Vereinbarung über die Anstellungsbedingungen für die Arbeiter der schweizerischen Bierbrauereien

Bemerkungen: Fraktur; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Vereinbarung [] über die [] Anstellungsbebingungen für die Arbeiter der schweizerischen Bierbrauereien. [] § 1. Arbeitzeit. [] Für sämtliche Arbeiter, mit Ausnahme des Fahrpersonals, d. h. die beim Fahrdienst außerhalb der Brauerei be...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: N.N.
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: ca. 1906
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/95ADE26E-2A68-4CA8-84C5-A96FE288C172
Description
Summary:Bemerkungen: Fraktur; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Vereinbarung [] über die [] Anstellungsbebingungen für die Arbeiter der schweizerischen Bierbrauereien. [] § 1. Arbeitzeit. [] Für sämtliche Arbeiter, mit Ausnahme des Fahrpersonals, d. h. die beim Fahrdienst außerhalb der Brauerei beschäftigten Arbeiter, beträgt die tägliche Arbeitszeit 10 Stunden, in Brauereien mit einem jährlichen Ausstoß von mehr als 10,000 Hektolitern während der Wintermonate (1. Oktober bis 31. März) 9 Stunden. [] Maschinisten und Heizer haben eine Schichtdauer von 12 Stunden, innerhalb welcher 2 Stunden Pausen je nach den örtlichen Verhältnissen zugeteilt werden. [] Die Arbeitszeit fällt in den Monaten Juni, Juli und August in die Zeit von morgens 5 bis abends 7 Uhr, in den übrigen Monaten in die Zeit von morgens 6 bis abends 7 Uhr. [] Die genaue Einteilung derselben und die Ruhepausen werden von den einzelnen Brauereien festgesetzt. Indessen soll die Arbeit in einer Schichtdauer von 12 zusammenhängenden Stunden verrichtet werden. [] Im Sudhaus, Gährkeller, Kessel- und Maschinenhaus, sowie in der Mälzerei, müssen die entsprechenden Ausnahmen in der Zeiteinteilung gemacht werden. [] § 2. Der Minimallohn beträgt pro Woche: [...Tabelle...] [] Für Maschinisten und Heizer ist die Arbeit, welche schichtweise an Sonn- und Feiertagen verrichtet wird, sowie der Zuschlag für Nachtarbeit im Wochenlohn inbegriffen. [] Wenn ausnahmsweise Maschinisten oder Heizer außerhalb ihrer Schichtdauer, Sonn- oder Feiertags, oder Nachts zu arbeiten haben, ist denselben diese Arbeit extra mit dem vereinbarten Zuschlag zu bezahlen. [] Für Bierführer ist der Stalldienst und das Fahren an Sonn- und Feiertagen vormittags, sowie das Füttern am Mittag und Abend dieser Tage im Wochenlohn inbegriffen. [] Auf Arbeiter mit verminderter Arbeitsfähigkeit finden diese Minimallöhne keine Anwendung. Ueber das Vorhandensein verminderter Arbeitsfähigkeit soll im Streitfall das vorgesehene Schiedsgericht entscheiden. [] Die Lohnauszahlung erfolgt alle 14 Tage und soll nicht Samstags vorgenommen werden. [] Arbeitern, die zurzeit mehr als den Minimallohn beziehen, darf der bisherige Lohn nicht gekürzt werden. [] Sämtliche Brauereien verpflichten sich, auf je 2500 Hektoliter Ausstoß (auf Grundlage des jeweils abgelaufenen Geschäftsjahres (gemäß Deklaration des Brauereiverbandes) einen gelernten Brauer, Küfer oder Mälzer, (bezw. einen mit dem für Brauer, Küfer und Mälzer festgesetzten Minimallohn angestellten Hilfsarbeiter) zu beschäftigen. Im übrigen ist die Verwendung der einzelnen Arbeiter im Brauereibetrieb Sache der jeweiligen Brauereileitung. [] § 3. Lehrlinge. [] Auf fünf gelernte Brauer soll nicht mehr als ein Lehrling beschäftigt werden; in Brauereien, die nur bis zu vier Brauer beschäftigen, darf ein Lehrling eingestellt werden. [] Die Lehrzeit beträgt zwei Jahre, in Brauereien mit Mälzerei drei Jahre. [] Für Lehrlinge werden keine Minimallöhne festgesetzt. [] § 4. Ueberzeit- und Nachtarbeit. [] Ueberzeit- und Nachtarbeit (letztere in den Monaten Juni, Juli und August von abends 7 Uhr bis morgens 5 Uhr, in den übrigen Monaten von abends 7 Uhr bis morgens 6 Uhr) werden mit 25 % Zuschlag vergütet. Diese Vergütung bezieht sich jedoch, gemäß § 1, nicht auf das Fahrpersonal. [] Nicht als Nachtarbeit in diesem Sinne gilt die Arbeit der Maschinisten und Heizer, die im regelmäßigen kontinuierlichen Betrieb schichtweise tags und nachts zu verrichten ist. [] Der Zuschlag wird auf Grund des sich aus dem jeweiligen Wochenlohn ergebenden Stundenbetreffnisses, an Hand der hierfür erstellten Tabelle, die einen Bestandteil dieser Vereinbarung bildet, berechnet. [] Bei Arbeitsversäumnis wird pro Stunde 1/59, und in Brauereien mit einem Ausstoß von mehr als 10,000 Hektolitern im Winter 1/54 des Wochenlohnes in Abzug gebracht, berechnet an Hand der Tabelle. [] Wird unmittelbar vor Freistunden (§ 6, 7, 13) Arbeit versäumt, werden die sonst zu bezahlenden Freistunden ebenfalls in Abzug gebracht. [] § 5. Samstagsarbeit. [] An Samstagen und Vorabenden von gesetzlichen Feiertagen wird gemäß dem Samstagsruhegesetz nur 9 Stunden gearbeitet; die Arbeit auch das Biersieden muß um 5 Uhr abends beendet sein; ausgenommen ist hiervon nur die Arbeit des Maschinen- und Heizpersonals, sowie die Speditions- und Mälzereiarbeit. [] In der Zeit vom 1. Mai bis 30. September darf jedoch die Stunde von 5-6 Uhr abends noch zum Reinigen und Füllen der Flaschen und Transportfässer verwendet werden. [] Diese Arbeitszeit sowohl als auch die ausnahmsweise mit behördlicher Bewilligung geleistete 10. Stunde ist als Ueberzeit zu bezahlen. [] § 6. Sonntagsarbeit. [] Die Sonntagsarbeit ist auf das Notwendigste zu beschränken und mit 50 % Zuschlag zu bezahlen; Berechnung an Hand der Tabelle. [] Dieser Zuschlag findet keine Anwendung auf die in § 2 erwähnte Sonntagsarbeit der Bierführer und der innert Schicht arbeitenden Maschinisten und Heizer, dagegen wird von Mälzern geleistete Sonntagsarbeit extra bezahlt, aber nur mit 25 % Zuschlag. [] An Sonn- und gesetzlichen Feiertagen muß, vorbehaltlich einer behördlichen Bewilligung, jegliche Speditionsarbeit um 12 Uhr beendigt sein. [] Diejenigen Feiertage, die von den Kantonsregierungen als gesetzliche Feiertage bezeichnet sind, werden vom Wochenlohn nicht in Abzug gebracht, und an denselben vormittags geleistete Arbeit wird als gewöhnliche Arbeitszeit überdies extra bezahlt. [] An ortsüblichen Feiertagen wird nach Bedürfnis gearbeitet, der Arbeitsausfall aber in Abzug gebracht. [] Für jeden Arbeiter soll mindestens je der zweite Sonntag frei sein. [] § 7. Jourdienst. [] Jourdienst ist aufs Notwendigste zu beschränken und mit 5 Fr. per Sonntagnachmittag zu bezahlen. [] Stallwache am Sonntag wird im Turnus gehalten und fällt nicht unter Jourdienst. [] § 8. Urlanb. [] In Brauereien mit einem Ausstoß von mehr als 10,000 Hektolitern erhalten die Arbeiter nach 1 Jahr Anstellung im gleichen Betrieb 2 Tage und nach 2 Jahren 4 Tage Urlaub ohne Lohnabzug. Die Zuteilung des Urlaubs steht der Brauereileitung zu. [] In Brauereien mit einem jährlichen Ausstoß von 10,000 Hektolitern oder weniger ist die Erteilung von Urlaub den Brauereileitungen freigestellt. [] Bei Militärdienst erhalten in sämtlichen Brauereien inländische Arbeiter 50 % des Lohnes bis auf die Dauer von 18 Tagen per Jahr. Diese Bestimmung gilt nicht auf den Kriegsmobilmachungsfall. [] Wer bereits wegen Betriebsunfällen oder Militärdienst mehr als 14 Tage Arbeit versäumt hat, hat im gleichen Jahr keinen Anspruch mehr auf Urlaub. [] § 9. Unfall. [] Während Unfall erhalten die Arbeiter den Arbeitslohn gemäß Gesetz. Die Unfallprämien werden ausschließlich von den Brauereien getragen. [] § 10. Haustrunk. Die Brauer, Küfer, Mälzer, Maschinisten und Heizer sind berechtigt, per Arbeitstag bis zu 6 Liter, die ständig angestellten Handwerker, die Hilfsarbeiter über 20 Jahre und die Bierführer bis zu 4 Liter Bier zu beziehen und zwar zu 15 Cts. per Liter. [] Es kann keine Brauerei gezwungen werden, zu gestatten, daß Bier nach Hause genommen werde. [] § 11. Logis. [] Den Arbeitern ist es freigestellt, Logis zu nehmen, wo es ihnen beliebt. Ebenso steht es den Brauereien frei, Logis zu geben oder nicht. [] Wer zu den offerierten Bedingungen in der Brauerei wohnt, hat sich den diesbezüglichen Bestimmungen der Hausordnung zu unterziehen. [] Der Lohnabzug für Logis darf im Maximum 5 Fr. per 14 Tage betragen. Kost soll außerhalb der Brauerei genommen werden. [] § 12. Signal. [] Beginn und Schluß der Arbeitszeit sollen durch ein Signal, Dampfpfeife oder Glocke, bezeichnet werden. [] § 13. 1. Mai. [] Am 1. Mai ist bis morgens 9 Uhr ohne Vormittagspause zu arbeiten, es sind jedoch auch die für den Weiterbetrieb unerläßlichen Arbeiten zu verrichten. Die Arbeit bis 9 Uhr morgens ist im Wochenlohn inbegriffen, Arbeit nach 9 Uhr wird als gewöhnliche Arbeit extra bezahlt. [] § 14. Kündigungsrecht. [] Kündigung und Entlassung der Arbeiter erfolgen gemäß den Vorschriften des Art. 9 des Fabrikgesetzes. [] Mit dem Verlassen der Arbeit ist in jedem Fall das etwa benutzte Logis in der Brauerei sofort zu räumen. [] Das Kündigungsrecht steht außer den Prinzipalen und Direktoren nur denjenigen Vorgesetzten zu, welche auch Personal engagieren. [] § 15. Arbeiterkommission. [] Alle in der Brauerei beschäftigten Arbeiter wählen aus ihrer Mitte alljährlich eine Arbeiterkommission, in der alle Arbeiterkategorien vertreten sein sollen. Es soll kein Unterschied gemacht werden, ob die Gewählten organisierte oder nicht organisierte Arbeiter sind. [] Aufgabe dieser Kommisston ist es, etwaige Wünsche und Beschwerden der Arbeiter der Brauereileitung vorzutragen. [] § 16. Behandlnng. [] Die Behandlung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer soll gegenseitig eine anständige und höfliche sein. [] § 17. Vereinsrecht. [] Das Vereinsrecht ist jedem Arbeiter in vollem Umfange gewährleistet. Es darf aber auch im Geschäft auf die Arbeiter keinerlei Zwang zum Eintritt in irgend eine Organisation ausgeübt werden. [] § 18. Schiedsgericht. [] Die vertragschließenden Verbände sind jederzeit bereit, über ernstliche Konflikte mit einander zu unterhandeln. [] Wenn sich die Verbände über Konflikte unter sich nicht verständigen können, soll ein von beiden Teilen in gleicher Weise zusammengesetztes Schiedsgericht mit einem unparteiischen Obmann endgültig entscheiden. [] Wenn ein Mitglied des Verbandes schweizerischer Brauereien, das sich an die Bestimmungen dieser Vereinbarung hält, während der Vertragsdauer geheim oder offen boykottiert werden sollte, und das in der Vereinbarung vorgesehene Schiedsgericht das Bestehen eines unberechtigten Boukottes konstatiert, dann kann der Verband schweizerischer Brauereien den Vertrag als gebrochen erklären. [] Vorstehende Vereinbarung wurde abgeschlossen zwischen dem Verbande schweizerischer Brauereien und dem Verbände der Lebens- und Genußmittelarbeiter der Schweiz. [] Dieselbe tritt mit 1. Juni 1906 in Kraft und gilt bis 1. Oktober 1909. Sie kann erstmals am 1. April 1909 auf 1. Oktober 1909 gekündigt werden. [] Dieselbe gilt auf ein Jahr verlängert, wenn sie nicht wenigstens am 1. April 1909 gekündigt worden ist. [] Beide Verbände sind im Handelsregister einzutragen und müssen während der ganzen Vertragsdauer eingetragen bleiben. Bei Löschung einer Vertragspartei im Handelsregister kann die andere Partei die ganze Vereinbarung sofort als aufgehoben erklären. [] Diese Vereinbarung ist an leicht sichtbarer Stelle in jeder Brauerei anzuschlagen.
Published:ca. 1906