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SELIG SIND [] DIE DA FRIEDEN STIFTEN [] DENN SIE WERDEN KINDER GOTTES GENANNT WERDEN [] (Matth. 5,9) [] [] Anläßlich der Tagung gegen die Remilitarisierung Deutschlands am 28. Januar 1951 in Essen trat ein Kreis von Geistlichen und Laien aller christlichen Bekenntnisse zusammen und beschloß, angesichts der unheilvollen Bestrebungen, Westdeutschland in die allgemeine europäische Wiederaufrüstung einzubeziehen, sich mit folgendem Aufruf an die Oeffentlichkeit zu wenden: [] Am Heiligen Abend 1942 sprach Papst Pius XII. Worte, die auch heute an Ueberzeugungskraft nichts eingebüßt haben: "Wenn jemals eine Generation den Schrei 'Krieg dem Kriege!', der aus den Tiefen ihres Gewissens aufstieg, vernehmen mußte, dann ist es gewiß die unsere. Sie ist durch einen Ozean von Blut und Tränen geschritten, wie es vielleicht vorher keine Zeit gekannt hat, und sie hat die unaussprechlichen Grausamkeiten so intensiv erlebt, daß das Andenken an diese Schrecken in ihr Gedächtnis und in den Grund ihrer Seele eingegraben bleiben wird, wie das Bild einer Hölle." [] Und in seiner Entschließung zur Wiederaufrüstung hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland am 27. August 1950 erklärt: "Die Kirche Jesu Christi steht für den Frieden, und sie ist gewiß, daß jedes Glied der christlichen Gemeinde dazu helfen kann und helfen soll, daß der Friede bewahrt bleibt. Keine Macht der Welt wird leichthin wagen, den Frieden zu brechen, wenn sie einer entschlossenen inneren Abwehr im eigenen Volk begegnet." [] Diesen bedeutsamen Worten haben wir nur eins hinzuzufügen: [] "SEID TÄTER DES WORTS UND NICHT HÖRER ALLEIN!" [] Es kommt in dieser entscheidenden Stunde, da die Würfel über Sein oder Nichtsein nicht nur unseres Volkes, sondern der Menschheit fallen, wesentlich darauf an, daß die Kirche Jesu Christi ihren Auftrag, Friedensstifterin zu sein, begreife und entschlossen zur Tat werden lasse. Durch nichts haben wir Christen die Glaubwürdigkeit unserer Botschaft mehr in Frage gestellt, als durch mangelnde Tatbereitschaft, die das Evangelium wohl gepredigt, aber oft genug nicht gelebt hat. [] [] Es ist die Sendung der Christenheit heute: daß die Botschaft des Friedens, den Gott in Christus mit uns gemacht hat und den wir brüderlich zu leben haben, mit Vollmacht bezeugt, d. h. zum lebendigen Tatwort werde an eine friedelose Welt. Diese Sendung fordert von uns, mit aller Kraft dafür einzutreten, daß der Friede erhalten bleibe, und jeden Versuch entschieden abzulehnen, mit Mitteln der Gewalt die Probleme zu lösen, die unser Volk und die ganze Welt in zwei feindliche Lager zerspalten. [] DIE STUNDE IST ERNST, DER ENTSCHEIDUNG KANN NIEMAND MEHR AUSWEICHEN. [] Aus unserer im Evangelium begründeten Verantwortung und Einsicht heraus fordern wir deshalb die Herbeiführung einer VOLKSBEFRAGUNG über die Wiederaufrüstung und Remilitarisierung Deutschlands und verwahren uns dabei ausdrücklich gegen die Unterstellung parteipolitischer Gebundenheit. Die Sache des Friedens ist heute weniger denn je Angelegenheit einer Gruppe oder Partei, sie ist Sache des ganzen Volkes, ja der Menschheit überhaupt! Eine Wiederaufrüstung bedeutet Krieg, und Krieg bedeutet die totale Vernichtung aller, ohne Unterschied von Partei, Klasse, Nation oder Weltanschauung. Deshalb muß die Parole: "Krieg dem Kriege!" die Losung aller Menschen guten Willens, sonderlich aber aller Christen sein. Gerade für uns Christen gilt es, alles zu tun, den Frieden zu verteidigen gegen den Ansturm von Lüge, Hetze und Haß. Nur so werden wir in der Nachfolge dessen stehen, der sprach: [] "SELIG SIND, DIE DA FRIEDEN STIFTEN; DENN SIE WERDEN GOTTES KINDER HEISSEN!" [] Im Namen der Geistlichen und Laien im Vorbereitenden Ausschuß gegen die Remilitarisierung Deutschlands. [] Düsseldorf, Franklinstr. 51/I. [] Prof. Alfred Lüdke, München [] Pastor prim. Joh. Oberhof, Bremen [] [] Aus dem Manifest -der Essener Tagung gegen die Remilitarisierung Deutschlands [] am 28. Januar 1951 [] das von den 1700 Teilnehmern der Tagung einstimmig angenommen wurde. [] Wir, Vertreter von Millionen Männern und Frauen aus allen Schichten des deutschen Volkes, Arbeiter und Bauern, Ingenieure, Aerzte, Wissenschaftler und Erzieher, Pfarrer beider christlicher Konfessionen, Schriftsteller und Künstler, Soldaten, Offiziere und Generale des zweiten Weltkrieges sind in der Zeit einer geschichtlichen Krise unseres Vaterlandes zusammengekommen, um ernst und unvoreingenommen zu prüfen, wie die Gefahr eines Krieges gebannt werden kann. [] Wir stellen fest, daß ohne Befragen des deutschen Volkes Maßnahmen zur Remilitarisierung Deutschlands durch Aufstellung bewaffneter Streitkräfte und die Wiederherstellung der Rüstungsindustrie beschlossen wurden. [] Diese Maßnahmen erfüllen alle Deutschen mit banger Sorge. Sie sehen in ihnen einen Bruch des Bonner Grundgesetzes und der internationalen Verträge über Deutschland. Sie befürchten die Rekrutierung der waffenfähigen Männer unseres Volkes. Sie spüren auch, daß die Kriegsvorbereitungen eine Senkung ihres Lebensstandards zur Folge haben. [] Ihr leidenschaftlicher Abwehrwille gegen die Remilitarisierung hat sich in zahlreichen Aeußerungen, Zuschriften an Zeitungen, Entschließungen von Belegschaften, von Studenten und vieler Jugendverbände, in Umfragen und Probeabstimmungen und auch in den politischen Wahlen der letzten Zeit gezeigt. [] Die Teilnehmer der Tagung gegen Remilitarisierung richten deshalb im Namen des deutschen Volkes die Aufforderung an die Bundesregierung in Bonn, eine Volksbefragung durchzuführen über folgende Frage: [] Sind Sie gegen die Remilitarisierung Deutschlands und für einen Friedensvertrag mit Deutschland im Jahre 1951? [] In tiefer Sorge um die Zukunft unseres Vaterlandes rufen wir alle Parteien, Gewerkschaften, die Kirchen aller Konfessionen, Persönlichkeiten, Vereinigungen und Komitees auf, diese Forderung an die Bundesregierung zu unterstützen. [] Zur Zusammenfassung und Leitung der Volksbewegung gegen die Kriegsvorbereitungen haben wir aus Vertretern aller Schichten der friedliebenden Bevölkerung einen Vorbereitenden Ausschuß gegen die Remilitarisierung Deutschlands gewählt. [] [] Verantwortlich: Herbert Jentzen, Düsseldorf [] Druck: Rhein.-Westf. Volksdruckerei GmbH, Düsseldorf
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