Mit 18 Jahren

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Prominentenwerbung (Testimonial) Mit 18 Jahren ... [] Wenn Sie aber etwas für Ihre Zukunft tun wollen, dann sollten Sie SPD wählen! [] Ein ziemlich beschissenes Leben [] Dieter Hildebrandt [] (Münchner Lach- und Schießgesellschaft) [] München...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Wählerinitiative Rheinland Pfalz, Union-Druckerei, Frankfurt am Main
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 21.03.1971
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/68B090E3-1CA1-4930-81A5-FC408B968DB4
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Prominentenwerbung (Testimonial) Mit 18 Jahren ... [] Wenn Sie aber etwas für Ihre Zukunft tun wollen, dann sollten Sie SPD wählen! [] Ein ziemlich beschissenes Leben [] Dieter Hildebrandt [] (Münchner Lach- und Schießgesellschaft) [] München, im Februar 1971 [] Das Älterwerden ist eine zunehmend lästig fallende Angelegenheit. Jetzt darf man schon mit 18 Jahren wählen ... soll man. Das heißt: Sollte man. Müssen ist nicht erlaubt in einer Demokratie. Zu all den Pflichten, die man als Jugendlicher ohnehin schon aufgebürdet bekommt, nun auch noch dieses! Hinzu kommt, daß die Wahltage ausgerechnet immer auf den Sonntag fallen. Ganz zu schweigen von den Überlegungen, die man anstellen muß: Wen wähle ich? Wer ist überhaupt wer? Karl-August Schmitz - kaufmännischer Angestellter? Wer ist das? Was will er? In den Landtag will er? Bitte schön, soll er doch hingehen! Was geht mich das an? Die da oben machen ja sowieso was sie wollen. Da können wir kleinen Leute doch nicht mitreden. Noch dazu, wo wir so jung sind. Uns nimmt ja keiner ernst. Mein kleines Kreuz auf dem Zettel ändert auch nichts. Außerdem habe ich mit Politik nie was im Sinn gehabt. Vater sagt immer: "Alle Politiker sind Verbrecher." Und Mutter nickt. Was soll sie sonst auch machen. Mutter nickt immer, wenn Vater etwas sagt. Denn Vater hat immer recht. [] Als er in der Zeitung las, daß wir 18jährigen von jetzt an auch schon wählen dürfen, hat er zuerst gelacht. Dann hat er mißtrauisch die erste Seite untersucht, ob es nicht eine Karnevalszeitung ist. War es aber nicht. Da hat er mit der Faust auf den Tisch gedonnert und geschrieen: "Die da oben sind wohl völlig wahnsinnig geworden! Jetzt dürfen diese Rotzbengel sich schon einmischen. Wenn ich da an früher denke ... Ohrfeigen hätte es gesetzt!" Und Mutter hat genickt. Dann hat er mich am Hemd gepackt und gebrüllt: "Du gehst mir nicht zur Wahl. Hast Du verstanden?" Mutter hat genickt und ich auch. [] Ist ja auch wahr. Was kann ich junger Mensch schon wissen über alles. Die da oben, machen ja alles unter sich aus. Die Schwarzen mit Krupp und die Roten mit Moskau. [] Das ist die Meinung von meinem Großvater. Der redet viel über Politik. Weiß auch eine ganze Menge. Vater ist dann jedesmal ganz still und nickt bloß dazu. Mutter auch. Großvater meint, daß früher so etwas wie Brandt von einem Militärkommando abgeholt und erschossen worden wäre. Ich weiß nicht, was an diesem Abend mit Mutter los war, sie hat tatsächlich widersprochen und gesagt, daß sie den Brandt ganz nett findet. Was da los war! Großvater schrie meinen Vater an, daß er eine blöde Frau habe und Vater schrie Mutter an, daß Großvater ganz recht hat, ja und Mutter stand auf und ging ins Bett. [] Wenn ich mir das Ganze überlege, muß ich sagen, daß Mutter ein ziemlich beschissenes Leben hatte bei uns. [] Vater läßt da auch keinen Zweifel über seine Einstellung. Er braucht eine Frau zum Putzen, zum Kochen, zum Flicken und zum Nicken. [] Nebenbei hat er sich noch eine Freundin angelacht. Mutter weiß davon. Naja, weil sie halt nicht mehr so kann wie eine selbständige Frau, die mehr Zeit für sich hat. [] Das sieht Mutter alles ein und nickt. [] Wenn ich mir das alles so überlege, dann ist da ganz schön was faul bei uns. Genau genommen lebt in unserer Familie keiner sein eigenes Leben. Mutter macht, was Vater für richtig hält, und Vater hört auf Großvater. [] Wir leben nach Großvaters Ansichten. Und nicken alle. [] Naja, Eltern und Großeltern kann man sich halt nicht aussuchen. Wenn man die Wahl hätte ... [] Moment mal! Klickerdiklick! An dem Gedankengang ist mir gerade was aufgefallen! [] Herzlichen Gruß [] Dieter Hildebrandt [] PS: Verehrte Erstwähler, das sollte eigentlich ein Brief werden, ist aber dann doch eine Art Gleichnis geworden. Sollten Zweifel aufkommen, wie ich das gemeint habe, wenden Sie sich bitte an Herrn Friedhelm Drautzburg, Sozialdemokratische Wählerinitiative, Landesbüro Mainz, Klarastraße 15 a. Dort bekommen Sie Informationen aller Art. Sogar Mitarbeit ist nicht unerwünscht. [] Ja, liebe Erstwähler, Sie haben tatsächlich die Wahl, nämlich am 21. MÄRZ. Gehen Sie auf jeden Fall hin. Und wenn Sie was für sich und auch für Ihre Eltern tun wollen, dann bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, SPD zu wählen. Obwohl auch die SPD noch nicht immer so ist, wie Sie sie sich vielleicht wünschen. [] Und was den Brief von Dieter Hildebrandt angeht: IHRE Eltern sind gewiß nicht so. Denen können Sie den Brief ruhig zeigen. [] Herausgeber: Sozialdemokratische Wählerinitiative, 6500 Mainz, Klarastraße 15a. Druck: Union-Druckerei, Frankfurt am Main.
Published:21.03.1971