Thema des Tages: Bankrott der CDU-Wirtschaftspolitik

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; 6. Folge [] Thema des Tages: Bankrott der CDU-Wirtschaftspolitik [] Bankrott der CDU-Wirtschaftspolltik [!] [CDU-Wirtschaftspolitik] [] Die parlamentarische Behandlung der vom Verwaltungsrat eingebrachten Vorlagen über Preiserhöhungen kommt...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Parteivorstand, Göttinger Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 10.1948
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/F8E554EB-DFD5-4A4E-9A9C-0C0F7C281100
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; 6. Folge [] Thema des Tages: Bankrott der CDU-Wirtschaftspolitik [] Bankrott der CDU-Wirtschaftspolltik [!] [CDU-Wirtschaftspolitik] [] Die parlamentarische Behandlung der vom Verwaltungsrat eingebrachten Vorlagen über Preiserhöhungen kommt einer Bankrotterklärung der von der CDU im Frankfurter Wirtschaftsrat verfolgten Politik gleich. Die nicht sehr zahlreichen, bei den Mehrheitsverhältnissen aber ausschlaggebenden Vertreter des sogenannten linken Flügels der CDU mögen anfangs durch das rhetorische Temperament eines Prof. Erhard in Bann geschlagen gewesen sein, - im Augenblick aber, da die Periode der praktischen Konsequenzen, die sich aus dieser Wirtschaftspolitik ergeben, begann, war nicht mehr damit zu rechnen, daß sie sich noch vorbehaltlos hinter Erhard stellen würden. [] Drei Preiserhöhungen standen auf der Tagesordnung. Bei zweien erlebte man das seltsame Schauspiel, daß die Mehrheitsparteien die "Regierung" im Stich ließen. Dabei verdient festgehalten zu werden, daß die Vorlagen noch in den kurz vor der Plenarsitzung abgehaltenen Ausschußberatungen von den Vertretern der CDU und FDP unterstützt worden waren. Freilich ist auch bekannt, was für einen dramatischen Verlauf die Fraktionssitzungen der CDU nahmen und daß sie im Ergebnis von einer einheitlichen Stellungnahme weit entfernt blieben. Das kam einer Schwenkung um 180 Grad gleich, denn bei der Haushaltsberatung hatte die Partei noch im Gegensatz zur Sozialdemokratie ihren Sparwillen zugunsten einer falschen Popularität hintangestellt. [] Die abgelehnten Vorlagen beziehen sich auf Gas- und Strompreise sowie auf die Preise der eisenschaffenden Industrie, die dritte, mit einer schwachen Mehrheit durchgebracht, umfaßte die Preiserhöhungen für Getreide und Fleisch. Es wäre verfehlt, wollte man von der unterschiedlichen Stellungnahme auf eine verschiedenartige Bewertung der drei Punkte schließen. Tatsächlich handelt es sich um einen einzigen Komplex, wobei die Haltung der CDU davon bestimmt zu sein schien, daß eine nicht sofort durchgeführte Preiserhöhung für Agrarprodukte unmittelbar zu einer Ernährungskatastrophe führen würde. Die Ausweglosigkeit der Lage hat dann offenbar den zugegebenermaßen nicht unbeträchtlichen Teil der CDU-Fraktion, der für die Preiserhöhungen die Verantwortung zu übernehmen bis zuletzt nicht bereit war, doch noch zur Solidarität bewogen. Immerhin ist klar erwiesen, daß die "Regierungsparteien" nicht den Mut besitzen, den einmal beschrittenen Weg konsequent zu Ende zu gehen. Sie haben sich, wie ein Zentrumsabgeordneter treffend formulierte, von einer Schwäche gezeigt, die sie beim ersten Hauch der Opposition umfallen ließ. Handelt es sich um eine wirkliche Regierung, so wäre nicht nur deren Rücktritt fällig, sondern im Hinblick auf das Kräfteverhältnis auch die Notwendigkeit einer Ausschreibung von Neuwahlen gegeben. [] Der tiefere Grund für diese politische Lage ist, vom Sachlichen her gesehen, in jenem Mißverhältnis zu suchen, in dem die gewerbliche Wirtschaft und die Landwirtschaft zueinander stehen. Die verantwortlichen Direktoren der entsprechenden Verwaltungen haben dies selber deutlich genug ausgesprochen. Sie sprachen jedoch nicht bloß von ihrem guten Willen, von ihren Fehlern und Versäumnissen, sie ließen auch die Schwäche ihrer politischen Position unverhüllt zutage treten. Das darauf folgende Buhlen um die Gunst der Opposition war, was Erhard betrifft, peinlich, hinsichtlich Schlange-Schöningen aber abstoßend. Erhard bestätigte der SPD ausdrücklich, daß sie nicht Anhängerin der Zwangswirtschaft sei und meinte mit einem Hinweis auf die wirtschaftspolitische Programmatik des SPD-Parteitages, daß man dazu im wesentlichen Ja sagen könne. [] Schlange-Schöningen hat feinere Fäden gesponnen, um die Opposition zu umgarnen und lieferte ein Meisterwerk parlamentarischer Demagogie. Es fehlte nicht die vaterländische Sentimentalität ("der ungeheure Ernst der Stunde"), die eindrucksvolle Anklage des Undisziplinierten ("Faschingstaumel der Großverdiener"), das soziale Gewissen ("Millionen, die hungernd in Kellern hausen"), der Hinweis auf drohende Gefahren ("eine Explosion"), - aber leider zerriß das Netz am Schluß, als er in naiver Anbiederung die Gewerkschaften mit "Selbstbeherrschung und Führertum" zu loben gedachte und sich nicht genierte, mit einem Zitat von August Bebel aufzuwarten. Immerhin hat er zugegeben, daß er mit der Aufhebung der Eierbewirtschaftung einen Fehler beging, der in den nächsten Tagen behoben werden soll, und die bemerkenswerte Feststellung getroffen, daß man zur Not noch einen gespaltenen Markt, nicht aber zwei Volkswirtschaften in einem Volke haben kann. Mit dieser Spitze gegen Erhard hat Schlange-Schöningen den Stab über die Frankfurter Wirtschaftspolitik der CDU gebrochen. Keine Hand rührte sich, um Beifall zu klatschen. Das eisige Schweigen seiner Parteifreunde wird dem Direktor der Ernährungsverwaltung die Augen darüber geöffnet haben, daß die Unterstützung seiner Vorlage nur eine Gnadenfrist ist. [] Die sozialdemokratischen Sprecher haben keine Zweifel darüber aufkommen lassen, daß es ein Trugschluß ist, zu glauben, die drohende Katastrophe könnte mittels Preiserhöhungen abgewendet werden. Durch die Lösung der Preisbindungen auf dem Sektor der gewerblichen Wirtschaft ist die von Festpreisen abhängige Landwirtschaft praktisch unter Ausnahmerecht gestellt. Da die Opposition frühzeitig genug gewarnt hat, ihr aber keine Möglichkeit zur Durchsetzung ihrer Ansichten verblieb, kann von ihr nicht erwartet werden, daß sie jetzt mit für die Folgen einer Wirtschaftspolitik eintritt, für die allein verantwortlich zu sein die Rechtsmehrheit bisher mit Stolz bekannt hat. [] SPD [] Herausgeber: Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands [] Druck: Göttinger Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH. Göttingen. [] CFA. 606, 10.48, Kl. C.
Published:10.1948