An alle Mitglieder des Sozialdemokratischen Vereins Altona!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals SOZIALDEMOKRATISCHER VEREIN ALTONA [] FERNSPRECHER: 424094 - GESCHÄFTSZEIT: 9-12 UHR UND 16-19 UHR [] BAHNHOFSTRASSE NR. 24 1. [] ALTONA, DEN 8. März 1933. [] An alle Mitglieder des Sozialdemokratischen Vereins Altona! [] Genossinnen und Geno...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratischer Verein Altona, Auer & Co., Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 08.03.1933 - 12.03.1933
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/EC2BB4CA-8DE1-4399-BEE1-4CA819C9F706
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals SOZIALDEMOKRATISCHER VEREIN ALTONA [] FERNSPRECHER: 424094 - GESCHÄFTSZEIT: 9-12 UHR UND 16-19 UHR [] BAHNHOFSTRASSE NR. 24 1. [] ALTONA, DEN 8. März 1933. [] An alle Mitglieder des Sozialdemokratischen Vereins Altona! [] Genossinnen und Genossen! [] Die schwerste Wahlschlacht in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung ist vorüber. Unser erstes Wort an die Genossinnen und Genossen ist ein Wort des Dankes, ein Wort der Bewunderung. Unter den schwersten Verhältnissen habt Ihr die Reihen unerschüttert gehalten. Unsere Presse konnte in der wichtigsten Zeit nicht erscheinen, unsere Versammlungstätigkeit war gehindert, unsere Vertrauensmänner an Leib und Leben bedroht, die Partei und ihre Führer den schlimmsten Verleumdungen ausgesetzt. [] Ein einzigartiges Verbrechen, die Brandstiftung im Reichstag, hat unpolitische Massen mobilisiert und ihr Urteil verwirrt. Dadurch ist es der Partei des Herrn Hitler gelungen, einen gewaltigen Stimmenerfolg zu erzielen. Aber die Sozialdemokratie ist weder zerstampft noch zerschmettert worden. Unerschüttert hat die Partei dem gewaltigen Anprall standgehalten! 120 Mandate statt bisher 121 künden der Welt von der Treue und Verbundenheit der sozialdemokratischen Anhängerschaft. [] Auch in Altona können wir mit Stolz und Genugtuung feststellen, daß der elende Verleumdungsfeldzug, der in der letzten Wahlwoche gegen unsere Genossen Brauer und Kirch inszeniert worden ist, die Reihen der Partei nicht erschüttern konnte. An der Lauterkeit der Gesinnung und der Ehrenhaftigkeit beider Genossen sind die Angriffe abgeprallt. Obwohl der Partei jede Möglichkeit einer allgemeinen Aufklärung genommen war, haben sich unsere Wähler in ihrem Vertrauen zu den in langjähriger Tätigkeit bewährten Führern nicht beirren lassen. Der Vorstand ersucht die Mitglieder, sich auch nicht beirren zu lassen, wenn etwa weitere "Wahlbomben" aufgetischt werden sollten. Wir müssen damit rechnen, daß die Gegner, nachdem so gut wie alle Rechtsgarantien beseitigt worden sind, vor nichts zurückschrecken. [] Nach den großen Wahlen vom 5. März stehen nun vor uns die Stadtverordneten- und Provinziallandtagswahlen am kommenden Sonntag. Auch für diese Wahlen ist der Altonaer Partei durch das in Preußen noch bestehende Verbot jede Propaganda durch Zeitungen, Flugblätter und Plakate unmöglich. gewacht. Die Partei ist also ausschließlich auf die Propaganda von Mund zu Mund, auf die persönliche Werbearbeit unserer Parteimitglieder angewiesen. Der Parteivorstand richtet daher an alle Parteigenossen und -genossinnen die dringende Aufforderung, sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit in den Dienst dieser Arbeit zu stellen und das, was uns durch das Verbot der Flugschriften genommen ist, wettzumachen durch doppelt intensive, doppelt eifrige und freudige mündliche Werbung. [] Es muß alles aufgeboten werden, um die sozialdemokratische Stimmenzahl, die am 5. März aufgebracht wurde, zu steigern. Bei den Wahlen vom letzten Sonntag ist es den Nationalsozialisten leider gelungen, mit 67290 Stimmen fast die Stimmenzahl zu erreichen, die Sozialdemokraten und Kommunisten zusammen erhalten haben (SPD. 39128, KPD. 29555, zusammen 68683 Stimmen). Nehmen wir dazu die 12584 Stimmen der Kampffront Schwarz-Weiß-Rot und die 3076 Stimmen der Volkspartei, so ergibt sich zum ersten Male seit 1918 eine rechtsbürgerliche Mehrheit in Altona. Auf Grund der Zahlen vom letzten Sonntag würden sich die 61 Stadtverordnetensitze wie folgt verteilen: Nationalsozialisten 25, Sozialdemokraten 15, Kommunisten 11, Schwarz-Weiß-Rot 6, Volkspartei 2, Zentrum und Staatspartei zusammen 2. Es muß unsere Aufgabe sein, durch eine noch in den letzten Tagen dieser Woche verstärkt durch geführte mündliche Propagandaarbeit dieses Ergebnis zu unsern Gunsten zu verbessern und die Rechtsparteien gegenüber dem letzten Sonntag wenigstens soweit zu schwächen, daß sie im proletarischen Altona nicht die Mehrheit der Stadtverordnetensitze erhalten. [] Die Voraussetzungen dazu sind durchaus gegeben! [] Gerade bei den Kommunalwahlen, wo neben den allgemeinen politischen Gesichtspunkten die örtlichen Verhältnisse einen starken Einfluß ausüben, haben unsere Genossen die beste Gelegenheit, auf die gewaltigen Leistungen hinzuweisen, die in Altona seit 1918 unter Führung der Sozialdemokratie, insbesondere unseres Genossen Brauer, vollbracht worden sind. Adolf Hitler hat bekanntlich in seinen Reden davon gesprochen, daß in Deutschland mit dem Beginn der marxistischen Herrschaft "der Verfall auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens eingesetzt" und Überall die Korruption ihren Einzug gehalten habe. Er hat weiter davon gesprochen, daß "alles, was Generationen vorher geschaffen" hätten, "leichtsinnig verschwendet" worden sei, daß die Marxisten in 14jähriger Herrschaft alles vernichtet hätten, was sie nur irgendwie hätten vernichten können. [] Genossinnen und Genossen! Knüpft an diese Behauptungen an und zeigt an praktischen Beispielen aus Altona, wie sich die Tatsachen, die jeden Altonaer offen vor Augen liegen, zu jenen Behauptungen verhalten. Fragt alle, mit denen Ihr zu sprechen die Möglichkeit habt, was denn beispielsweise in Altona "die Generationen vorher" geleistet haben. Erinnert daran, wie Altona, die einstmals blühende Handelsstadt, innerhalb der letzten 50 Jahre vor dem Kriege von Jahr zu Jahr verkümmerte, wie sie zum Mauerblümchen neben Hamburg wurde, wie nichts, aber auch nichts für die breiten Massen geschaffen wurde, wie es in Handel und Industrie, im kulturellen und öffentlichen Leben immer weiter abwärts ging, - bis 1918 die Sozialdemokraten kamen und aus der Stadt des Verkümmerns ein Gemeinwesen machten, das innerhalb weniger Jahre sich wieder in die Reihe anderer Großstädte einordnen konnte, ja bald darüber hinaus zu allgemeinem Ansehen gelangte und in seinen kommunalen Einrichtungen zum Vorbild für viele Gemeinden wurde. [] Gewiß ist in den letzten drei Jahren unter dem Druck der ungeheuren Wirtschaftskrise auch in Altona die kommunale Aufbauarbeit unterbrochen worden. Die Sorge um die Beschaffung der laufenden Summen für Unterstützungen, Löhne und Gehälter wurde von Tag zu Tag größer und erzwang schwerste Drosselung aller Übrigen Aufgaben. Aber dieser Kampf mit der Not, die nicht eine Folge marxistischer Herrschaft oder der sozialdemokratischen Kommunalpolitik, sondern eine Folge des Versagens der kapitalistischen Wirtschaftsordnung ist, kann die großen Aufbauleistungen der Altonaer Kommunalpolitik seit 1918 nicht verdunkeln. [] Aus der Fülle der kommunalen Leistungen seit 1918 in Altona seien als Anhaltspunkte für die mündliche Propaganda unserer Genossen nur einige herausgegriffen aus dem, was geschaffen wurde: Bau der Entbindungsanstalt in der Bülowstraße, das neue Altenheim in Bahrenfeld, das Siechenhaus in Bahrenfeld, das Haus der Jugend, das Pflegeheim am Hogenfeldweg, Ausbau des Landpflegeheims in Osdorf, Ausbau der Kindererholungsstätte Neugraben, Ausbau und Modernisierung des Krankenhauses, Errichtung des Infektionskrankenhauses beim Kinderhospital, Kommunalisierung des Elektrizitätswerks, Neubau des Elektrizitätswerks, Ausbau des Gaswerks, Ausbau des Fischereihafens durch mehrere Schuppen und andere Anlagen. [] Weiter: Denkt an die Anlage der Sportplätze in den verschiedensten Stadtteilen, an die Anlage des Volksparks und des Schwimmstadions, des Zentralfriedhofs, an die Pflege und Erweiterung der zahlreichen Parks und Anlagen an der Elbe, an den Ausbau der Uferwege, an die mustergültige Gestaltung des Falkensteiner Geländes, erinnert an den großzügigen und wichtigen Ausbau des Straßen- und Sielnetzes (wofür seit der Inflation allein etwa 25 Millionen aufgewendet wurden), denk t an die Einrichtung der Autobuslinien, die das völlig unzulängliche Straßenbahnnetz ergänzten, weist hin auf den umfangreichen städtischen Wohnungsbau, auf die Förderung des Kleingartenwesens und schließlich und nicht zuletzt auf die für die Gesundheit der gesamten Bevölkerung ungeheuer bedeutungsvolle Herstellung der Grundwasserversorgung, die durch die Initiative gerade des Genossen Brauer in der Zeit der schlimmsten Wirtschaftsnot gegen mannigfache Widerstände durchgesetzt wurde. Erinnert daran, wie in der Altstadt durch die Umgestaltung des Münzmarktes mit den angrenzenden Spielplätzen, durch die Errichtung der Pestalozzischule auch in dies düstere Viertel wenigstens etwas Licht und Luft gebracht wurde, gerade hier, wo sich die Sünden der Vergangenheit in ganz besonders krasser Weise offenbaren. [] So lassen sich auf allen Gebieten unseres kommunalen Lebens wahrhaft mustergültige Leistungen unserer Genossen aufzeigen. Es wird von entscheidender Bedeutung für den Ausgang der Wahl am Sonntag sein, inwieweit es unsern Genossinnen und Genossen gelingt, alle diese Dinge den Wählern und Wählerinnen noch in Erinnerung zu rufen. [] Der Parteivorstand ersucht alle Parteimitglieder, sich diesen Aufgaben mit allem Nachdruck zu unterziehen und ganz besonders dafür zu sorgen, dass bei unsern Wählern keine Wahlmüdigkeit eintritt, daß man nicht etwa nach der Wahl am 5. März die Wahl am kommenden Sonntag für nebensächlich ansieht. Keine Stimme darf verlorengehen! Es muß herausgeholt werden, was herauszuholen ist! [] Dasselbe gilt für die Provinziallandtagswahlen, deren Ausfall für die Zusammensetzung des Staatsrats von großer politischer Bedeutung ist. Bei beiden Wahlen hat die Sozialdemokratie wieder die Liste 2. Bei der Stadtverordnetenwahl wird unsere Liste geführt von den Genossen Bugdahn, Klus, Louise Schroeder, Richter, bei der Provinziallandtagswahl von den Genossen Max Brauer, Brando, Richter, Magda von Hollen. Wahlzeit ist wieder von 9 bis 6 Uhr. [] Und nun, Genossinnen und Genossen, frisch ans Werk! Sorgt durch Eure Arbeit mit dafür, daß der 12. März für die Altonaer Sozialdemokratie ein Tag des Erfolges, ein Tag des Stolzes sein wird! [] Freiheit! [] Der Vorstand des Sozialdemokratischen Vereins Altona. [] 1. Vorsitzender. 2. Vorsitzender. [] Oeffentliche Wählerversammlung der SPD. [] am Freitag, 10. März, 20 Uhr, im großen Saal des "Kaiserhofs". Es spricht Über die Gemeinde? und Provinziallandtagswahl der Bezirksverbandsvorsitzende und Mitglied des Provinziallandtags Willi Verdieck, Kiel. [] Sorgt für Massenbesuch! [] Da weitere Propaganda nicht erlaubt, von Mund zu Mund zum Besuch der Versammlung auffordern! [] Auer & Co., Hamburg 36
Published:08.03.1933 - 12.03.1933