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Bauern, Siedler, Pächter und Heuerleute, nehmt Euer Schicksal in die eigene Hand! [] Bevor das Dritte Reich alle freiheitlichen Kräfte in seine Fesseln schlug, gab es in Deutschland eine Reihe demokratischer Bauernverbände. In ihnen hatten sich die kleinen Bauern und Pächter zusammengeschlossen, um ihre Interessen zu vertreten. Sie hatten erkannt, daß der damals allmächtige Reichslandbund unter der Führung reaktionärer Großgrundbesitzer immer nur zum Nutzen der Großen und zum Nachteil der Kleinen handelte. [] In den jetzt überall in Gründung begriffenen sogenannten Bauernverbänden wird versucht, den alten Landbund wieder aufleben zu lassen und wieder soll die Masse der kleinen und mittleren Besitzer zu ihrem eigenen Schaden die Geschäfte der wenigen Großen besorgen. [] Gefahr ist im Verzug! Die Fortsetzung der alten reaktionären Agrar- und Bodenpolitik bedeutet für das hungernde Deutschland die Katastrophe, für die arbeitenden Bauern und Pächter aber den Verlust ihres Eigentums durch den Verzweiflungskampf aller Hungernden. [] Rücksichtslos wollen die Mächtigen ihre Interessen durchsetzen. Was sie einmal mit Schutzzöllen und Osthilfe begonnen haben, setzen sie jetzt mit Pachtkündigungen fort und beschwören erneut ein nationales Unglück herauf. [] Vor den Bauern und Pächtern müssen die Gefahren offen aufgezeigt werden, die in dieser Entwicklung liegen. Das bäuerliche Eigentum kann nur erhalten werden, wenn die deutsche Landwirtschaft wirtschaftlich und politisch neue Wege geht und den Willen hat, alles zur Rettung des hungernden Volkes zu tun, was in ihren Kräften steht. Aus diesem Willen ist nunmehr der [] Bauern- und Pächterbund [] mit dem Sitz in Osnabrück entstanden. Seine vornehmste Aufgabe wird sein, echte bäuerliche Agrarpolitik zu betreiben. Damit dient er zugleich dem ganzen deutschen Volk, indem er den Bauern hilft, ihre ganze Kraft zum Aufbau eines neuen Deutschlands einzusetzen. [] Gründung eines Bauern- und Pächterbundes [] Die zur Gründung einer demokratischen Organisation der Bauern, Pächter, Heuerleute und Siedler in Osnabrück am 2. April 1947 versammelten Vertreter der Landwirtschaft aus dem Regierungsbezirk Osnabrück, Südoldenburg und dem Münsterland lehnen eine Beteiligung an den in der Bildung begriffenen neuen Einheitsverbänden der Landwirtschaft ab. Diese Verbände haben sich von Anfang an als eine Neuauflage des Nazi-Reichsnährstandes und des Landbundes erwiesen, der zu den Wegbereitern des Dritten Reiches gehörte. Verbände, die vom Großgrundbesitzer bis zum letzten Hütejungen alle Kreise der Landwirtschaft zusammenfassen sollen, die sogar Lehrer, Handwerker und andere Berufsfremde einschließen, sind eine Neuauflage des von den Nazis verfälschten Begriffs vom Landvolk. [] In der Führung drängen sich neben den Nazis aus dem Reichsnährstand die alten reaktionären Landbundführer, und es wird dabei offen ausgesprochen, daß es die Aufgabe dieser Organisation sein soll, jede Bodenreform zu verhindern und die Landbevölkerung nach alten Rezepten politisch zu mißbrauchen. [] Aus den Erfahrungen von vor 1933 ist bekannt, daß die Bauern und Pächter in so geführten Organisationen ihre Lebensinteressen niemals vertreten können. Deshalb beschließt die Versammlung die Gründung eines parteipolitisch und konfessionell neutralen Bauern- und Pächterbundes mit dem vorläufigen Sitz in Osnabrück. [] Zum vorbereitenden Ausschuß wurden die Herren Siedler Bettermann - Rieste, Landwirt Brockmann - Lengerich (West.), Bauer Kriete - Niewedde b. Venne, bestellt. [] Die Aufgabe dieses Verbandes soll sein, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen der Landwirte zu vertreten, die ihren Boden selber bearbeiten. Insbesondere tritt die Organisation dafür ein, daß durch eine gerechte Bodenreform die Klein- und Kleinstbetriebe so abgerundet und in ihrem Bestande garantiert werden, daß die aufgewendeten Mühen der kleinen Landwirte und ihrer Familienangehörigen ungeschmälert dem um die Sicherung seiner Ernährung ringenden deutschen Volk zugute kommen und den Arbeitenden ein menschenwürdiges Leben bieten. [] Bodenreform, Schutz für Kleinlandwirte und Pächter [] Forderungen einer Tagung in Osnabrück [] Anfang April fand in Osnabrück die Gründungsversammlung eines Bauern- und Pächterbundes statt. Bei dieser Gelegenheit faßten die versammelten Vertreter der Landwirtschaft aus dem Bereich Osnabrück/Südoldenburg und dem Münsterland eine Entschließung, die sich an die Landtage der britischen Zone wendet und für eine sofortige Bodenreform eintritt. Diese Bodenreform soll eine ausreichende Ackernahrung gewährleisten. Der Boden soll in das Eigentum dessen kommen, der ihn bearbeitet. In dieser Entschließung heißt es dann weiter: [] "Bis zur Durchführung dieser Bodenreform müssen die Pächter gegen die Willkür der Verpächter absolut geschützt werden. In diesem Sinne sind auch die Heuerleute als Pächter und nicht als Landarbeiter zu betrachten. Die durch zahlreiche Kündigungen von Pachtverträgen, die oft schon mehr als eine Generation bestehen, hervorgerufene Beunruhigung der Pächter bedeutet eine Gefährdung der Volksernährung. [] Die Versammelten fordern von den Landtagen energische Maßnahmen zur Hebung der landwirtschaftlichen Produktion. Die dazu notwendigen industriellen Erzeugnisse müssen der Landwirtschaft unter Mitwirkung ihrer eigenen Organisationen so zugeführt werden, daß kein Landwirt, der sich seiner Pflichten dem hungernden Volke gegenüber bewußt ist, gezwungen wird, Tauschgeschäfte zu machen. Es wird daran erinnert, daß durch die intensive Arbeit in den Kleinbetrieben wertvolle Nahrungsmittel erzeugt werden, deren Menge, durch ein weniger bürokratisches System der Erfassung und durch eine vernünftige Agrarpolitik noch gesteigert werden kann. Die kleinen Landwirte fordern den Schutz der Landtage gegen die Willkür der heute noch bestehenden Reste des Reichsnährstandes und seine Ablösung durch parlamentarisch kontrollierte landwirtschaftliche Verwaltung. [] In den Organen der Selbstverwaltung müssen die Kleinbetriebe entsprechend ihrer Zahl vertreten sein.
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