Soziale Verantwortung

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Soziale Verantwortung [] Soziale Verantwortung [] Von Wilhelm Mellies, MdB. [] Der Bundeswirtschaftsminister hat mitgeteilt, daß ein Preis- und Lohnstop, wie in Amerika, für Deutschland nicht in Frage komme. Er will also offenbar die entstehe...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bundesvorstand, Hannoversche Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Hannover
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1951
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/94B87289-A0EC-4E3A-90EF-E3DCE21DF62A
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Soziale Verantwortung [] Soziale Verantwortung [] Von Wilhelm Mellies, MdB. [] Der Bundeswirtschaftsminister hat mitgeteilt, daß ein Preis- und Lohnstop, wie in Amerika, für Deutschland nicht in Frage komme. Er will also offenbar die entstehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten in erster Linie durch die Zulassung weiterer Preissteigerungen meistern. Die Gewerkschaften werden wahrscheinlich in der Lage sein, durch Lohnkämpfe die Preissteigerungen aufzufangen und so ein zu starkes Absinken der Lebenshaltung für die Beschäftigten verhindern können. Wir haben aber in Deutschland viele Millionen, deren Einkommen aus Renten, Unterhaltshilfe, Arbeitslosenunterstützung und -fürsoge [!] [fürsorge] und der allgemeinen Fürsorgeunterstützung besteht. Sie befinden sich schon jetzt in einer großen Notlage, die bei weiteren Preissteigerungen unvorstellbare Ausmaße annehmen muß. [] Als der Bundestag im Juli 1950 von der Bundesregierung forderte, ein weiteres Steigen des Brotpreises zu verhindern, nannte Erhard diesen Beschluß eine Tat von Hysterikern. Trotz dieser Beschimpfung hob die Regierungsmehrheit diesen Beschluß eine Woche später auf. Die Bundesregierung hatte für ihre Politik der Preissteigerungen freie Bahn. Die sozialdemokratische Fraktion hat in Erkenntnis der Folgen noch vor den Parlamentsferien den Antrag gestellt, jetzt für eine Erhöhung der Sozialrenten, der Arbeitslosenunterstützung, der Unterhaltshilfe und der Fürsorgeunterstützung zu sorgen. [] Wenn in den letzten Tagen im Kabinett Vorschläge auf Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung und -fürsorge beraten wurden, so ist selbst mit ihrer Durchführung der allgemeinen Notlage nicht gesteuert. Es muß unbedingt und sofort für alle die Menschen etwas geschehen, die ihren Unterhalt nicht durch eigene Arbeit erwerben können, sollen diese Kreise nicht der völligen Verzweiflung verfallen. [] Die Bundesregierung wird hinsichtlich der allgemeinen Fürsorge auf die Verantwortung der Gemeinden und Gemeindeverbände verwiesen. Der Finanzminister macht jedoch im Augenblick alle Anstrengungen, um die finanzielle Kraft der Gemeinden zu schwächen. Er will die Ausgaben, die bei Durchführung des Artikels 131 des Grundgesetzes entstehen, durch die Ausgleichsabgabe zu einem Teil den Gemeinden aufbürden und das Gemeindevermögen zum Lastenausgleich heranziehen. Da er außerdem einen großen Teil der Kriegsgeschädigten, die jetzt Unterhaltshilfe beziehen, ohne Rücksicht auf ihren Rechtsanspruch wieder in die Fürsorge zurückbringen will, werden die Gemeinden bald nicht mehr in der Lage sein, ihre sozialen Verpflichtungen zu erfüllen. [] Wir haben uns trotz allen Geredes von der "sozialen" Marktwirtschaft über die Haltung der Bundesregierung zu einer wirklichen Sozialpolitik nie getäuscht. Wir wissen, daß sie bemüht ist, die Lasten des verlorenen Krieges in stärkstem Maße auf die sozial schwächsten Glieder unseres Volkes abzuwälzen. Ohne Preisstop oder wenigstens eine Preiskontrolle durch ein unabhängiges Preisamt wird die jetzige Politik der Bundesregierung zu sozialen Spannungen führen, die das ganze soziale Gefüge zerbrechen können. Wenn die Bundesregierung ihre soziale Verantwortung nicht kennt, wird sie vom Bundestag sehr unsanft daran erinnert werden müssen. Versagt dieser in seiner Mehrheit wieder wie im Juli und September 1950, sind die Folgen nicht abzusehen. [] Herausgeber: Vorstand der SPD - Druck: Hannoversche Druck- und Verlagsgesellschaft m. b. H., Hannover
Published:1951