Reform des § 218 in Gefahr!

Positionierung zum § 218 im Hinblick auf die Bundestagswahl 1983; Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals ASF [] Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen [] Frauen in der SPD [] Reform des § 218 in Gefahr! [] Kaum haben die Konservativen die Regierungsmehrheit, gerät der refo...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF), Druckhaus Bayreuth
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.03.1983
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/2587D63F-BB5A-4764-8FC4-E35923285953
Description
Summary:Positionierung zum § 218 im Hinblick auf die Bundestagswahl 1983; Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals ASF [] Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen [] Frauen in der SPD [] Reform des § 218 in Gefahr! [] Kaum haben die Konservativen die Regierungsmehrheit, gerät der reformierte § 218 unter massiven Druck. Die Damen und Herren vom hohen "C" bereiten - fast unbemerkt von der Öffentlichkeit - die Wende auf allen Ebenen vor. Es steht nicht in den Wahlprogrammen, aber sie verplappern sich manchmal. Und in internen Kreisen werden entsprechende Vorüberlegungen angestellt. Erste Maßnahmen sind schon auf den Weg gebracht (Beamtinnen, die eine gesetzliche Schwangerschaftsunterbrechung vornehmen lassen, erhalten keine Beihilfe mehr). [] Die Auseinandersetzung um den Abtreibungsparagraphen ist fast so alt wie unser Jahrhundert. Unsere Mütter und Großmütter wissen von Demütigungen, gesundheitlichen Schäden und menschlichen Katastrophen. Darum haben Sozialdemokraten schon zu Zeiten der Weimarer Republik gegen die alte Zwangs- und Schicksalslage der Frauen gekämpft: den lebensbedrohenden Gang in die Illegalität bei einer ungewollten Schwangerschaft! [] Zu Beginn der 70er Jahre gingen Hunderttausende von Frauen auf die Straße, demonstrierten für eine Reform bzw. die ersatzlose Streichung des §218. 1974 wurde mit den Stimmen der SPD gegen CDU/CSU die Fristenregelung im Bundestag beschlossen. Die Christdemokraten klagten vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Fristenregelung wurde dadurch zu Fall gebracht und durch die heute gültige Indikationsregelung ersetzt. [] Der nun seit sieben Jahren gültige Kompromiß besagt: die Schwangerschaft kann abgebrochen werden, wenn [] es medizinische Gründe gibt [] eine Frau vergewaltigt wurde [] schwere gesundheitliche Schäden oder geistige Behinderung für das Kind zu befürchten sind [] eine schwere Notlage das Austragen des Kindes unmöglich macht. [] Wenn die Schwangerschaft abgebrochen werden soll, muß sich die Schwangere vorher von einer anerkannten Beratungsstelle oder einem Arzt medizinisch und sozial beraten lassen. [] Im Bericht der Regierungskommission zu den Erfahrungen mit dem reformierten § 218 heißt es: "Die Konflikte bei ungewollter Schwangerschaft lassen sich durch Gesetze nicht lösen, sondern bestenfalls so regeln, daß menschliches Leid so weit wie möglich verringert wird." [] Bis zu der von Sozialdemokraten und durch den Druck der Frauenbewegung durchgesetzten Reform des § 218 waren die Frauen in ihrer Not und mit ihren Äng-sten allein. Von Strafe und Ächtung bedroht, haben nicht wenige ihr Leben aufs Spiel gesetzt, wenn sie sich in schwerwiegenden Konfliktsituationen gezwungen sahen, zu Kurpfuschern und Engelmacherinnen zu gehen.[] Der Entscheidungsrahmen für einen Schwangerschaftsabbruch bei Indikationsregelung ist vor allem in den CDU-regierten Bundesländern sehr eng. Davon können die Frauen ein Lied singen, die nach Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bremen oder Hamburg fahren und dort um Hilfe bitten. [] Nun will die CDU/CSU-geführte Bundesregierung die Fortschritte beim § 218 wieder zurücknehmen. Legale Schwangerschaftsabbrüche und Sterilisationen sollen nicht länger von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Der erste Schritt ist mit der Abschaffung der Beihilfe für Beamtinnen bereits getan. [] besser gestellte Frauen können die beträchtlichen Arzthonorare und Krankenhauskosten aus eigener Tasche .bezahlen [] die sozial Schwachen dürften sich wieder auf den Weg zu Kurpfuschern oder ins preiswerte Ausland machen. [] So wie die Moralapostel Blüm, Geißler und Zimmermann aber mit dem neuen Gewand der Mütterlichkeit (gewebt aus Demut und Opferbereitschaft) einherkommen, steht nach dem Abbau der sozialen Leistungen auch eine Strafrechtsänderung ins Hohe Haus. [] Die CDU/CSU will nur den 6. März abwarten. Dann läuft wieder alles nach altem Muster: [] Für den Abbruch einer von Mann und Frau verursachten ungewollten Schwangerschaft werden [] Frauen als Mörderinnen beschimpft [] Frauen zu leichtfertigen Wesen gestempelt. [] Die von der CDU/CSU geplanteÄnderung des § 218 verletzt die Würde der Frau. Sie ist gegen die Lebensinteressen von Frauen, Kindern und Familien, die in überwunden geglaubte Konfliktsituationen zurückgestürzt werden sollen. [] Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen fordert im Gegensatz dazu vom Gesetzgeber: [] Abschaffung der Zwangsberatung, aber Ausbau der Beratungsstellen nach dem Modell von Pro-Familia Bremen [] Beratung für Jugendliche [] Beratung für Männer [] Beratung nach Schwangerschaftsabbruch [] Beratung nach der Geburt [] Fernberatungsstellen. [] Die sozialdemokratischen Frauen fordern darüber hinaus: [] kostenlose Verhütungsmittel für Männer und Frauen [] Aufklärung über die Empfängnisverhütung in den Schulen. [] Wenn die Frauen in diesem unserem Lande nicht von der CDU/CSU ins politische Mittelalter geschickt werden wollen, dann müssen sie mit der SPD gegen die Aushöhlung, für die Verbesserung des § 218 kämpfen.
Published:06.03.1983