Pfennig des kleinen Mannes [] Ja, um die Mark und die Pfennige des kleinen Mannes wurde im Bundestag in Bonn schon oft mit Verbissenheit gerungen. Der...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Paul Hug & Co., Wilhelmshaven
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/CA550DF2-A1A6-427A-BDD3-215CD712BFAE
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; zur Datierung dieses Flugblatts diente das Flugblatt mit der Signatur 6/FLBL004371 Um den Pfennig des kleinen Mannes [] Ja, um die Mark und die Pfennige des kleinen Mannes wurde im Bundestag in Bonn schon oft mit Verbissenheit gerungen. Der Staat greift jedem ohne Unterschied jeden Tag immer wieder in die Tasche: Wenn er morgens seinen Tee trinkt seine Pfeife oder Zigarette raucht, wenn er für sein Kind eine Tafel Schokolade kauft oder wenn im Haushalt Salz, Zucker usw. gebraucht wird. Immer fordert der Staat einen großen Anteil der Kaufsumme. Er fordert ihn ohne Unterschied von allen. Auch von dem Arbeitslosen, dem Rentner, der Kriegerwitwe. Vom Unterstützungsempfänger genau so wievom Großverdiener. In den letzten Wochen ging es in Bonn um die Preise für Zigaretten, Tabak und Zigarettenpapier [] Finanzminister Schäffer (CDU) wollte nun die Zigarette verbilligen. Durch den erhöhten Zigarettenverbrauch hofft er noch mehr Steuern einzuheimsen als vorher. Deshalb sollte das Päckchen Tabak auch nur um 10 Pfennig verbilligt werden. Die Blättchen des Selbstdrehers aber sollten wie bisher 45 Pfennig kosten. Erst noch vielen Verhandlungen und viermaliger Beschlußfassung im Ausschuß und im Plenum des Bundestages errang unser ostfriesischer Abgeordnete Peters den Sieg für alle Selbstdreher. Nach einem ersten Abstimmungserfolg im Ausschuß unterlag er mit seinen Freunden bei der zweiten Beratung knapp mit 10 gegen 11 Stimmen. Im Bundestag selbst siegte er das erste Mal mit 4 Stimmen Mehrheit über den erbosten und verärgerten Finanzminister und dessen Anhänger. In der letzten und entscheidenden Runde aber wurde der Finanzminister von einer größeren Mehrheit geschlagen. Der Blättchenpreis wird am 8. Juni um rund 20 Pfennig absinken. Die Selbstdreher insgesamt sparen dadurch in einem Jahre 18 bis 20 Millionen DM. [] ich ziehe aus Dir heraus, was ich kriegen kann! Steuern [] Vor dem Bundestag sagte Abgeordneter Peters (SPD) u. a. folgendes: "In der zweiten Lesung im Finanz? und Steuerausschuß stand die Mehrheit von 11 gegen 10 Stimmen noch unter dein Einfluß des Herrn Finanzministers, der am Abend zuvor seinen Koalitionsfreunden klar gemacht hatte, daß er ausgerechnet auf diese verhältnismäßig kleine Steuereinnahme nicht verzichten könne, (Zurufe von der Mitte: 20 Millionen!) daß er ausgerechnet dieses Geld von den geringstverdienenden Menschen in der Bundesrepublik zum Ausgleich seines Etats brauche. Daß ausgerechnet Sie, Herr Abgeordneter von Fürstenberg, (Angehöriger der CDU) dazu auserkoren waren, den Antrag auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage zu stellen, mutet wie Hohn an. Sie waren es doch, der in Verbindung mit dem Freiherrn von Aretin und neun weiteren Abgeordneten aus dem schönen Bayernlande am 9. Februar 1950 den Antrag auf Senkung der Zigarettenpapierpreise stellten und ihn damit begründeten, daß man der arbeitenden Bevölkerung billige Tabakwaren vermitteln müsse. (Hört! Hört! und Lachen links.) Sie haben inzwischen sicherlich eingesehen, daß Sie zu anderen Aufgaben berufen sind, als hier im Hause die Interessen der arbeitenden Bevölkerung zu vertreten. (Zurufe rechts: Na, na! ? Abg. Stegner (FDP): So ist das ja nun auch nicht! ? Abg. Heiland (SPD): Ist noch ein Gesandtenposten frei?) In dem uns nun vorliegenden Gesetzentwurf sollte dieser Ihr Antrag verwirklicht werden. Und ausgerechnet Sie sind dagegen! Man muß das mit Bedauern im Interesse der Menschen feststellen, die Sie in Ihrem Antrag einstmals angesprochen haben. Das neue Tabaksteuergesetz bringt Steuerermäßigungen für fast alle erfaßten Produkte, und da kann man, so meinen wir, das Zigarettenpapier nicht ausnehmen. Keiner der Millionen Zigarettenselbstdreher würde dafür Verständnis aufbringen können. Zigarettenselbstdreher aber sind Menschen, die sich keine fertige Fabrikzigarette leisten können. Jeder weiß, daß die rund sechs Milliarden Blättchen der Inlandsproduktion und die vier bis fünf Milliarden geschmuggelten Blättchen von den Millionen kleiner Beamten, Angestellten, Arbeitern, Rentnern, Arbeitslosen und sonstigen Unterstützungsempfängern verbraucht werden. Diese sind es, die von der ungerecht hohen Zigarettenpapiersteuer betroffen werden und auch weiterhin betroffen bleiben, wenn unser Antrag abgelehnt würde. Die Besteuerung von Zigarettenpapier wird allgemein als so unsozial und ungerechtfertigt empfunden, daß sie in fast allen Kulturstaaten völlig abgelehnt wird. Das Hohe Haus sollte gerade in dieser Frage nicht den fiskalischen Interessen?Rechnungen des Herrn Finanzministers folgen; folgen wir lieber seiner Gesetzesbegründung betreffs Schmuggelbekämpfung und handeln wir steuerlich gerecht, indem wir nicht ein Produkt für den sozial Schwächsten von der Steuer- und Preissenkung in diesem Gesetz ausnehmen. Ich bitte Sie, unserem Antrage auf Senkung der Zigarettenpapiersteuer zuzustimmen. Der Steuersatz für 50 Blättchen Soll dadurch von 24 Pfennig auf 5 Pfennig herabgesetzt werden. (Beifall bei der SPD) Das Ergebnis der Abstimmung war: 138 für und 134 gegen den Antrag. In der letzten Behandlung des Gesetzes lag ein Antrag der drei Regierungspartelen CDU, FDP und DP vor, den Steuersatz in der alten Höhe, zu belassen. Begründet und verfochten wurde der Antrag von Finanzminister Schäffer und Abgeordneten Neubauer beide CDU. In ihren Ausführungen kam zum Ausdruck, daß der Tabak bereits im Verhältnis zur Zigarette im Preise gesenkt worden sei. Nun auch noch die Blättchen zu senken, würde den Selbstdrehern einen zu großen Vorteil bringen. Das aber möchte der Finanzminister verhindern. Die Möglichkeit, auf billigere Art zu einer Zigarette zu kommen, soll einfach nicht bestehen. Wörtlich sagte der Minister: "Wenn Sie Steuer und Preis für Zigarettenpapier auch noch senken,ändert sich die Relation zwischen Feinschnitt und Fabrikzigarette, und zwar ändert sie sich über das Maß hinaus, das im Regierungsentwurf als erträglich angesehen worden ist." Gerade das aber wollte der Abgeordnete Peters erreichen. Er wollte eine echte Verbilligung des Rauchens für den Selbstdreher! Auf den Einwand des Finanzministers, der Bundesrat habe Bedenken gegen den entstehenden Steuerausfall geäußert, sagte der Abgeordnete Peters: "Wenn der Bundesrat wegen der Ausfälle Bedenken geäußert hat, so muß man darauf hinweisen, daß dieses Gesetz sowieso Ausfälle bringt. Man hätte sich das bei den Steuerstundungen überlegen müssen, Herr Finanzminister! (Sehr gut! bei der SPD) [] Die Abstimmung erbrachte diesmal eine eindeutige Mehrheit für die Meinung des Abgeordneten Peters, und damit war die Verbilligung auch des Zigarettenpapiers endgültig durchgesetzt. Ein Erfolg, der sich mit der Verbilligung des Feinschnitts von 1,60 DM auf 1,35 bzw. 1,20 DM zu einem schönen Gesamterfolg für alle Selbstdreher rundet. Jetzt bezahlt er für ein Päckchen Tabak und 50 Blättchen nicht mehr 2,05 DM, sondern 1,45 bzw.11,60 DM bei gleichbleibender Tobakqualität. Wer die amtlichen Protokolle des Bundestages zur Hand nimmt, wird immer wieder feststellen, wie unsere ostfriesischen Abgeordneten bei jeder sich bietenden Gelegenheit für die wirtschaftlich schlecht gestellte arbeitende Bevölkerung eintreten. Die Steuerreformen, die die Regierung Adenauer durchführt, gehen zu Gunsten von Leuten, von denen jeder Einzelne so viel einnimmt wie hundert und mehr ostfriesische Arbeiter zusammen. Für den Pfennig des kleinen Mannes kämpft die SPD und kämpfen unsere Abgeordneten. Wir möchten, daß jeder dies weiß. Das Beispiel mit der Blättchensteuer sei mitgeteilt als ein Beispiel unter vielen. Und der Tee? Hier ist die Entscheidung noch nicht gefallen. Bekanntlich brachte die SPD einen neuen Antrag auf Senkung der Teesteuer ein. Peters hofft, daß es ihm gelingt, dieses "Ostfriesische Anliegen" zu einem guten Ende zu bringen. Seine letzte Rede dazu vom 5. Mai im Bundestag ist in den Lebensmittelgeschäften auf Plakaten nachzulesen. [] Druck: Paul Hug & Co., Wilhelmshaven
Published:06.09.1953