Summary: | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [?] = vermutete Leseart
Kameraden! [] In ernster Stunde ist durch Maßnahmen der leitenden Stelle, die auf irriger Voraussetzung beruhten, eine Mißstimmung unter uns Kameraden eingetreten, die zu einer öffentlichen Kundgebung geführt hat. Das Auffahren von Maschinengewehren auf den Kasernenplätzen während der Nacht hat dem Faß den Boden eingeschlagen und den Wunsch hervorgerufen, durch eine imposante Kundgebung dem Stationschef ihre berechtigten Beschwerden und Forderungen vorzutragen. Daß die Kundgebung in diesem Geiste verlaufen ist, haben wir der sprichwörtlichen Besonnenheit und Kaltblütigkeit der Marine-Mannschaften zu verdanken. Ohne jede Ausschreitung, mit einer Nutze, wie sie besser nicht bewahrt werden konnte, ist die Kundgebung verlaufen. [] Ihre vom Vertrauen getragenen Obmänner haben ihre Wünsche dem Stationschef vorgetragen. [] Diese sind, soweit sie in seinem Machtbereich lagen, ausnahmslos bewilligt worden. [] Diese Forderungen sind: [] 1. Einsetzung einer Vertrauenskommission, bestehend aus je 3 Personen von jeder Kompagnie, die wiederum aus ihrer Mitte einen Obmann zu wählen haben. Wünsche sind dieser Kommission vorzutragen. [] 2. Auswärtiges Militär ist sofort von Wilhelmshaven zu entfernen, bezw. deren Ausladung zu verhindern. [] 3. Der Grußzwang innerhalb der Stadt ist aufzuheben. [] 4. Die Untersuchungsgefangenen und Arrestanten, die wegen der letzten politischen Vorfälle in der Flotte und der Garnison verhaftet sind, bezw. wegen kleiner Disziplinarvergehen bestraft sind, sind sofort auf freien Fuß zu setzen, selbstverständlich unter Ausschaltung ehrloser Vergehen. [] 5. Für Durchführung der gleichen Beköstigung für Offiziere und Mannschaften ist Sorge zu tragen. [] 6. Allen Abgeordneten und Arbeiterdelegationen ist der Zutritt zur Festung ohne Patzzwang zu gestatten. [] 7. Es ist sofort für Aufhebung der Briefzensur Sorge zu tragen. [] 8. Punkt 3, 5, 6 und 7 werden telegraphisch nach Berlin der Regierung zur sofortigen Genehmigung und weiteren Veranlassungübermittelt. [] Kameraden! Nachdem der Stationschef durch sein Vertrauen uns gegenüber den friedlichen Ausgang der Kundgebung mit herbeigeführt hat, legen wir Euch dringend ans Herz, daß die bisherige Ruhe und Besonnenheit bewahrt bleibt, um unnützes Blutvergießen zu verhindern. Es ist wahrlich genügend Blut vergossen worden, daß weiteres Vergießen in dieser schweren Stunde vermieden werden muß. Vor allem sorgt dafür, daß Hetzer und Aufwiegler, die nichts mit unserer Sache zu tun haben, unschädlich gemacht werden. Wir fordern die Kameraden auf, ihren Dienst wie bisher zu versehen und für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Bedenkt, daß die Augen des gesamten Deutschen Voltes auf uns gerichtet sind. [] Zur Aufrechterhaltung der Ordnung werden Patrouillen, kenntlich an einer weißen Binde, die Straßen abmarschieren, denen unbedingt Folge zu leisten ist. [] In unserem Interesse ist auf Wunsch der Obleute vorläufig der Ausschank von Spirituosen in allen Lokalitäten untersagt. [] Die Vertrauenskommission. [] Buchdruckerei Paul Hug & Co., Rüstringen []
|