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Rheine, August 1953 [] RUDOLF SPERNER [] Wählerinnen und Wähler! [] Am 6. September stehen Sie vor der Entscheidung, wie Sie in Zukunft das politische Geschehen in Deutschland gestaltet wissen wollen. Mit Ihrem Stimmzettel können Sie die fernere Entwicklung beeinflussen. Es dürfte auch Ihnen klar geworden sein, daß ein besserer Bundestag gewählt werden muß, wenn das deutsche Volk in einem wiedervereinigten Deutschland in Frieden und Freiheit leben soll. Der 1. Bundestag hat in dieser Richtung nichts erreicht. Er hat die Angst vor Krieg, vor Arbeitslosigkeit und Verelendung nicht beseitigen können, weil der Bundestagsmehrheit dazu der Wille fehlte. Ihre Politik war ein Fiasko. Die Sozialdemokratische Partei ist dafür in keiner Weise verantwortlich. Sie stand gegenüber der Regierung Adenauer in der Opposition. An geeigneten Vorschlägen für eine Neuorientierung auf innen- und außenpolitischem Gebiet hat sie es nicht fehlen lassen, aber all ihre Vorschläge verfielen bei der Regierungsmehrheit der Ablehnung. Nun haben die Wähler das Wort. Sie sollen mit dem Stimmzettel das Urteil über die verfehlte Politik der Regierung Adenauer und der dieser Regierung gefügigen Bundestagsmehrheit sprechen und ihren Willen zu einer freiheitlichen Entwicklung Gesamtdeutschlands und zu seiner sozialen Neuordnung bekunden. Dazu ruft die Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sie auf. [] Ich bin von dieser, meiner Partei für den Wahlkreis Steinfurt-Tecklenburg als Kandidat für den Bundestag aufgestellt worden und erlaube mir deshalb, mich Ihnen auf diesem Wege bekannt zu machen. In Böhmischdorf (Sudetenland) wurde ich am 15. 1. 1919 als Sohn eines Fabrikarbeiters geboren. Früh schloß ich mich der Falkenjugend und später der Sozialistischen Jugend an. Ich besuchte die fünfklassige Volksschule, anschließend drei Klassen Bürgerschule sowie ein Jahr Handelsschule. Nach der Schulentlassung trat ich bei der Konsumgenossenschaft in die kaufmännische Lehre ein und wurde gleichzeitig Mitglied der Gewerkschaft. Nach Liquidierung der Genossenschaft durch die Nazis wurde ich arbeitslos. Die Nazis konnten mich nicht gebrauchen. Trotzdem war ich ihnen 1939 gut genug, Soldat zu werden. Ich wurde im Kriege fünfmal verwundet und verlor das linke Auge. 1945 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen, landete ich in Ibbenbüren. Arbeit fand ich als Bauhilfsarbeiter und Tiefbauarbeiter bei verschiedenen Ibbenbürener Firmen und später als Heizer bei der Firma "Kösters Glashüttenwerke" in Ibbenbüren, wo ich bald in den Betriebsrat und später als Betriebsratsvorsitzender gewählt wurde. Durch das Vertrauen meiner Kollegen wurde ich weiter in den Ortsausschuß Ibbenbüren des DGB, später als 1. Vorsitzender des Kreisausschusses Tecklenburg des DGB und schließlich als 2. Sekretär des DGB in Ibbenbüren gewählt, bis ich nach zwei Jahren zum Verwaltungsstellenleiter der Verwaltungsstelle Rheine der Industriegewerkschaft Bau - Steine - Erden gewählt wurde. In dieser Funktion erstreckt sich mein Arbeitsgebiet auf die Kreise Tecklenburg, Steinfurt und Ahaus. [] Daß ich als Gewerkschafter und als Sozialdemokrat immer für die Hebung der sozialen Lage der arbeitenden Menschen eintreten und daß mein Interesse ganz besonders den Opfern einer verfehlten Politik gilt, den Vertriebenen, Evakuierten, Kriegssachgeschädigten sowie den Kriegsbeschädigten, den Witwen und Waisen sowie allen Rentnern und all denen, die durch ihrer Hände oder ihres Geistes Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst verdienen können, ist selbstverständlich. [] Für Frieden und Freiheit in einem wiedervereinigten Deutschland, für ein Europa auf der Grundlage der Gleichberechtigung aller europäischen Völker, für eine wirtschaftliche und soziale Neuordnung, für Gewissensfreiheit und Toleranz in allen religiösen und weltanschaulichen Fragen setze ich mich im Sinne des Dortmunder Aktionsprogrammes und der 14 Frankfurter Thesen der SPD mit meiner ganzen Persönlichkeit ein. [] Prüfen Sie und entscheiden Sie am 6. September richtig. [] Machen sie ihr erstes Kreuz auf dem Stimmzettel hinter meinen Namen und Ihr zweites Kreuz in das Feld der SPD, dann unterstützen Sie meine Bestrebungen für das Wohl der schaffenden Menschen. Darum möchte ich Sie hiermit herzlichst gebeten haben. [] Rudolf Sperner [] Kandidat der SPD [] Herausgeber: SPD, Westliches Westfalen [] Druck: Westfalendruck, Dortmund
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