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Braunschweig, Januar 1951 [] Querschnitt durch die große und kleine Politik [] Mitteilungsblatt der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands - Bezirk Braunschweig [] [] Der Schlag in Niedersachsen [] Ende Dezember sprach Dr. Kurt Schumacher in Hannover in einer überfüllten Versammlung vor Funktionären der SPD, in der er auch zu den kommenden Wahlen in Niedersachsen Stellung nahm. [] Dr. Schumacher führte u. a. aus: [] "In Niedersachsen werde es interessante Landtagswahlen geben. Gegen die SPD stehe vor allem die Deutsche Partei mit ihren SA-Typen, die glaubten, Deutschland zusammensingen zu können. Während die DP hier in Niedersachsen die radikale Rechte in Anspruch nehme, sei sie in Bonn eine Partei restloser Gefügigkeit gegenüber den Alliierten. Die CDU sei als Koalitionspartner in allen entscheidenden Fragen der niedersächsischen Regierung in den Arm gefallen. Wir wollen für eine SPD-Regierung in Niedersachsen kämpfen und Klarheit schaffen über die Stellung des Volkes. Daraus ergebe sich der Gradmesser, ob die Bundesregierung weiterbestehen könne. [] Ein weiterer interessanter Gradmesser sei der Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten. Wie sein Zusammengehen mit den Besitzbürgern in Schleswig-Holstein zeige, sei seine Führung restauratorisch. Aber die Illusionisten dieses Zusammengehens seien bereits schwer enttäuscht. In Bayern habe der BHE nicht einmal die Hälfte der Flüchtlingsstimmen auf sich vereinen können. In Hessen marschieren seine Abgeordneten zur SPD ab. [] Die FDP habe in Bayern spürbar eins auf die Nase bekommen. In Hessen habe sie sich mit dem BHE verbündet, aber doch ein Viertel ihrer Wähler verloren. [] Von der Arbeit des kleinen Funktionärs in Stadt und Land, von der Mitarbeit eines jeden hänge der Erfolg bei den kommenden Landtagswahlen ab. Niedersachsen müsse den Schlag in Süddeutschland ergänzen. Wenn dies gelinge, sei die Bahn frei für die Wahlen im Bund." [] [] 1950 - quergeschnitten [] Keine Angst! Hier sollen nicht all die Rück- und Vorschauen wiederholt werden, die die Männer der großen Politik der Menschheit zum Jahreswechsel hielten. [] Wir bleiben im Lande und wollen unseren Lesern nur einige wichtige politische Ereignisse ins Gedächtnis zurückrufen, die im Verwaltungsbezirk Braunschweig während des Jahres 1950 abrollten. [] Erinnern Sie sich noch? Im Januar begann der größte Prozeß der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik gegen den Nazi-Ministerpräsidenten Klagges. Lebenslängliches Zuchthaus wegen Beihilfe zum Mord an "andersdenkenden" Bürgern lautete das Urteil im April. In den Gerichtsverhandlungen gegen die Komplicen Klagges', die sich durch das ganze Jahr hinzogen, fanden schwerste Verbrechen zum Teil milde Urteile. Im August ehrten Regierung und Bevölkerung des Bezirks in Gedenkfeiern den im Kz verstorbenen früheren braunschweigischen Ministerpräsidenten Dr. Heinrich Jasper und mit ihm alle Opfer des Naziterrors. [] Während der Oppositionsführer Dr. Kurt Schumacher im Februar sich fast einen ganzen Tag in Watenstedt-Salzgitter aufhielt und vor Wirtschaftlern, dem Betriebsrat der Reichswerke und in einer öffentlichen Versammlung über die entscheidende Frage der Demontage sprach, machte Bundeskanzler Adenauer im Oktober vorn CDU-Parteitag in Goslar einen Abstecher von 38 Minuten in das Notstandsgebiet. Auf die provozierende Erhard-Parteitagsrede in Goslar antwortete Prof. Dr. Nölting (SPD) postwendend in einer großen öffentlichen Versammlung am gleichen Ort. [] Auf einer imposanten Grenzlandkundgebung der SPD in Braunschweig sprach Prof. Dr. Carlo Schmid gleichfalls im Oktober über die politische Situation. [] Während über 500 neue Mitglieder als Erfolg der gegen Ende des Jahres gestarteten großen Werbeaktion in die SPD aufgenommen wurden, hatten die Kommunisten große Erfolge bei ihren "Reinigungsaktionen". Zahlreiche KP-Mitglieder, die die Generalissimus-Linie verfehlten, wurden ,entlarvt' und ausgeschlossen. [] Das Jahr 1951 wird uns entscheidende politische Aufgaben stellen. Helfen Sie, lieber Leser, daß die SPD - die Partei der verantwortungsvollen Opposition - bei den kommenden Wahlen einen überwältigenden Sieg erringt. [] Eins müssen wir immer tun: [] Wir müssen in jeder Situation den Mut haben, für die eigene Ueberzeugung einzutreten. [] Dr. Kurt Schumacher [] [] Staatsminister Pastor Heinrich Albertz [] Unser Kampf für die Vertriebenen [] Das Land Niedersachsen war das erste Land, das bewußt die Frage der Vertriebenen und Flüchtlinge aus dem Wohlfahrtssektor getrennt und es seiner politischen Bedeutung entsprechend im Aufbau der Staatsverwaltung nach vorn gerückt hat. Das Kabinett Kopf entschloß sich im Juni 1948, ein besonderes politisches Flüchtlingsministerium zu bilden. [] Was wäre, wenn ...? [] Das Niedersächsische Flüchtlingsministerium hat vom ersten Tage seiner Tätigkeit an mit größter Energie um eine möglichst schnelle und weitgehende zentrale Lenkung der Vertriebenenfrage in Westdeutschland gekämpft. Weder das "Amt für Heimatvertriebene" beim damaligen Wirtschaftsrat, noch das jetzige "Bundesflüchtlingsministerium" wären ohne diesen Einsatz in Niedersachsen jemals möglich gewesen. Gewisse Sicherungen im Grundgesetz für die Vertriebenen sind von der SPD gegen schwere Widerstände anderer Parteien erfolgreich durchgesetzt. [] Das Niedersächsische Flüchtlingsministerium hat den entscheidenden Beitrag zur Frage des Flüchtlingsausgleichs unter den westdeutschen Ländern geleistet und steht noch heute in einer schweren und ermüdenden Auseinandersetzung mit den Landesregierungen, die unter dem Vorzeichen einer angeblich christlichen Politik sich gegen eine gleichmäßige Verteilung der Vertriebenen in Westdeutschland mit Erfolg wehren. Das erste Bundesgesetz über die Umsiedlung von Vertriebenen ist auf niedersächsische Initiative im Bundesrat zustandegekommen und zwar, das muß hier leider ausgesprochen werden, zunächst gegen den Widerstand des Bundesflüchtlingsministers. [] Das Niedersächsische Flüchtlingsministerium hat unter dem besonderen Schicksal unseres Landes an der Zonengrenze stellvertretend für den Bund die Frage der politischen Flüchtlinge aus der Ostzone, die Frage der heimkehrenden Kriegsgefangenen und der Deutschen, die noch aus den Gebieten jenseits der Oder- und Neiße-Linie zu uns kommen, in schweren Auseinandersetzungen mit den Besatzungsmächten und mit dem Unverstand deutscher Etappenstellen diesseits und jenseits des Rheins durchgehalten. Es kann ohne Übertreibung gesagt werden, daß ohne diesen Kampf nach dem allzu bequemen Willen einiger Ratgeber der Hohen Kommissare und einiger Bundesministerien die Zonengrenze praktisch geschlossen worden wäre. Auch das Hereinholen der Deutschen von jenseits der Oder- und Neiße-Linie ist allein durch den dramatischen 3. März vorigen Jahres in Friedland entschieden worden, weil sonst durch die Zurückhaltung der Bundesregierung die Besatzungsstellen sicher ihren Willen durchgesetzt hätten. [] Niedersachsen hat bis an die Grenze des Möglichen Vertriebene und Flüchtlinge aufgenommen. Dafür gibt es wohl kein Beispiel mehr in Westdeutschland. [] Durch die besondere Herausstellung der Vertriebenenfrage in Niedersachsen ist erreicht worden, daß praktisch alle Aufbaumaßnahmen im Lande, vom sozialen Wohnungsbau über die Erweiterung und Neuschaffung von Industrien bis zu den großzügigen Maßnahmen für die heimatlose Jugend, unter dem besonderen Gesichtspunkt der Vertriebenen gestanden haben. [] Das Niedersächsische Flüchtlingsministerium hat als einziges Flüchtlingsressort in Westdeutschland eine praktische, uneingeschränkte Aufnahme und Fürsorge für die heimatlose Jugend durchgesetzt und aufgebaut. In Einrichtungen, die nun langsam im ganzen Bundesgebiet nachgeahmt werden, ist dafür gesorgt, daß in Niedersachsen jeder heimatlose Jugendliche, der sich in den errichteten Lagern und Heimen meldet, von der Straße wegkommt und in eine Arbeit aufgenommen wird. [] Ein internationales Gespräch über die deutsche Vertriebenen wäre nicht gelungen, wenn es ein niedersächsisches Flüchtlingsministerium nicht gegeben hätte. Zu einer Zeit, als die Bundesregierung noch nicht im Amt war, war es dieses Ministerium, das die entscheidende internationale Konferenz über Flüchtlingsfragen in Hamburg im Februar 1949 zusammen mit dem Weltkirchenrat vorbereitet hat und damit die Mauer des Schweigens über die deutschen Vertriebenen aufbrach. [] [] Vorbildliche sozialdemokratische Kommunalpolitik in Braunschweig [] Fünf Jahre danach [] Hand aufs Herz: Wer kann sich heute noch an die furchtbaren Zustände in der Stadt Braunschweig erinnern, als 1945 die Nazis aus- und die Amis einrückten? Kurz gesagt, die Stadt war vom Bombenhagel niedergewalzt. [] Jetzt, über fünf Jahre danach, nehmen wir wieder alle Dinge des täglichen Lebens als selbstverständlich hin. Und doch hat es große Mühe und viel Arbeit gekostet, um aus dem Trümmerhaufen wieder ein wohnliches Braunschweig zu schaffen. Mit berechtigtem Stolz können wir sagen: Das ist das Ergebnis sozialdemokratischer Kommunalpolitik. [] In den Jahren des Wiederaufbaues stellte die SPD als stärkste Partei im Stadtparlament den Oberbürgermeister, den Oberstadtdirektor und die Vorsitzenden in fast allen Ausschüssen. Auch bei der letzten Oberbürgermeisterwahl im Dezember wurde Otto Bennemann mit großer Stimmenmehrheit wiedergewählt. Seine konsequente sozialpolitische Haltung hat in allen Kreisen der Bevölkerung ein anerkennendes Echo gefunden. [] Was wurde geleistet? [] Weit über 100000 Kubikmeter Schutt sind geräumt. Braunschweig gilt immer noch als die aufgeräumteste Stadt im Bundesgebiet. Wer heute schmucke Straßenbahnen und Omnibusse an sich vorbeirollen sieht, der denkt wohl kaum noch daran, daß der Krieg nur vier fahrbereite Straßenbahnwagen und drei Omnibusse übrig ließ. Aber so sah es ja an allen Ecken und Enden aus. [] Fast 45000 Ostvertriebene wurden neben 30000 Bombengeschädigten in unserer zu 65 Prozent zerstörten Stadt untergebracht. Als östlichste Großstadt an der Zonengrenze hat Braunschweig mit Hilfe der Arbeiter-Wohlfahrt Tausende heimat- und elternlose Jugendliche in städtischen Heimen aufgenommen. Die drohende Seuchengefahr wurde in den Jahren der großen deutschen Not durch vorbildliche Maßnahmen des Städtischen Gesundheitsamtes gebannt. [] Unter größten Schwierigkeiten wurden Schulen, Krankenhäuser, Jugend- und Kinderheime, Theater, Straßen, Grünanlagen und andere öffentliche Einrichtungen neu gebaut oder erweitert. [] Wenn sich nach dem Zusammenbruch nicht beherzte Männer und Frauen aus den Reihen der SPD dem Wiederaufbau unserer Stadt sofort zur Verfügung gestellt hätten, dann wäre Braunschweig längst nicht wieder so wohnlich, wie es heute bereits wieder ist. [] Die Ratsherren der SPD und ihre Vertreter in der Verwaltung werden an alle Aufgaben der Zukunft mit der gleichen inneren Bereitschaft zum Wohle der Stadt und ihrer Bevölkerung herantreten, wie sie es in den letzten fünf Jahren mit so großem Erfolg getan haben. [] [] Trau keinem, der nie Partei genommen - [] Und immer im Trüben ist geschwommen! [] Gottfried Keller [] [] Blitzlichter aus Bonn [] Kalte Stuben - kalter Spott [] Nach übereinstimmenden Meldungen aus Aerztekreisen ist in der letzten Hälfte des Dezembers die Zahl der an Erkältungskrankheiten leidenden Personen stark angestiegen. Der Grund liegt In dem unverantwortlichen Versagen der Bundesregierung in der Hausbrand-Kohlenversorgung. [] Wirtschaftsminister Erhard hatte im Bundestag für die frierende Bevölkerung nur kalten Spott übrig: Im Frühjahr 1951 wird die Sorge um unsere Hausbrandkohle gebannt sein. Richtig, Herr Minister! Im Frühjahr 1951 scheint die Sonne und blühen die Veilchen. [] Und als im Bundestag der Abgeordnete Dr. Koch die Interpellation der SPD zur Hausbrandversorgung begründete und auf die schwache Kaufkraft breiter Volksmassen (Bevorratung mit Kohlen im Sommer) und auf das Fehlen des notwendigsten Wohnraumes für Millionen von Mitbürgern hinwies, da erscholl auf der rechten Seite des "Hohen Hauses", auf der bekanntlich die Vertreter der Satten sitzen, der höhnische Zwischenruf: "Dann brauchen sie ja auch nicht zu heizen!" [] [] Blick in den Landtag [] Mitbestimmung - Lehrerbildungswesen [] Im Dezember behandelte der Niedersächsische Landtag zwei wichtige Gesetze. Der Gesetzentwurf der SPD über die Neuordnung der Industrie- und Handelskammern, die nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Kapital und Arbeit aufgebaut werden sollen, wurde nach der ersten Lesung dem zuständigen Ausschuß überwiesen. Das Gesetz über die Verlängerung des Studiums für Volksschullehrer von vier auf sechs Semester wurde beschlossen. Dadurch sind in Niedersachsen die großen sozialpädagogischen Aufgaben der Volksschulen vorbildlich gefördert. Die von bürgerlicher Seite zu beiden Gesetzen vorgetragenen Verschleppungsversuche wurden zurückgewiesen. [] [] Die SPD in der Gemeinde [] SPD - Partei des Vertrauens [] Die Selbstverwaltung der Gemeinden, Städte und Kreise ist seit 1946 im Bundesgebiet wieder den von der Bevölkerung gewählten Ratsmitgliedern übertragen worden. Von den 1948 insgesamt gewählten 3800 Ratsmitgliedern im Verwaltungsbezirk Braunschweig gehören 1823 der SPD, 1279 der CDU, 257 der DP, 197 der FDP, 28 der KP, 13 dem Zentrum, 4 der RSF an, und 199 sind als Unabhängige gewählt. In diesen Zahlen drückt sich das Vertrauen aus, welches die Parteien in der Bevölkerung genießen. Die SPD stellt mit 47,9 Prozent der Gewählten nahezu die Hälfte aller in den kommunalen Parlamenten tätigen Männer und Frauen. In 158 von 350 Gemeinden und kreisangehörigen Städten ist die SPD in der Mehrheit. In 157 Gemeinden stellt sie den Bürgermeister, in drei Kreisen den Landrat, und in einer kreisfreien Stadt den Oberbürgermeister. [] Es sind Werktätige aus allen Schichten der Bevölkerung, die neben ihrer beruflichen Tätigkeit ehrenamtlich die Verantwortung für die volksnaheste demokratische Einrichtung, die Selbstverwaltung in den Gemeinden, Städten und Kreisen tragen. Hier kommt die Mitwirkung der Bevölkerung bei der Erfüllung der öffentlichen Aufgaben am deutlichsten zum Ausdruck. [] [] CDU-Zwischenspiel in Helmstedt [] Ein Jahr CDU-"Taktik" in der Kreisstadt an der Zonengrenze ist vorüber und damit der Traum der CDU, im Rathaus "dominierend" zu wirken. Helmstedt hat in der Person des Kreishandwerksmeisters Steinhoff wieder einen SPD-Bürgermeister. Im Herbst 1949 schwenkte eine SPD-Stadtverordnete, die von der Ersatzliste gewählt war, ab und wurde unabhängig. Sie schloß sich der Fraktionsgemeinschaft CDU/DP an, die nunmehr aus elf CDU-, einem DP- und der besagten Unabhängigen bestand. Die CDU beanspruchte darauf, obwohl sie gegenüber der SPD-Fraktion einen Abgeordneten weniger zählte, das Amt des Bürgermeisters, was sie mit Hilfe der "Fraktionsgemeinschaft" auch durchsetzte. Dann kam sie in Geschmack und verlangte die Umbildung sämtlicher Ausschüsse. Nach dreimaligem Anlauf wurde es dann erreicht. Im Laufe dieses Herbstes zeigten sich die ersten Risse im Block der Fraktionsgemeinschaft. Die unabhängige Stadtverordnete legte ihr Mandat nieder. Ihr Nachfolger kam von der SPD-Liste, und damit war die absolute SPD-Mehrheit im Stadtparlament wieder gesichert. Die CDU wollte nun ihren ganzen Zorn auf den Stadtdirektor abladen, der zu ihrem Mißfallen der SPD angehört. Das Bezirks-Wahlgericht entschied jedoch, daß die Mandatsniederlegung der Unabhängigen rechtsgültig sei und stellte fest, daß der Stadtdirektor korrekt vorgegangen sei. Der "Block" resignierte und war in der letzten Sitzung des Jahres nicht einmal in der Lage, einen Stellvertreter für den Bürgermeister zu benennen, der ihm von der SPD selbstverständlich zugestanden werden sollte. Die SPD-Fraktion wählte ihn daraufhin aus ihren Reihen in der Person des Stadtverordneten Heinz Rost. [] Damit hat sich das Blatt nun wieder gewendet. Die SPD wird mit ihrer absoluten Mehrheit auch in Zukunft die Geschäfte wieder so handhaben, wie es die Wählerschaft vor zwei Jahren gewünscht hat. [] [] "Über Galgen wächst kein Gras!" [] Da überraschte uns die "Braunschweiger Zeitung" kurz vor Weihnachten mit einem Inserat "Antwort auf die Enthüllungsliteratur". Eine Anzahl Bücher wurde angeboten, die dem deutschen Volke neben den Korea-Ereignissen und dem Wiederbewaffnungs-Durcheinander gerade noch unter dem Weihnachtsbaum gefehlt haben. "Wirkliche Weihnachtsgeschenke für jeden deutschbewußten Menschen", so hieß es in der Anzeige. [] Und wer antwortete da aus dem sonnigen Südamerika auf die "übertriebenen" Enthüllungen der Naziverbrechen? Keine anderen als Oberst Rudel, Generaloberst Guderian, Hans Grimm und andere Hitler-Günstlinge. Nürnberg war nach ihnen "eine Gemeinheit" der Sieger. Und darum auch: "Über Galgen wächst kein Gras". [] Unterschrieben war das Inserat ganz schlicht und harmlos mit Wolfgang Müller, der um den Besuch "jedes deutschbewußten Menschen" bat. Diesen ranzigen Braten mußte auch die "Braunschweiger Zeitung" riechen. Es handelt sich nämlich um jenen Piloten-Müller, der auf der Ausstellung "Zwischen Harz und Heide" ehemalige deutsche Flieger für Südamerika anwerben wollte. Das geschah im Oktober vorigen Jahres und brachte dem jungen Mann die Empörung der Ausstellungsbesucher, Schutzhaft und ein Strafverfahren ein. [] Dann gründete der gleiche Müller mit dem Sohn des zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilten Massenmörders Klagges in Braunschweig den "Kampfbund deutscher Sozialisten" und gab ein Flugblatt heraus, das von Verunglimpfungen demokratischer Einrichtungen und Persönlichkeiten strotzte. Das geschah im November vorigen Jahres und brachte Piloten-Müller wiederum ein Strafverfahren ein. [] Und warum sollte im Dezember 1950 die "Braunschweiger Zeitung" nicht - genau wie die "unabhängigen" Blätter Anno 1933 - auf dem rechten Auge blind sein? Bei 125 Millimeter zweispaltig sprangen immerhin 125 DM in den Kasten - - - [] Nun schreiben wir Januar 1951 und sind gespannt, ob über die Strafverfahren gegen Piloten-Müller das frische Gras eines "deutschbewußten" Frühlings wächst. [] Müller ist ein Strohmann. Das wissen wir. Neonazistische Volksverderber haben ihn vorgeschoben. Diese Dunkelmänner waren es, die Zehntausende Sozialisten und Demokraten während des Hitlerregimes aufs Schafott und an den Galgen, schleppten. Daß über diese Kapitalverbrechen kein Gras wächst und daß sie sich niemals wiederholen, darüber werden wir mit Millionen Deutscher wachen und fanatisch mit allen Mitteln kämpfen. [] [] "Keinen Mumm in den Knochen" [] Generaloberst a.D. von Bothmer (SRP), ein "Waffengefährte" Remers, erklärte in einer Versammlung seiner Parteigänger in Braunschweig, daß die heutigen Politiker "keinen Mumm in den Knochen" hätten und daß "heute ein Kerl wie Adolf Hitler vielleicht noch helfen" könne. [] Das deutsche Volk wird dem politischen Naivling und Generaloberst a.D. schon "helfen" - wenn es nottut. [] [] Das Ohr auf der Straße [] Das ist hier die Frage [] Ein Rudel Halbwüchsiger stürmt in den fast unbesetzten Straßenbahnanhänger. Offensichtlich sind es Fußballer. Sie machen mehr Krach als Adenauers "Lausejungen" in Stuttgart "... mußtest doch mit der Birne die Pille, ... ganz bestimmt Tor." [] Da brüllt aus der Ecke ein Mittdreißiger (Offizierstuch, auf zivil geschneidert): "... Schnauze halten, ... auf Vordermann bringen, bald wieder aus euch richtige Soldaten machen." Päng! Kurze Pause. [] Drauf der Blondschopf (die Rasselbande nannte ihn "Hanne"): "Und wer macht dann hinterher aus uns wieder richtige Menschen?" [] A. B., Braunschweig. [] [] Tatsachen am Rande [] Grenzland Niedersachsen [] Die Bevölkerung Niedersachsens ist seit 1939 um rund 53 Prozent gestiegen. 4539000 Bewohner des Landes (1939) erhielten einen Zuwachs von 239000 Heimatvertriebenen, Evakuierten aus anderen Gebieten Deutschlands, Ausländern usw., so daß die Gesamtbevölkerung jetzt 6937000 beträgt. [] Tendenz: steigend - - - [] Im Dezember erhöhte sich: [] 1. die Zahl der Arbeitslosen in Niedersachsen um 35459 auf 343441 Personen (erste Dezemberhälfte); [] 2. der Preis der Butter um 40 Pfennig je Kilogramm ("Sie essen doch auch Sanella, Herr Generaldirektor?"); [] 3. der Preis der Kohle um 4,50 Mark je Tonne (Preiserhöhungen vom Kragenknopf bis zur Schuhsohle werden folgen). [] Das Jahr 1951 läßt von der " Sozialen Marktwirtschaft" des Herrn Erhard das Schlimmste für weiteste Volkskreise befürchten. Das Adenauer-Kabinett hat bereits der 50prozentigen Verteuerung der Arbeiter-Fahrkarten zugestimmt ("Niemals" hatte der Bundesverkehrsminister noch vor einem Jahr geschworen). Die "Stabilität eines deutschen Preisniveaus" wird gehalten, so sagte Minister Erhard in seinem Jahresrückblick. [] Siehe oben! [] Freude bereitet [] Der SPD-Bundestagsabgeordnete Otto Arnholz (Braunschweig) hat einen Teil seiner Bundestagsdiäten dazu verwandt, daß er zum Weihnachtsfest etwa 50 alten Rentnern eine Geldspende, allen Bunkerkindern der Stadt Schokolade und den Heimkehrern Zigaretten überreichte. [] Endlich Wiedergutmachung [] Der durch die Nazis enteignete Pappelhof in Rieseberg, auf dem 1933 zehn Antifaschisten von der SS-Hilfspolizei zu Tode gefoltert wurden, ist durch ein Gerichtsurteil den Gewerkschaften wieder zugesprochen. [] Unseren Lesern, Freunden und Mitstreitern wünschen wir ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr! [] SPD [] Bezirksvorstand Braunschweig [] [] Die nach uns kommen [] Wenn verantwortungsbewußte Menschen an die Zukunft denken, dann schwebt ihnen das Bild der gar zu oft als demoralisiert, entwurzelt und mißtrauisch geschilderten Jugend vor Augen. Mit bangem Gefühl stellen sie sich die Frage: "Wer wird einmal unser Werk vollenden?" Leider wird so wenig über das Positive der jungen Generation gesprochen. Und daß es vorhanden ist, beweist die Arbeit der Falken im vergangenen Jahre. [] In einem großen Zeltlager bei Warstein im Sauerland trafen sich 500 Braunschweiger mit weiteren 1000 Falken aus Hamburg und Westfalen. Aber nicht nur deutsche Falken haben sich zu gemeinsamer Arbeit zusammengefunden. Bei Döbriach am Milstätter See, im Herzen Oesterreichs, reichten sich einige tausend Falken aus 14 Ländern die Hand zur Freundschaft und zur Zusammenarbeit. Unter ihnen befanden sich 80 junge Sozialisten aus Braunschweig. Den Sprungüber die Grenzen machte ebenfalls eine Gruppe, die von dänischen Genossen in ein Zeltlager eingeladen wurde. Auch an dem großen internationalen Jugendtreffen in Stockholm beteiligten sich junge Sozialisten aus dem Bezirk Braunschweig. [] Für alle diese Treffen und Zeltlager, auch für die Großfahrten, die von den Jugendgruppen durchgeführt wurden, war eine gründliche Vorbereitung nötig. Eine Jugend, die angeblich entwurzelt, demoralisiert und mißtrauisch ist, wäre niemals in der Lage, so große Aufgaben in Beharrlichkeit durchzuführen. [] In Arbeitsgemeinschaften und Wochenschulungen arbeiten junge Sozialisten. In fröhlichem und geselligem Beisammensein suchen sie einen Ausgleich zur täglichen Arbeit. Daß sie auch den Mut besitzen, ihre Gesinnung auch öffentlich zu zeigen, bewiesen die 500 Falken, die anläßlich des Bezirksjugendtreffens in Braunschweig mit 2000 Jugendlichen anderer Verbände aufmarschierten. [] Die jungen Menschen, die einmal den Platz der Aelteren einnehmen sollen, die Kämpfer für den Sozialismus, die nach uns kommen, sie sind da! Wir wollen vertrauen und helfen, damit ihre Zahl größer und ihr Wirkungskreis umfassender werden kann. [] Karl Riedl. [] [] Aus den Kreis- und Ortsvereinen des Bezirks [] Bezirksparteitag in Goslar [] Am 17. und 18. Februar 1951 findet in Goslar der 6. Bezirksparteitag statt, Anträge für den Bezirksparteitag sind von den Ortsvereinen über den zuständigen Kreis bis zum 1. Februar beim Bezirksvorstand einzureichen. Im Mittelpunkt der Tagung steht ein Referat des Bundestags - Abgeordneten Prof. Dr. Carlo Schmid. [] "Du und wir" - ein Erfolg [] Die im Bezirk Braunschweig durchgeführte Werbeaktion "Du und wir" hat einen erfreulichen Verlauf genommen. Über 500 neue Mitglieder sind in unsere Reihen eingetreten. Im Stadtkreis Braunschweig wurden über 300, im Kreis Goslar 130, im Kreis Watenstedt-Salzgitter 30 und im Kreis Wolfenbüttel 15 neue Mitglieder gewonnen. Der Rest verteilt sich auf die übrigen Kreise. [] Elisabeth Sommer verstorben [] Braunschweig. Am 19. Dezember verstarb im Alter von 43 Jahren die langjährige Sekretärin des Stadtkreises Braunschweig, Elisabeth Sommer. Diese aufrechte Sozialistin, die seit 25 Jahren der SPD angehörte und in den Jahren des Naziterrors unter eigener Lebensgefahr anderen Verfolgten Beistand leistete, wurde unter großer Teilnahme aus Mitgliederkreisen beigesetzt. Bundestags-Abgeordneter Pastor Dr. Wenzel hielt der mutigen Kämpferin für hielt der mutigen Kämpferin [!] einen ehrenden Nachruf. [] Die alte Garde wurde geehrt [] Wolfenbüttel. Die Ehrung von 104 langjährigen Mitgliedern, von denen einige über 50 Jahre der SPD angehören, fand in "Leistes Festsälen" statt. Die Bezirksvorsitzende, Martha Fuchs, hielt die Festansprache. [] [] Und nun zum Schluß: [] Auf den Hund gekommen [] Vor drei Jahrzehnten hielt ich mir meinen ersten Hund. Er fraß mit Vorliebe Reis. Hunde-Reis - versteht sich. Das Pfund kostete damals acht oder - beste Qualität Hunde-Reis - zehn Pfennig. [] Neulich brachte meine Frau Reis nach Hause, Menschen-Reis. Als Hunde-Reis-Experte stellte ich sofort fest, daß es beste Qualität Hunde-Reis war. [] Nun, wir sind bescheiden geworden und, so bedachte ich resignierend, auch auf dem Reissektor auf den Hund gekommen. Aber, daß dieses Pfund Menschen-Hunde-Reis heute 90 Pfennig kostet, war immerhin eine Überraschung. 1000 Prozent Teuerung stimmt nicht mit dem amtlichen Nahrungsmittel-Index überein. Geschweige mit den Löhnen und Gehältern. Aber vielleicht ist Reis in der Statistik nicht enthalten. Vielleicht zählt er in der sozialfreien Marktwirtschaft des Herrn Erhard unter Luxusnahrung. Eines jedenfalls ist sicher: Die Reisimporteure werden, indem sie uns tausendprozentig auf Hunde-Reis spezialisieren, nicht auf den Hund kommen! [] (Sopade) [] [] Worte an die Frauen [] Immer noch § 218 mit Schnüffelbestimmungen [] Am 4. Dezember 1950 fand in Braunschweig eine Bezirkskonferenz der sozialdemokratischen Frauen des Bezirks Braunschweig statt. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Frau Dr. Hubert gab einen umfassenden Einblick in das heutige Gesundheitswesen der Bundesrepublik, von den Anfängen des amtlichen Gesundheitsdienstes bis zur heutigen Entwicklung. [] Frau Dr. Hubert behandelte alle Probleme des Gesundheitswesens sehr eingehend. In der heutigen besonders schwierigen Situation müßten wir leider feststellen, daß in der Bundesregierung niemand ist, der die Verantwortung für das Gesundheitswesen trägt und an den man sich um Abhilfe bestehender Mißstände wenden kann. [] In der sehr lebhaft einsetzenden Diskussion wurde von den Frauen besonders der § 218 angegriffen. Es wurde festgestellt und scharf kritisiert, daß noch immer die verschärfenden, von den Nazis geschaffenen Zusatzgesetze der Polizeimeldepflicht von schwangeren Frauen, die sogenannten "Schnüffelgesetze", existieren. Es sei höchste Zeit, daß diese verschwinden. Weiter wurde bemängelt, daß es zwar Gesetze gibt, die das keimende Leben schützen, daß aber der kleine Erdenbürger schon bei seinem Eintritt in das Leben die ersten großen Probleme der Not mitbringt, um die sich niemand kümmert. [] Anschließend gab Frau Rosenbruch einen Bericht über die Frauenarbeit im vergangenen Jahr. Dann hielt Herbert Treichel vom Parteivorstand einen Vortrag über neue Werbemethoden in der Partei. [] Ein gemeinsames Lied beschloß die erfolgreiche Tagung. Schade nur, daß nicht noch mehr Frauen des Bezirks an den sehr lehrreichen Vorträgen teilnehmen konnten. [] F. R. [] [] Wir rufen die Jugend [] Jugendtag in Hamburg - Zeltlager an der Weser [] Die Hafenstadt Hamburg, das Tor der Welt, ruft alle junger Sozialisten! Vom 11. bis 13. August 1951 wird sich die sozialistische Jugend Deutschlands in Hamburg zum 8. sozialistischen Jugendtag treffen. Neben großen Veranstaltungen sind zu vergünstigten Preisen Dampferfahrten nach Cuxhaven, in die Nordsee und auch Hafenrundfahrten vorgesehen. Die Teilnehmer, man rechnet mit 10000, werden nach Möglichkeit in Privatquartieren untergebracht, Anmeldungen für die Teilnahme über die Ortsverbände und den Bezirk der Falken. Der Teilnehmerbeitrag von DM 4,- muß bis zum 15. Juni beim Bezirk eingezahlt sein. [] Während die über 14jährigen jungen Sozialisten in diesem Jahr nach Hamburg fahren, werden sich die 10- bis 14jährigen Falken in einem dreiwöchigem Zeltlager an der Weser treffen, um dort ihre Ferien zu verleben. In dem Beitrag von DM 40,- sind Hin- und Rückfahrt mit eingeschlossen. - Fangt schon jetzt mit dem Sparen an, damit ihr bestimmt mitmachen könnt. [] Hast du nicht Lust, auch mit dabei zu sein? [] K. R. [] Aufruf zur Mitarbeit [] Alle Parteiorganisationen, Abgeordnete und Mitglieder des Bezirks werden um Mitarbeit am "Querschnitt" gebeten. Berichtet Wesentliches kurz und bündig. [] Herausgeber: Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Bezirk Braunschweig. Schriftleitung und Geschäftsstelle: Braunschweig, Schloßstraße 8. Druck: "Volksfreund", Druck- und Verlagsgesellschaft m, b. H., Braunschweig.
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